Die Nacht, in der Deutschland weinte. Es war die Nacht zum 20. Februar 2024, ein Datum, das sich wie ein Stachel in das kollektive Gedächtnis einer Nation bohrte. Andreas „Andy“ Brehme, der Mann, dessen Fuß uns unsterblich machte, war tot. Mit nur 63 Jahren, plötzlich und unerwartet, aus dem Leben gerissen durch einen Herzstillstand. Ein Schock, der das Land lähmte. Es war, als hätte man einem Helden beim Atmen zugesehen und plötzlich vergessen, dass auch Helden sterblich sind.
Die Trauer warf einen langen Schatten, der bis in den Sommer 1990 zurückreichte. Rom. Das Finale. Die 85. Minute. Ein Pfiff. Ein Elfmeter. Die Welt hielt den Atem an. Und Andy Brehme, der Mann mit der stoischen Ruhe und den zwei goldenen Füßen, trat an. Er nahm den Ball, legte ihn auf den Punkt und schoss mit rechts – er, der Beidfüßige – den Ball flach ins linke Eck. Ein Tor für die Ewigkeit. Ein Tor, das Deutschland zum Weltmeister machte und Andy Brehme zu einer Legende.
Wir kannten ihn als den unermüdlichen Kämpfer auf dem Platz, den Weltklasse-Verteidiger, der mit Kaiserslautern, Bayern München und Inter Mailand alles gewann, der in Italien 1989 sogar zum Fußballer des Jahres gewählt wurde – eine Ehre, die Verteidigern selten zuteilwird. Wir kannten den Mann, der 1998 als Kapitän das Wunder von Kaiserslautern vollbrachte und als Aufsteiger Deutscher Meister wurde.

Doch während die Nation um den Fußballgott trauerte, trat der Mensch Andy Brehme in den Vordergrund. Ein Mann, dessen Leben abseits des Rasens von zwei Frauen, zwei Kapiteln, zwei Lieben geprägt war. Ein Leben, das von Beständigkeit, einem stillen Bruch und einem späten, neuen Glück erzählte.
Das erste Kapitel, das Fundament seines Lebens, trug den Namen Pilar Martinez. Es war eine Liebe, die buchstäblich über den Wolken begann. 1987, auf einem Flug von Frankfurt nach Miami, traf der junge Fußballprofi auf die spanische Flugbegleiterin. Es war, wie Pilar später beschrieb, ein “spontaner, heftiger Funke”. Eine Begegnung, die alles veränderte. Sie heirateten. Sie bauten ein Leben auf.
Über 23 Jahre war Pilar die Frau an der Seite des Weltmeisters. Sie war die Konstante in einer Welt voller Adrenalin, Druck und öffentlichem Jubel. Sie war da, als er 1990 den Pokal in den römischen Nachthimmel stemmte. Sie war der Anker, als er seine Karriere bei Inter Mailand krönte, und sie war die Stütze, als er nach Kaiserslautern zurückkehrte. Sie bekamen zwei Söhne, Ricardo und Alessio. Sie waren die perfekte Sportlerfamilie, ein Bild der Stabilität in einer flüchtigen Branche.
Die Öffentlichkeit sah das Traumpaar bei Galas, sah den stolzen Vater mit seinen Söhnen. Was sie nicht sah, war das langsame Verblassen dieses Funkens, der einst so heftig gezündet hatte. Im Jahr 2010, nach 23 Jahren Ehe, zerbrach die Idylle. Die Trennung traf die Öffentlichkeit überraschend, doch sie verlief ohne Schlammschlacht, ohne laute Vorwürfe. Andy Brehme selbst fasste das Ende einer Ära in einem Satz zusammen, der an Banalität grenzte und doch so vielschichtig war: “Wir haben uns einfach auseinandergelebt.”
Es war das stille Ende einer großen Liebe. Brehme, der für seine Fairness auf dem Platz bekannt war, zeigte sie auch im Privaten. Kein böses Wort über die Mutter seiner Kinder. Im Gegenteil. “Sie ist eine wunderbare Frau und Mutter”, sagte er damals der Presse. “Ich werde immer fair für sie da sein.” Es war ein Satz, der Charakter zeigte. Er schloss ein Kapitel, ohne die Tür zuzuschlagen.

Doch das Leben schreibt selten saubere Übergänge. Noch im selben Jahr, 2010, trat eine neue Frau in sein Leben: Susanne Schäfer. Die Boulevardpresse war alarmiert. Ein neuer Star an der Seite des WM-Helden, so kurz nach der Trennung?
Brehme, sonst eher medienscheu, was sein Privatleben anging, fühlte sich genötigt, die Dinge klarzustellen. Er und Susanne, die in der Modebranche arbeitete, hatten sich bei einem Golfturnier in Kitzbühel kennengelernt. Aber, und das war ihm wichtig: “Sie hat mit der Trennung aber nichts zu tun.” Es war keine Affäre, die eine Ehe beendete, sondern der Beginn eines neuen Kapitels, nachdem das alte bereits geschlossen war.
Dieses zweite Kapitel war anders. Es war nicht mehr die Liebe des jungen, aufstrebenden Superstars. Es war die Liebe eines Mannes, der den Gipfel des Ruhms gesehen hatte und nun nach etwas anderem suchte. Seine Trainerkarriere, die er nach 1998 begonnen hatte, war glücklos verlaufen. Die Stationen in Kaiserslautern, Unterhaching und als Co-Trainer beim VfB Stuttgart waren nicht von dem Erfolg gekrönt, den er als Spieler gewohnt war. Er zog sich 2006 aus dem Trainergeschäft zurück, wandte sich dem Geschäftsleben zu, gründete eine Sportmarketing-Agentur.
Susanne Schäfer war die Frau an seiner Seite in diesem “normalen” Leben nach dem Rausch. Sie war seine Partnerin für die stilleren Momente. Sie war die Frau, mit der er über Golfturniere und das Münchner Oktoberfest schlenderte. Sie waren ein Paar, das seinen Platz im Leben gefunden zu haben schien, abseits der ganz großen Schlagzeilen.
Wie tief ihre Verbindung war, wie sehr sie von Humor und Gelassenheit geprägt war, zeigte eine Anekdote aus dem Jahr 2013. Ein peinlicher Fauxpas: In einer Videogrußbotschaft, die Brehme aufnahm, tauchte Susanne unbeabsichtigt “oben ohne” im Hintergrund auf. Ein gefundenes Fressen für die Presse. Doch Brehme nahm es mit der Ruhe des Weltmeisters. Statt sich zu verstecken oder zu dementieren, konterte er mit entwaffnendem Charme. “Jetzt weiß die ganze Welt, welch eine tolle Frau ich habe”, erklärte er der “Bild”. “Hätte nicht passieren sollen, aber ich kann über mich selbst lachen. Künftig lasse ich besser Susanne filmen.” Es war der Humor eines Mannes, der mit sich im Reinen war.
Vierzehn Jahre hielt dieses zweite Glück. Vierzehn Jahre, in denen Andy Brehme der “Botschafter” des Fußballs war, der geschätzte Experte, der “Kumpel”, wie ihn Weggefährten nannten. Er war der Mann, der erst wenige Wochen vor seinem eigenen Tod tief erschüttert am Grab seines Freundes und “Kaisers” Franz Beckenbauer stand. Dessen Tod, so sagten Freunde, hatte ihn schwer getroffen.

Niemand ahnte, wie nah er dem “Kaiser” folgen würde.
Der Herzstillstand in jener Februarnacht riss ihn aus dem Leben. Er riss ihn von der Seite von Susanne Schäfer, der Frau, die ihn die letzten 14 Jahre begleitet hatte. Es war ihr traurige Pflicht, die Welt über den Verlust zu informieren. “In tiefer Trauer teile ich im Namen der Familie mit, dass mein Lebensgefährte Andreas Brehme heute Nacht infolge eines Herzstillstandes plötzlich und unerwartet verstorben ist”, hieß es in ihrer Mitteilung. Ein Satz, der die Welt für einen Moment anhielt.
Andy Brehme hinterlässt eine Lücke, die größer ist als der Elfmeterpunkt von Rom. Er hinterlässt seine Söhne Ricardo und Alessio aus erster Ehe und zwei Frauen, die sein Leben definierten. Pilar, die Frau seiner goldenen Jahre, die Mutter seiner Kinder, mit der er ein Vierteljahrhundert den Gipfel des Ruhms teilte. Und Susanne, die Frau seines zweiten Frühlings, die ihm Halt und Humor gab, als die Lichter der großen Stadien bereits gedimmt waren.
Sein Tod ist nicht nur der Verlust eines Sportidols. Es ist der Abschied von einem Mann, der bewies, dass man ein Held sein und trotzdem ein Mensch bleiben kann. Ein Mensch, der liebte, sich trennte, weil man sich “auseinandergelebt” hatte, und der es wagte, ein zweites Mal glücklich zu werden. Sein Herz, das auf dem Platz für eine ganze Nation schlug, gehörte privat nur diesen beiden. Und am Ende hat es einfach aufgehört zu schlagen. Ruhe in Frieden, Held von Rom.
