Ein Bett im Kornfeld ist längst gemacht. Die Lichter auf der Showbühne Mallorcas sind für den Mann, der sie jahrzehntelang wie kein anderer zum Glühen brachte, erloschen. Jürgen Drews, der selbsternannte und vom Volk geliebte „König von Mallorca“, hat abgedankt. Sein Rücktritt, vollzogen im Januar 2023 unter den tröstenden Scheinwerfern einer Florian-Silbereisen-Show, war kein plötzlicher Impuls. Es war das unausweichliche Ende einer Ära, erzwungen durch einen stillen, aber unnachgiebigen Gegner: die periphere Polyneuropathie.
Doch die „traurige Nachricht“, die in den Weiten des Internets und in reißerischen Schlagzeilen immer wieder neu aufbereitet wird, ist nur ein Puzzleteil in einem viel größeren, menschlicheren Drama. Es ist eine Geschichte, die weit über den Verlust von Bühnenruhm hinausgeht. Es ist die Geschichte eines Mannes, der lernt, sein eigener König ohne Königreich zu sein, und einer Frau, die beweist, dass sie die wahre Stütze des Throns ist – und ihr eigenes, zermürbendes Gefecht focht.
Der unsichtbare Gegner im Nervensystem
„Ich bin zwar ausgestiegen, das soll auch so bleiben“, stellte Drews kürzlich klar, als Gerüchte über ein Comeback aufkamen. Die Entscheidung war endgültig. Der Grund ist ein medizinischer Begriff, der sperrig klingt und doch so viel Leid birgt: Polyneuropathie. Eine unheilbare Erkrankung des peripheren Nervensystems. Bei Drews äußert sie sich, seinen eigenen Worten zufolge, in einer „leichten Form“. Kein ständiger Schmerz, wie ihn viele Betroffene erleiden, aber eine stetig zunehmende Müdigkeit, eine „leichte Gangunsicherheit“, wie er es nennt. Die Pirouetten auf der Bühne, das energiegeladene Springen – all das war nicht mehr möglich, ohne eine fast übermenschliche Anstrengung.
„Ich bin nicht mehr so belastbar wie früher“, gab er unumwunden zu. „Es ist an der Zeit, mein Privatleben auf Platz eins zu stellen.“ Diese Sätze, gesprochen von einem Mann, der fast 60 Jahre lang auf der „Überholspur“ (ein Begriff seiner Frau Ramona) lebte, markieren eine Zäsur. Drews, der einst Medizin studierte, bevor er mit den Les Humphries Singers und später mit seinem Solo-Hit „Ein Bett im Kornfeld“ (einer Coverversion des Bellamy-Brothers-Hits „Let Your Love Flow“) unsterblich wurde, musste auf seinen eigenen Körper hören.
Die Krankheit raubt ihm nicht den Lebensmut, aber die Energie. Die Energie, die er brauchte, um Nacht für Nacht der „König von Mallorca“ zu sein, eine Rolle, die er seit dem Jahr 2000 mit einer fast manischen Hingabe ausfüllte. Die Diagnose war ein Schock, aber auch eine Erklärung für die schleichenden Veränderungen, die er an sich bemerkt hatte.

Ramonas Geständnis: Der wahre Preis des Ruhms
In dieser tiefen Verunsicherung wurde eine Person zum unerschütterlichen Fels in der Brandung: seine Frau Ramona. Die beiden sind seit 1994 verheiratet, eine Liebe, die in der flüchtigen Schlagerwelt wie ein Relikt aus einer anderen Zeit wirkt. Er lernte die 29 Jahre jüngere Ramona 1991 kennen, als er eine Miss-Wahl moderierte. Sie wurde sein Anker.
Heute, über 30 Jahre später, ist sie es mehr denn je. Während Fans und Medien den Verlust des Bühnenkünstlers betrauerten, empfand Ramona den Rücktritt ihres Mannes als Segen. „Jürgen hat sich in den letzten Jahren schon verändert. Er ist viel ruhiger geworden, was mir sehr gut gefällt“, gestand sie in einem Interview. Sie war diejenige, die das „Leben auf der Überholspur“ aus nächster Nähe miterlebt hatte, die unzähligen Nächte, die er unterwegs war, während sie zu Hause die Stellung hielt.
„Jetzt ist alles völlig entspannt. Diese Entschleunigung tut ihm sehr gut“, sagte sie mit einer spürbaren Erleichterung. Sie glaubt fest, dass seine Entscheidung, einen Schlussstrich zu ziehen, „genau richtig“ war. Sie sah den Schmerz und die Erschöpfung hinter dem Lächeln, die er vor seinem Publikum so meisterhaft verbarg.
Ramona, von ihrer gemeinsamen Tochter Joelina als „Familienmanagerin“ und „Rückgrat“ der Familie beschrieben, wurde zur Architektin seines neuen Lebens. Ein Leben, das sich nun in Dülmen im Münsterland abspielt, weit weg vom Trubel des Ballermanns, in der Stille ihres Zuhauses, umgeben von ihren Hunden. Ein Leben, in dem der größte Luxus darin besteht, „in den Tag hineinleben zu dürfen“, wie Jürgen es ausdrückt, ohne Termindruck und den Zwang, eine Rolle spielen zu müssen.
Der zweite Schicksalsschlag: Ein geheimer Kampf

Doch gerade als die Familie begann, sich in dieser neuen, ruhigen Normalität einzufinden, schlug das Schicksal mit einer Brutalität zu, die selbst die Nervenkrankheit des Schlagerstars in den Schatten stellte. Anfang 2023, kurz nach Jürgens offiziellem Abschied, erhielt Ramona selbst eine niederschmetternde Diagnose: ein bösartiger Hauttumor.
Während die Öffentlichkeit noch über das Karriereende ihres Mannes diskutierte, kämpfte Ramona im Stillen um ihre eigene Gesundheit. Es war ein Schock, der die Familie bis ins Mark traf. „Wir haben viel geweint“, offenbarte Tochter Joelina später. Die Angst, die Mutter, den emotionalen Mittelpunkt der Familie, zu verlieren, war lähmend. „Ein Leben ohne meine Mama kann ich mir nicht vorstellen. Und Papa auch nicht“, so Joelina.
Es war ein perfider Doppelschlag des Schicksals. Der Mann, der gerade erst seine Identität als Bühnenstar abgelegt hatte und auf die volle Unterstützung seiner Frau angewiesen war, musste nun hilflos zusehen, wie seine eigene Stütze zu zerbrechen drohte. Doch die Familie Drews bewies eine Resilienz, die tief berührt. Der Tumor wurde früh erkannt, er hatte nicht gestreut. Ramona hatte Glück im Unglück.
Diese Erfahrung hat die ohnehin schon enge Bindung zwischen Jürgen und Ramona noch weiter vertieft. Sie hat ihnen aber auch die Zerbrechlichkeit des Lebens auf schmerzhafte Weise vor Augen geführt. Ramona, die 28 Jahre jünger ist als ihr Mann, gestand kürzlich, wie emotional sie wird, wenn sie über die Zukunft nachdenkt. Die Frage, wie viel Zeit ihnen noch gemeinsam bleibt, ist präsenter denn je – und sie wird nicht mehr vom nächsten Auftritt verdrängt.
Ein König ohne Krone, aber mit einem Lebenswerk

Heute führt Jürgen Drews ein Leben im „Ruhestand“, das für einen wie ihn nie ein wirklicher Ruhestand sein kann. Er genießt es, nicht mehr zu müssen, aber er kann nicht, ohne zu wollen. „Ich will noch einen Riesen-Hit machen“, verriet er kürzlich. Er habe noch „mindestens 200 Lieder“ zu Hause. Diese Leidenschaft, dieses innere Feuer, brennt weiter, unabhängig von Polyneuropathie und Bühnenverbot.
Er trat überraschend in Las Vegas auf, sang „Ein Bett im Kornfeld“ auf dem Strip – ein Lebenstraum. Er bringt ein neues Album heraus, weil die Plattenfirma fragt und er „natürlich nicht nein“ sagt. Der Unterschied ist: Er macht es aus Freude, nicht aus Verpflichtung.
Der „König von Mallorca“ ist tot, es lebe Jürgen Drews. Der Mensch, der gelernt hat, dass der wahre Applaus nicht von Tausenden von Fremden kommen muss, sondern vom Herzschlag der Frau an seiner Seite. Er hat seinen Thron auf Mallorca gegen ein Sofa in Dülmen getauscht. Für ihn, nach einem Leben im grellen Licht, ist dieser Tausch kein Abstieg, sondern die Ankunft. Ramona Drews hat die „traurige Nachricht“ seines Rücktritts nicht nur bestätigt; sie hat sie als die beste Nachricht seines Lebens begrüßt. Es ist das Happy End einer Karriere, das den Beginn eines neuen, leisen, aber nicht minder intensiven Kapitels markiert.