Peter Maffay bricht sein Schweigen: Mit 76 Jahren bekennt sich die Rock-Legende zur späten Liebe und zur absoluten Wahrheit
Peter Maffay: Der kompromisslose Neustart eines Rock-Rastlosen im Angesicht der 76

Monatelang lag eine unheilvolle Stille über dem Leben eines Mannes, dessen Stimme seit über fünf Jahrzehnten die deutsche Musikszene dominiert. Peter Maffay, die lebende Rock-Legende, war abgetaucht. Gerüchte kursierten, Spekulationen brodelten, und in den sozialen Netzwerken wurde heiß diskutiert, was mit dem scheinbar so fest in seinen Werten verwurzelten Musiker geschehen war. Konzerte absolvierte er allein, bei öffentlichen Auftritten wich er Fragen zu seinem Privatleben aus, und seine fünfte Ehefrau, Hendrikje Balsmeyer, war aus dem Rampenlicht verschwunden.
Doch wer Peter Maffay kennt, weiß, dass er nie jemand war, der sich hinter Masken versteckt. Er ist der Mann, der sich mit Alben wie Steppenwolf und Revanche von den süßlichen Fesseln des Schlagers befreite und den Deutschrock in eine Ära der Authentizität führte. Er ist der Künstler, der mit Tabaluga eine ganze Märchenwelt erschuf, die Generationen Werte wie Mut, Liebe und Menschlichkeit lehrte. Und nun, im reifen Alter von 76 Jahren, wählte dieser moralische Kompass des deutschen Kulturbetriebs den einzigen Weg, der ihm immer geblieben ist: die kompromisslose Ehrlichkeit.
Auf einer Pressebegegnung, einem grauen Morgen am Starnberger See, brach Maffay sein Schweigen mit einer bemerkenswerten Ruhe. Die Hände gefaltet, der Blick fest, sprach er jenen Satz aus, auf den die Öffentlichkeit gewartet hatte: “Wir gehen getrennte Wege.” Die Trennung von Hendrikje Balsmeyer, mit der er eine gemeinsame Tochter hat und in Tutzing ein Zuhause gefunden zu haben schien, war damit offiziell. Doch Maffay wäre nicht Maffay, wenn er es dabei belassen hätte. Der wahre Paukenschlag, das Geständnis, das in Deutschland Schlagzeilen machte, folgte unmittelbar: “Ich habe jemanden kennengelernt.”
Der Kampf um die Freiheit: Ein Leben zwischen Bühne und Innerlichkeit
Um die Tragweite dieses Bekenntnisses zu verstehen, muss man die Reise dieses Ausnahmekünstlers beleuchten. Peter Alexander Makkay, geboren 1949 in Braschow, Rumänien, kam in den 1960er Jahren nach Bayern. Seine frühe Karriere begann mit dem Titel „Du“ im Jahr 1970, einem Schlager, der ihn über Nacht zum Idol machte. Doch der Schlagersänger Peter Maffay war nur eine Etappe. Der wahre Maffay suchte nach mehr als nur eingängigen Melodien. Er suchte nach Ausdruck, nach Reibung, nach der Sprache der Rebellion.
Mitte der 70er-Jahre vollzog er einen mutigen und riskanten Wandel hin zum Deutschrock. Es war eine Befreiung. Seine Texte wurden kantiger, persönlicher und politischer. Er sang über die Schattenseiten des Erfolgs, über Freiheit und Verantwortung. Er wurde zur Stimme einer Generation, die zwischen Aufbruch und Sinnsuche stand. Seine Authentizität war sein Kapital. Mit über 50 Millionen verkauften Tonträgern in Deutschland hält er einen Rekord, der seine kommerzielle Dominanz belegt. Doch mehr noch belegen diese Zahlen die außergewöhnliche, tiefe Bindung zu seinem Publikum.
Reichtum als Verpflichtung: Der Unternehmer und die moralische Instanz
Hinter dem Rockmusiker steht ein kluger Unternehmer. Über fünf Jahrzehnte unermüdlicher Kreativität haben ihm ein geschätztes Vermögen im Bereich von 30 Millionen Euro eingebracht. Maffay investierte frühzeitig in eigene Produktionsfirmen, Tonstudios, Rechte und Infrastruktur, behielt stets die Kontrolle über sein Schaffen und wurde so finanziell unabhängig – ein seltenes Kunststück in der Musikbranche.
Doch für Maffay war Erfolg nie ein Selbstzweck. Sein Reichtum war stets eine Verpflichtung. Bereits in den 80er-Jahren gründete er die Peter Maffay Stiftung, die traumatisierten Kindern hilft, Geborgenheit und Vertrauen zu finden. Seine Finca auf Mallorca, eingebettet zwischen Olivenbäumen und der Meeresbrise, ist kein Statussymbol, sondern ein Rückzugsort, an dem er Ruhe findet und neue Lieder komponiert. Seine Leidenschaft gilt nicht Luxusuhren, sondern klassischen Motorrädern und alten Autos, die er als mechanische Kunstwerke und Zeugen der Handwerkskunst vergangener Zeiten betrachtet. Dieser Kontrast – immense Popularität und Vermögen auf der einen Seite, tiefe Bodenständigkeit und soziales Engagement auf der anderen – festigte seinen Ruf als moralische Instanz. Er sagte einst mit bemerkenswerter Klarheit: „Geld ist nur so viel wert, wie man damit Gutes tun kann.“
Die ewige Suche nach der Balance: Fünf Liebesgeschichten

Maffays Liebesleben ist so facettenreich wie seine Musik. Fünfmal trat er vor den Traualtar, fünfmal glaubte er an das Versprechen der Ewigkeit. Jede Beziehung spiegelt einen anderen Lebensabschnitt, doch alle vereint die ständige Suche nach der Balance zwischen leidenschaftlicher Liebe und der unerbittlichen Rastlosigkeit seines Künstlerdaseins.
Seine ersten Ehen zerbrachen an der Geschwindigkeit des Erfolgs. Mit seiner zweiten Frau, Chris Heinze, nahm er ein Pflegekind auf und offenbarte sein tiefes Bedürfnis nach Familie. Die dritte Ehe mit Michaela Herzek brachte ihm vorübergehend Stabilität in den 90er-Jahren, während die vierte Ehe mit Tanja Spengler ihm 2003 die Vaterfreude für seinen Sohn Jarus schenkte. Es war eine zarte, verletzliche Phase, in der der kontrollierte Künstler die Seite des fürsorglichen Vaters zeigte.
Und dann kam Hendrikje Balsmeyer, die Lehrerin, 20 Jahre jünger, klug und unaufgeregt. Sie schien die Ruhe zu verkörpern, die Maffay nach all den Jahren suchte. Die Geburt der gemeinsamen Tochter 2018 und die Hochzeit vier Jahre später in Tutzing schien Maffays Ankommen in der Beständigkeit zu besiegeln. Er hatte einen Ort gefunden, an dem er bleiben wollte.
Doch wie so oft im Leben des Rock-Rastlosen blieb auch dieses Glück nicht ungetrübt. Zwei starke Persönlichkeiten, zwei Lebenswelten, die nicht immer dieselbe Sprache sprachen, führten zu Spannungen. Maffay selbst beschrieb Beziehungen einmal metaphorisch als Lieder: „Man beginnt sie mit voller Überzeugung, man lebt sie mit Leidenschaft und manchmal endet man sie, weil die Melodie einfach verstummt.“
Die späte Romantik: „Ich will nur noch echt sein.“
Die eigentliche Sensation ist jedoch nicht die Trennung, sondern die Art und Weise, wie Maffay seinen Neuanfang deklarierte. Die neue Frau, die Kunsttherapeutin „Anna“ – mehr als zwei Jahrzehnte jünger – lernte er im Umfeld seiner Stiftung kennen. Es war kein Blitz der Leidenschaft, sondern ein „stilles Erkennen“ zweier Seelen, die einander verstanden. Anna, die im Schweigen Heilung suchte, und Maffay, der in der Musik seine Sprache fand. Er sagte später über sie: „Sie hört zu, nicht nur mit den Ohren, sondern mit dem Herzen und das ist etwas, was ich in meinem Leben selten erlebt habe.“
Die Reaktion der Öffentlichkeit war gemischt. Zwischen Verständnis und Unmut entbrannte eine Diskussion über Altersunterschiede und Authentizität. Doch Maffay zog sich nach Mallorca zurück, fuhr auf seiner alten Harley die Küstenstraßen entlang und fand zwischen den Weinbergen einen neuen inneren Frieden.
Der Schlüssel zu seinem Handeln liegt in einem einzigen Satz, den er in einem Wochenzeitungsinterview äußerte: „Ich habe keine Zeit mehr ein Leben zu führen das anderen gefällt. Mit 76 will ich nur noch echt sein.“
Hinter diesem Bekenntnis verbirgt sich kein Trotz, kein Skandal, sondern der höchste Grad an persönlicher Freiheit. Es ist die logische Fortsetzung eines Lebens, das immer darauf basierte, sich nicht zu verbiegen. Maffay hat aufgehört, seine Liebe beweisen zu müssen. Er hat erkannt, dass Glück nicht darin liegt, geliebt zu werden, sondern darin, lieben zu können – ohne Bedingungen, ohne Masken, auch wenn dieser Weg unbequem ist und gesellschaftliche Konventionen sprengt.
Sein mutiger Schritt ist in Wahrheit eine künstlerische und philosophische Erklärung. Er singt, was er lebt, und er lebt, was er singt. Wenn es in einem seiner neuen, noch unveröffentlichten Songs heißt: „Wenn du mich suchst, such nicht im gestern, ich bin längst weitergezogen, dort wo die Wahrheit wohnt,“ dann beschreibt diese Zeile den gegenwärtigen Peter Maffay treffender als jede Schlagzeile.
Peter Maffay zeigt uns, dass das Alter kein Endpunkt, sondern ein Neubeginn sein kann. Er steht für den unerschütterlichen Mut, selbst aus tiefsten Brüchen neue Melodien entstehen zu lassen. Seine größte Kunst ist nicht sein immaterielles Vermögen an Ruhm und Plattenverkäufen, sondern seine Fähigkeit, sich selbst treu zu bleiben. Der Rock-Routinier, der gelernt hat, dass Freiheit nicht bedeutet, alles zu haben, sondern sich selbst zu vergeben. Sein Leben ist ein Album aus Licht und Schatten, doch jedes neue Kapitel klingt nach dem Mut weiterzugehen und die Liebe in jeder Lebensphase, mal leise, mal laut, aber immer ehrlich, sprechen zu lassen.