Die Schlacht der Selbstwahrnehmung: Warum Markus Frohnmaiers “bedeutendste Rede” die Gemüter erhitzt

In der hitzigen Arena des Deutschen Bundestages ist die Rhetorik oft scharf, die Polarisierung greifbar. Doch selbst in diesem Umfeld schaffte es eine Rede des AfD-Abgeordneten Markus Frohnmaier, eine Welle der Empörung auszulösen – nicht nur wegen ihres brisanten Inhalts, sondern auch aufgrund der bemerkenswerten Selbstwahrnehmung des Redners. Frohnmaier, der als politischer “Shootingstar” seiner Partei gilt und Ambitionen auf das Ministerpräsidentenamt in Baden-Württemberg hegt, titulierte seinen eigenen Redebeitrag im Bundestag öffentlich als “eine der bedeutendsten dieser Legislaturperiode” und als triumphale “Entzauberung” des “Zirkus der Union”.
Diese überbordende Selbsteinschätzung, die er auf seinem X-Account (ehemals Twitter) verbreitete, wirkte wie ein Zündfunke. Die Kritik entlud sich sofort, sogar aus den eigenen Reihen. Die Kommentatoren empfanden Frohnmaiers Statement als überheblich und unnötig arrogant. Ein Kommentator spottete, Frohnmaier sei “kein Schwabe”, da diese auf Bescheidenheit setzten. Die Kontroverse um die Bedeutung der Rede lenkte das Scheinwerferlicht jedoch erst auf das eigentliche Pulverfass: den Inhalt. Die Frage, die nun im Raum steht, ist, ob Frohnmaier tatsächlich ein Meisterstück rhetorischer Schlagkraft abgeliefert hat oder ob er lediglich eine Strategie der maximalen Provokation verfolgte, um in der digitalen Echokammer maximalen Widerhall zu finden.
Der Kontext: Krise gegen Ideologie
Die Bühne für Frohnmaiers Auftritt war eine Bundestagsdebatte über einen Antrag der Grünen-Fraktion, der das 25-jährige Jubiläum der feministischen Außenpolitik feierlich würdigen sollte. Der AfD-Politiker wählte sofort einen harten, emotional aufladbaren Kontrast: Während in Deutschland Unternehmen “pleite gehen”, Arbeitsplätze gestrichen werden und Bürger aufgrund der grünen “Inflation” und “Energiepreise” um ihre Existenz kämpfen, feiern die Grünen hochoffiziell eine Außenpolitik, die er als realitätsfern brandmarkt. Dieser Gegensatz zwischen den vermeintlich elitären, ideologiegetriebenen Forderungen der Grünen und den existenziellen Sorgen der “Bäcker bis zur Supermarktkassiererin” bildet das zentrale rhetorische Fundament seiner gesamten Attacke.
Frohnmaiers Strategie besteht darin, die 21 Forderungen der Grünen-Fraktion bis zur Absurdität zu überzeichnen. Insbesondere zwei Punkte nahm er ins Visier, um sie in ein Narrativ der ideologischen Verblendung zu gießen, das die nationale Sicherheit und gesunden Menschenverstand untergräbt.
Die Groteske der “Woman Only Bataillone”

Der erste Angriffspunkt betraf Forderung Nummer 14: Die Bildung sogenannter “Woman Only Bataillone” bei Militäreinsätzen. Frohnmaier nutzte diesen Punkt, um die Grünen, die er sarkastisch als die “frühere Friedenspartei” bezeichnete, der Heuchelei zu bezichtigen. Er interpretierte die Forderung als den Versuch, die Frauenquote auf die Kriegstoten auszuweiten. Die Sprache, die er hier wählte, ist bewusst schockierend und darauf ausgelegt, die Forderung der Grünen ins Lächerliche zu ziehen und gleichzeitig eine tiefe emotionale Ablehnung zu erzeugen.
Er zitierte wörtlich aus dem Antrag, um den Vorwurf der Falschmeldung (Fake News) präventiv zu entkräften. Die Grünen forderten demnach, “die notwendigen Schritte einzuleiten, dass mehr weibliche Polizeikräfte, Fachkräfte und Soldatinnen in internationalen Friedensmissionen entsendet und Geschlechterperspektiven in Einsätzen und Führungsstäben gestärkt werden”, beispielsweise durch die Unterstützung von “Woman only Bataillonen”. Frohnmaiers Schlussfolgerung war zynisch und provokant: “So setzen die Grünen die Frauenquote unter den Kriegstoten durch. Darauf haben wir alle gewartet: feministisches Sterben endlich gendergerecht, liebe Freunde.” Diese Aussage, die einen der heikelsten Bereiche der Politik – Krieg und Tod – mit dem polemischen Reizwort “Gendergerechtigkeit” verbindet, war ein kalkulierter Versuch, die Debatte zu überhitzen.
Die Logik der “Gender-Transformativen” Steuergelder
Der zweite und weitaus explosivere Teil seiner Rede konzentrierte sich auf das sogenannte “Gender Budgeting” in der Entwicklungshilfe, insbesondere die Forderung (Nummer 7), langfristig 85 Prozent der Entwicklungshilfe als “geschlechtersensibel” und mindestens 8 Prozent als “gender-transformativ” zu verankern. Hier entfaltete Frohnmaier die volle Wucht seiner rhetorischen Eskalation.
Er knüpfte die abstrakte Forderung an die Person der früheren Außenministerin Annalena Baerbock, die mit der feministischen Außenpolitik “Werte bewegt durch die ganze Welt gechattet” sei. Er stellte die rhetorische Frage, was eigentlich unter “Gender-transformativ” zu verstehen sei. Die Antwort, die er lieferte, war eine der heftigsten und kontroversesten Behauptungen, die in einer Bundestagsrede dieser Legislatur zu hören waren.
Frohnmaier behauptete, Baerbock sei 2025 zum “Steinzeitislamisten” Giulani (richtigerweise oft Al-Joulani, der Anführer der Haiʾat Tahrir asch-Scham in Syrien) geflogen, um ihm “ganz feministisch und wertegeleitet 300 Millionen Euro deutsche Steuergeld zu versprechen.” Diese steuerfinanzierte Unterstützung, so seine schockierende Unterstellung, würde es Al-Joulani ermöglichen, “ganz gendergerecht” nicht nur alawitische Männer, sondern auch alawitische Frauen hinrichten zu lassen.
Hierbei bediente er sich eines visuellen Schreckensbildes: Er beschrieb Al-Joulani als einen Mann, der “mit zwei abgetrennten Köpfen posiert hat.”

Die Zynische Spitze der Provokation
Der absolute Höhepunkt seiner Rede und der Moment, der die schockierende Natur der Rhetorik auf die Spitze trieb, war seine zynische Interpretation der LSBTIQ+-Forderung im Kontext des syrischen Extremismus. Frohnmaier bezog sich auf die Forderung Nummer 10, die LSBTIQ+-Personen in der Außenpolitik anspricht. Er fragte, ob mit den 300 Millionen Euro auch Baukräne mitfinanziert würden.
Er lieferte die eigene, erschreckende Antwort: “Dort hängen ihre Freunde aus Syrien dann zwar Homosexuelle auf, aber immerhin darf der Kranführer vielleicht eine Frau oder eine Transfrau sein, und dann können wir es als Sieg für die grüne Gendergerechtigkeit verbuchen.”
Dieses rhetorische Manöver – die Verbindung der Hinrichtung von Homosexuellen (einem von Extremisten oft angewandten brutalen Akt) mit dem progressiven Ziel der “Gendergerechtigkeit” auf der Ebene des Kranführers – ist ein Meisterstück extremer Polemik. Es ist darauf ausgelegt, die feministische Außenpolitik nicht nur als fehlgeleitet, sondern als moralisch verkommen und zynisch zu brandmarken.
Die Verhöhnung des Steuerzahlers und das Fazit
Frohnmaier schloss seine Kernargumentation mit dem emotionalen Appell an die hart arbeitende Bevölkerung: Er nannte den Grünen-Antrag eine “Verhöhnung der Steuerzahler.” Er forderte seine politischen Gegner auf, den Bürgern, die ihre Rechnungen nicht bezahlen können, zu erklären, wie ihr hart erarbeitetes Geld für “Gender-transformative Baukranfinanzierung bei Islamisten” verwendet werden soll. Die Rede endete abrupt, als er versuchte, der Union vorzuwerfen, den Terroristenführer Al-Joulani nach Deutschland einzuladen, bevor ihm die Redezeit entzogen wurde.
Die Analyse von Frohnmaiers Rede offenbart, warum er sie als “bedeutend” empfand. Sie war eine hochgradig emotionalisierte, strategisch eskalierende und bewusst provokante Darbietung. Sie bediente sich der Schockrhetorik, um die Gräben in der politischen Landschaft zu vertiefen. Ob sie historisch “bedeutend” im Sinne einer wegweisenden politischen Analyse war, ist fraglich; ihre Bedeutung liegt jedoch unbestreitbar in ihrer Funktion als viraler Zündstoff und als beispielloser Ausdruck politischer Überzeichnung.
Das Video, das die Rede dokumentiert, überlässt dem Zuschauer das Urteil. Doch unabhängig von der persönlichen Meinung über Frohnmaiers Rhetorik steht fest: Die Rede hat die Debatte um die feministische Außenpolitik aus den akademischen Zirkeln in die Straßen getragen – und sie dabei mit einem Grad an Zynismus und Schockmomenten aufgeladen, der die politische Kultur nachhaltig prägen könnte.