Das Gelbe Zeichen im Schwarzwald: Wie eine Rettung die Herzen zweier verlorener Seelen heilte

Der Schwarzwald im Oktober war ein Ort der stillen Erhabenheit. Die mächtigen Tannen ragten wie dunkle Wächter in den blassen Himmel, während das Laub der Buchen in Rot und Gold leuchtete. Doch an diesem Nachmittag herrschte über dem Wald nahe Baden-Baden eine gespenstische Stille. Nebelschwaden krochen zwischen den Baumstämmen hindurch und verwandelten die vertrauten Pfade in eine mystische, leicht verwirrende Landschaft.

Früher am Morgen hatte die Familie Hoffmann ihr Zelt auf einer kleinen Lichtung aufgeschlagen. Der Urlaub sollte eine Flucht aus der Hektik der Stadt sein, eine friedliche Zeit für Markus, Stefanie und ihre fünfjährige Tochter Emma. Doch die Stille wurde durch leise, aber gespannte Streitereien der Eltern getrübt. Emma, die in ihrem kleinen gelben Regenmantel saß, mochte es nicht, wenn ihre Eltern stritten. Also beschloss sie, ein wenig spazieren zu gehen – nur ein ganz kleines bisschen, um die schönen roten Pilze zu sehen, die sie am Vortag entdeckt hatte. Es war kurz nach acht Uhr gewesen.

Der Ruf der Verzweiflung

Polizeihauptkommissar Klaus Weber, 45 Jahre alt, kannte diese Wege wie seine Westentasche. Der Wald war ihm nach dem tragischen Verlust seines sechsjährigen Sohnes Tim vor sechs Jahren zu einem Zufluchtsort geworden. Hier, zwischen den alten Bäumen, fand Klaus einen Frieden, den die laute Stadt ihm nicht geben konnte. An diesem Nachmittag, auf seiner üblichen Route, begegnete ihm das Schicksal in Form von vier Pfoten.

Wie aus dem Nichts schoss der Deutsche Schäferhund hervor, ein Wirbelwind aus Fell und wilder Entschlossenheit. Klaus blieb abrupt stehen. Das Tier trug etwas im Maul – etwas Kleines, Gelbes: ein Kinderschuh, der im Herbstlicht leuchtete wie ein Alarmsignal.

Rex, so verriet sein Halsband, legte den Schuh direkt vor Klaus’ Füßen ab. Dann geschah etwas, das Klaus in seinen Dienstjahren noch nie erlebt hatte: Der Hund bellte nicht aggressiv oder ängstlich, sondern verzweifelt, eindringlich, als wolle er sprechen. Seine braunen Augen fixierten Klaus mit einer Intensität, die dem Beamten durch Mark und Bein ging. Rex nahm den Schuh wieder ins Maul, ließ ihn fallen, nahm ihn erneut auf, dann packte er Klaus’ Hosenbein und zog bestimmt, um eine klare Botschaft zu senden: « Folge mir jetzt! »