Güstrow/Reimershagen – Es sind Nachrichten, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen und eine ganze Region in einen Zustand zwischen Schock, Trauer und fassungslosem Entsetzen versetzen. Der gewaltsame Tod des erst achtjährigen Fabian aus Güstrow ist nicht nur eine Tragödie für seine Familie, sondern entwickelt sich zu einem Kriminalfall, dessen neueste Wendungen an Dramatik kaum zu überbieten sind. Während in Güstrow die Kerzen brennen und die Menschen weinen, arbeiten die Ermittler unter Hochdruck an Spuren, die immer tiefer in ein Geflecht aus familiären Verstrickungen, geografischen Zufällen und dunklen Verdachtsmomenten führen.
Die neuesten Entwicklungen, die am 21. Oktober 2025 bekannt wurden, werfen ein völlig neues Licht auf das Verbrechen. Was zunächst wie das schreckliche Schicksal eines vermissten Kindes aussah, wird durch die Expertise von Deutschlands bekanntestem Profiler Axel Petermann und gezielte Polizeiaktionen zu einem Puzzle, dessen Teile langsam ein verstörendes Bild ergeben.
Die unheimliche Verbindung: Wer fand Fabian wirklich?

Tagelang hielt sich das Bild der “zufälligen Spaziergängerin”, die in einem Waldstück bei Klein Upal, gut zwölf Kilometer von Fabians Zuhause entfernt, den grausamen Fund machte. Doch wie nun durchsickerte, scheint der Zufall hier Regieanweisungen aus einem Thriller erhalten zu haben. Medienberichten zufolge handelt es sich bei der 29-jährigen Finderin nicht um eine Unbekannte, sondern um die Ex-Freundin von Fabians Vater.
Diese Information trifft die Öffentlichkeit wie ein Schlag. Die Frau, die den leblosen Körper des Jungen entdeckte, soll in Reimershagen wohnen – einem Ort, der nicht nur in unmittelbarer Nähe zum Fundort der Leiche liegt, sondern nun auch ins Zentrum der polizeilichen Maßnahmen rückt. Laut Berichten war sie zum Zeitpunkt des Fundes mit einer Freundin und Hunden unterwegs. Die Staatsanwaltschaft hüllt sich dazu in Schweigen, bestätigt nichts, dementiert aber auch nicht. Für Kriminalisten und die Öffentlichkeit gleichermaßen öffnet dieses Detail jedoch Tür und Tor für Spekulationen, auch wenn eines ganz klar betont werden muss: Die Frau gilt aktuell nicht als tatverdächtig. Dennoch, so weiß jeder, der sich mit Kriminalistik beschäftigt, ist der Finder einer Leiche immer die erste Person, die “leuchtet”.
Profiler Axel Petermann, eine Koryphäe auf seinem Gebiet, ordnet dies messerscharf ein: “Der Finder oder die Finderin ist immer eine relevante Figur in den Ermittlungen.” Es ist reine Routine, die Beziehung zwischen Finder und Opfer genauestens zu durchleuchten. Warum war sie genau dort? Warum an diesem abgelegenen Ort? War es Intuition, Ortskenntnis oder purer Zufall? Dass die Finderin eine emotionale Bindung zu Fabian gehabt haben soll – eine “liebevolle Bindung”, wie es heißt –, macht die Situation umso tragischer und komplexer.
Razzia im Morgengrauen: Warum ein Bauernhof in Reimershagen?
Die geografische Nähe ist erdrückend. Reimershagen liegt nur einen Steinwurf vom Fundort bei Klein Upal entfernt. Und genau hier, in diesem scheinbar idyllischen ländlichen Raum, schlug die Polizei nun zu. Ein massives Aufgebot an Einsatzkräften umstellte einen landwirtschaftlichen Betrieb. Was suchten sie?
Augenzeugen berichten von Szenen, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Polizisten, die akribisch einen Misthaufen mit Gabeln durchwühlen. Ein bereitgestellter Minibagger, der auf seinen Einsatz wartet. Die Botschaft ist klar: Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Man sucht nach Beweismitteln, vielleicht nach der Tatwaffe, vielleicht nach Kleidung – oder nach Spuren, die den Täter unwiderruflich mit dem Ort des Verbrechens verknüpfen.
Offiziell heißt es lapidar: “Ein Zeugenhinweis”. Doch die Intensität der Durchsuchung spricht eine andere Sprache. Wenn Ermittler buchstäblich im Dreck wühlen, dann suchen sie nach etwas Konkretem. Die Tatsache, dass dieser Hof im selben Ort liegt, in dem auch die Finderin wohnen soll, verdichtet die Hinweise auf ein sehr lokales Geschehen. Der Täter, so scheint es, kam nicht von weit her. Er kannte die Schleichwege, die ungestörten Plätze, die Verstecke.
Profiler Petermann: “Täter kommen meist aus dem sozialen Nahbereich”

Hier kommt die Analyse von Axel Petermann ins Spiel, die einem Gänsehaut verursacht. Der Experte blickt in die Abgründe der menschlichen Seele und sagt klipp und klar: Bei Tötungsdelikten an Kindern müssen wir den Blick fast immer auf das direkte Umfeld richten. Familie, Bekannte, Nachbarn.
“Die größte Gefahr für Kinder geht leider oft von Menschen aus, die sie kennen, denen sie eigentlich vertrauen sollten”, erklärt Petermann. Es ist eine statistische Wahrheit, die wehtut. Fremdtäter sind die Ausnahme. Petermann skizziert Szenarien, die man sich kaum vorstellen mag: Emotionale Eskalationen, Sorgerechtsstreitigkeiten, Rache am Partner.
Er erwähnt das sogenannte “Medea-Syndrom” – eine psychologische Abnormität, bei der ein Elternteil oder eine Bezugsperson das Kind tötet, nicht aus Hass auf das Kind, sondern um dem anderen Partner den größtmöglichen Schmerz zuzufügen. “Um ihn zu bestrafen”, wie Petermann es formuliert. Ob dies im Fall Fabian eine Rolle spielt, ist reine Spekulation, doch die Ermittler müssen in alle Richtungen denken.
Auch der Fundort selbst spricht Bände für den Profiler. Fabian wurde nicht tief vergraben, sondern relativ offen an einem Tümpel abgelegt. Das deutet auf Eile hin. Der Täter wollte die Tat schnell vertuschen, aber er wählte einen Ort, den er kannte. Einen Ort, wo er sich sicher fühlte. “Das legt den Schluss nah: Der Täter hatte gute Ortskenntnis”, so Petermann. Brandspuren am Fundort deuten zudem auf den verzweifelten Versuch hin, Spuren zu vernichten – vielleicht DNA, vielleicht Kleidung. Es ist das Verhalten eines Täters, der unter enormem Druck steht und rational, fast eiskalt, versucht, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Die Widersprüche der letzten Stunden
Während der Fokus auf dem Fundort liegt, werfen auch die Ereignisse vor Fabians Verschwinden neue Fragen auf. Die Mutter des Jungen hat ihre Aussage präzisiert – und sie widerspricht damit ersten Berichten, Fabian sei zum Spielen rausgegangen.
Ihre Version: Fabian war krank. Er sollte im Haus bleiben, sich auskurieren. Sie ließ ihm ein Handy da, verabschiedete sich morgens liebevoll zur Arbeit. Als sie wiederkam, war die Wohnung leer. Diese Schilderung ändert alles. Wenn Fabian nicht draußen spielen sollte, wie kam er dann aus dem Haus? Wurde er abgeholt? Hat er jemandem die Tür geöffnet, den er kannte? Oder hat ihn doch die Langeweile nach draußen getrieben, direkt in die Arme seines Mörders?
Dass Polizei und Staatsanwaltschaft diese Aussagen unkommentiert lassen, ist Taktik. Jedes Wort der Mutter wird nun auf die Goldwaage gelegt, mit Handydaten abgeglichen, mit Zeugenaussagen verifiziert. Es geht um die Rekonstruktion der letzten Minuten, in denen Fabian noch sicher war.
Ein Dorf unter Generalverdacht?

Die Stimmung in Güstrow und den umliegenden Dörfern ist bedrückend. Jeder schaut jeden an. War es der Nachbar? Der Bekannte vom Fußballplatz? Die Polizei geht auch Hinweisen auf ein mysteriöses Fahrzeug nach – ein Pickup mit Anhänger, der in der Nähe des Fundortes gesehen worden sein soll. Auch hier: keine Bestätigung, aber ein weiteres Puzzleteil.
Die Ermittler pumpen Teiche ab, sägen Unterholz weg, suchen mit Metalldetektoren im Schlamm. Der Aufwand ist gigantisch. Es geht darum, den einen Gegenstand zu finden, der die Wende bringt. Ein Kleidungsstück, ein Werkzeug, ein Handy.
Fazit: Das Warten auf die Wahrheit
Der Fall Fabian ist mehr als nur ein Kriminalfall. Er ist ein Trauma für eine ganze Region. Die Kombination aus einem unschuldigen kindlichen Opfer, einer mysteriösen Finderin aus dem engsten Umkreis und einem Täter, der wie ein Geist agiert, aber vermutlich mitten unter den Trauernden lebt, ist unerträglich.
Profiler Petermanns Worte hallen nach: In neun von zehn Fällen sind die Täter Männer aus dem Umfeld. Die Polizei zieht die Schlinge um Reimershagen und Güstrow enger. Die Durchsuchung des Bauernhofs war vielleicht nur der Anfang. Wir alle hoffen, dass die akribische Arbeit der Spurensicherung, die DNA-Analysen und die Verhöre bald zu einem Ergebnis führen. Denn solange der Mörder von Fabian frei herumläuft, wird in Güstrow kein Kind mehr ruhig schlafen können.
Wir bleiben an diesem Fall dran und berichten, sobald sich die Hinweise zu Gewissheiten verdichten. Fabians Familie braucht Antworten – und Gerechtigkeit.