Merz-Aussagen zu Brasilien sorgen für heftige Kritik
Ein Kommentar des Kanzlers führt in Brasilien zu politischen Irritationen.
Das Land ist Gastgeber des Klimagipfels COP30 und wichtigster Partner Deutschlands in Südamerika.Alexander Busch
Salvador. Er sei sehr froh gewesen, dass er vorige Woche wieder aus Brasilien ins schöne Deutschland hätte zurückkehren können. Das erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz vergangenen Donnerstag in einer Rede beim Handelskongress in Berlin. Auf dem Rückflug habe er einige Journalisten gefragt, ob sie gerne hierbleiben wollten. „Da hat keiner die Hand gehoben“, sagte Merz. „Wir waren alle froh, dass wir vor allem von dem Ort, an dem wir waren, wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind.“
In Brasilien sorgte die Bemerkung des Bundeskanzlers für Empörung. „Unangemessen, arrogant und überheblich“ sei das gewesen, kommentierte Igor Normando, der Bürgermeister von Belém – „von dem Ort“, wo noch bis Ende der Woche die COP30, die Klimakonferenz der Vereinten Nationen, stattfindet. „Während Sie mit Ihrer Arroganz kommen, bieten wir Ihnen das Beste von uns, nämlich unsere Gastfreundschaft.“
Auch Helder Barbalho, der einflussreiche Gouverneur des Bundesstaats Pará, kritisierte den Bundeskanzler ironisch: „Es ist interessant zu sehen, wie diejenigen, die zur Erwärmung des Planeten beigetragen haben, sich über die Hitze im Amazonasgebiet wundern.“ Der Abgeordnete Duda Salabert bezeichnete die Äußerung als Ausdruck völliger Arroganz: „Man kann einen Politiker nicht ernst nehmen, der vom Klimaschutz spricht, sich aber unwohl fühlt, wenn er den größten Regenwald der Erde betritt.“
Insgesamt wirkte der Auftritt des Bundeskanzlers beim Klimagipfel auf die Brasilianer eher unglücklich: Merz kam einen Tag später zum Vor-Gipfel. Dort trafen sich am 6. November 40 Staatschefs, darunter EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und der Präsident der Republik Südafrika, Cyril Ramaphosa. Deutschland, das seit dem ersten Umweltgipfel in Rio de Janeiro im Jahr 1992 in den Erhalt von Brasiliens Amazonas investiert, zählt zu den wichtigsten Geberländern.
Merz traf sich einen Tag später zu bilateralen Gesprächen mit dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. In den Medien wurde kaum darüber berichtet. Auch dieses Treffen verlief für die Brasilianer enttäuschend. Die Regierung hatte erwartet, dass Merz eine konkrete Beteiligung Deutschlands am „Tropische-Regenwald-Fonds für die Ewigkeit“ (TFFF, Tropical Forest Forever Facility) ankündigen werde. Merz sagte jedoch lediglich, Deutschland wolle „eine erhebliche Summe“ einzahlen.
Deutsche Wirtschaft in Brasilien unter Druck
Ursprünglich wollte der Bundeskanzler im Anschluss am EU-Lateinamerika-Gipfel in Kolumbien teilnehmen, der am 9. November begann. Doch auch dieses Vorhaben änderte Merz noch im letzten Moment: Der Kanzler sagte seine Beteiligung kurzfristig ab – zum Missfallen der kolumbianischen Regierung als Gastgeber.
Aus brasilianischen Wirtschaftskreisen war schon vor Merz’ unglücklicher Bemerkung Kritik zu hören. Auf Unverständnis stieß, dass der deutsche Kanzler die lange Anreise nach Südamerika nicht nutzen würde, um in São Paulo der deutschen Industrie den Rücken zu stärken. Die deutsche Wirtschaft gerät in Brasilien unter Druck – einerseits von China, andererseits zunehmend von den USA. US-Präsident Donald Trump setzt sich offensiv für deren Interessen dort ein.
Deutschland und Brasilien sind enge Wirtschaftspartner und die treibenden Kräfte hinter dem EU-Mercosur-Abkommen, das in den nächsten Wochen unterzeichnet werden soll. Deutschland betont immer wieder, dass man mit Südamerika „auf Augenhöhe“ und gleichberechtigt verhandle. Merz hat nun Zweifel daran aufkommen lassen.