Er war jahrzehntelang eine wandelnde Institution. Ein Mann, so ikonisch wie seine dunkle Sonnenbrille, so beständig wie die “schwarze Barbara”. Heino, mit 86 Jahren immer noch eine präsente Figur der deutschen Musiklandschaft, war stets der “Saubermann”, der unantastbare Barde des Volkslieds. Doch hinter dieser sorgfältig gepflegten Fassade aus goldblondem Haar und sonorem Bariton verbarg sich ein Mensch, der tiefe Verletzungen erlitt – zugefügt von Kollegen, die im Rampenlicht neben ihm standen. Jetzt, in einem Alter, in dem andere auf ein ruhiges Leben zurückblicken, bricht Heino sein Schweigen. Er rechnet ab. Es ist eine späte, aber umso emotionalere Beichte über die fünf Menschen, die ihn, wie er sagt, am tiefsten kränkten und ihm manchmal sogar die Würde nahmen.
Es ist die Geschichte eines Mannes, der jahrzehntelang belächelt, parodiert und verspottet wurde, aber stets Haltung bewahrte. Bis jetzt. Diese Enthüllungen sind mehr als nur Klatsch; sie sind das Psychogramm einer deutschen Karriere zwischen Tradition und Moderne, zwischen unerschütterlichem Erfolg und persönlicher Demütigung.
1. Hape Kerkeling: Der Stich ins Herz durch “Hurz”
Wenn ein Komiker eine Ikone parodiert, ist das oft ein Ritterschlag. Doch für Heino war es ein Schwertstich. Als Hape Kerkeling, das aufstrebende Multitalent der 80er und 90er Jahre, Heino ins Visier nahm, lachte die Nation. Kerkelings “Hurz” und seine bissigen Imitationen des Volksbarden wurden Kult. Doch einer lachte nicht: Heino selbst.
“Ich war verletzt. Richtig verletzt”, gesteht Heino heute mit einer Offenheit, die man von ihm kaum kennt. Der Schmerz saß tief, denn Kerkeling traf nicht nur den Künstler, sondern den Menschen. “Da stand jemand auf der Bühne und machte mich zu einer Witzfigur. Für die Leute war es Unterhaltung, für mich war es mein Leben”. Was als humorvolle Satire begann, empfand Heino als persönlichen Angriff, als eine Entwertung seiner Lebensleistung.
Besonders ein Auftritt Kerkelings in einer großen Samstagabendshow brannte sich in sein Gedächtnis ein. Kerkeling, in voller Heino-Montur mit Perücke und Brille, spottete: “Ich bin der Sonnenschein des Grauens”. Das Publikum tobte, doch Heino soll Berichten zufolge backstage voller Wut die Garderobe verlassen haben.
Der endgültige Bruch ereignete sich bei einer Preisverleihung in Köln. Ein Moment, der Heinos Sicht auf die Branche für immer verändern sollte. Heino war Ehrengast, Kerkeling Moderator. Während der Generalprobe, so berichten es Zeugen, soll Kerkeling ungefragt seine Heino-Parodie aufgeführt haben – direkt vor dem versammelten Team. Heino, der ahnungslos im Publikum stand, sah sich selbst auf der Bühne verspottet. Er wurde bleich, drehte sich um und verließ die Halle. Später kam es im Backstage-Bereich zu einem lautstarken Wortgefecht. Heino konfrontierte Kerkeling, warf ihm vor, ihm “die Würde genommen” zu haben. Kurz darauf sei der Sänger unter Tränen nach Hause gefahren. Die Veranstaltung fand ohne ihn statt. “An diesem Abend habe ich endgültig verstanden”, so Heino leise, “dass für manche Menschen alles nur Spaß ist, egal wer dabei zerbricht”.

2. Udo Lindenberg: Der Kampf der Giganten
Es war das Duell zweier Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Hier der bunte “Panikrocker” Udo Lindenberg, mit Hut, Nuschelstimme und Lederjacke – das Symbol des rebellischen West-Deutschlands. Dort Heino, der adrette Volksliedsänger mit Anzug, klarer Stimme und fast katholischer Disziplin. Lange Zeit beäugten sich die beiden Legenden misstrauisch. “Ich mochte seine Musik nie. Das war mir zu schmutzig, zu rau”, sagte Heino einst. Lindenberg konterte gewohnt lässig: “Heino ist der Typ, bei dem selbst die Sonne eine Sonnenbrille trägt, weil sie es nicht aushält”.
Was als gegenseitige Stichelei begann, eskalierte 2013. Heino, in einem Akt musikalischer Neuerfindung, veröffentlichte sein Coveralbum “Mit freundlichen Grüßen”, auf dem er Hits von Rammstein, Die Ärzte und eben auch Udo Lindenberg interpretierte. Lindenberg soll außer sich gewesen sein. “Das ist musikalischer Diebstahl!”, ließ er über Freunde ausrichten. Heino fühlte sich fundamental missverstanden. Er wollte Brücken bauen, zeigen, dass Musik keine Grenzen kennt. “Statt Respekt kam nur Häme”, resümiert er.
Der Eklat folgte bei einer großen Musikpreisverleihung in Berlin. Es sollte ein Moment der Versöhnung werden. Stattdessen wurde es ein Skandal. Als Heino auf der Bühne geehrt wurde und sein Cover von “Sonderzug nach Pankow” anstimmte, soll Lindenberg im Publikum plötzlich aufgestanden sein. Laut klatschend, aber mit beißendem Spott, rief er Berichten zufolge durch den Saal: “Das ist mein Song, nicht dein Kirchenchor!”. Das Publikum war schockiert. Einige lachten unsicher, die meisten verstummten. Heino sang tapfer zu Ende, verließ die Bühne aber ohne ein weiteres Wort. Backstage herrschte eisiges Schweigen. Erst Jahre später fasste Heino seine Gefühle in einem bitteren Satz zusammen: “Manche Menschen tragen ihren Hut, um Haltung zu zeigen. Andere, um sich zu verstecken”.
3. Jan Böhmermann: Der Generationenkampf
Wenn es einen gibt, der die Kunst der Provokation perfektioniert hat, dann ist es Jan Böhmermann. Der Satiriker nahm auch Heino ins Visier, als dieser Anfang der 2010er-Jahre seinen Ausflug in die Rockmusik wagte. Böhmermann spottete in seiner Show und nannte Heino “die blondeste Aneignungsmaschine der Republik”. Das Publikum lachte, Heino nicht. Kurz darauf legte Böhmermann mit einem Parodievideo nach: “Heino goes Hiphop”.
Für Heino war eine Grenze überschritten. “Ich habe nichts dagegen, wenn man Witze macht”, sagte er damals, “aber irgendwann ist Schluss mit Respektlosigkeit”. Doch der Konflikt ging tiefer. Böhmermanns Satire zielte auf Heinos konservatives Image, seine Weigerung, sich dem Zeitgeist zu beugen. “Er hat mich zum Symbol gemacht für alles, was alt, spießig oder unmodern war”, analysiert Heino heute. “Aber ich bin kein Denkmal, ich bin ein Mensch.”
Bei einem Branchentreffen in Köln kam es zur direkten Konfrontation. Heino stellte Böhmermann zur Rede. “Wenn du mich kritisieren willst, dann komm zu mir, nicht über mich”. Es war der Versuch eines altmodischen Duells von Angesicht zu Angesicht. Doch Böhmermanns Antwort war so trocken wie entlarvend für den Generationenkonflikt: “Ich mache Satire, keine Beichtstunde”. Seitdem herrscht Schweigen. Doch die Wunden, so Heino, sind geblieben.

4. Nena: Der eiskalte Bruch bei der Gala
Sie war die Rebellin der 80er, er der Inbegriff der 70er. Anfangs war die Beziehung zwischen Heino und Nena von gegenseitigem Respekt geprägt. Sie traten in gemeinsamen TV-Shows auf, lachten backstage. Doch die Harmonie zerbrach, als Heino in einem Interview meinte, heutigen Popkünstlern fehle es oft an “musikalischer Substanz”. Nena fühlte sich offenbar angegriffen und reagierte prompt und öffentlich. “Heino ist der letzte, der anderen über Musik was erzählen sollte”, sagte sie im Radio. “Das ist wie wenn ein Fisch einem Vogel erklärt, wie man fliegt”.
Heino war empört. Er hatte sie nie persönlich angegriffen, fühlte sich nun aber von ihr “behandelt, als wäre ich ein Fossil”. Der Streit eskalierte bei einer großen Fernsehgala in Hamburg, bei der Heino für sein Lebenswerk geehrt werden sollte. Nena war als Überraschungsgast geladen. Hinter den Kulissen, so wird berichtet, soll sie erklärt haben, sie wolle nicht “imselben Atemzug mit Nostalgie gefeiert werden”.
Die Spannung war greifbar. Als Heino auf der Bühne stand und seine Dankesrede hielt, geschah der Vorfall. Als er das Wort “Tradition” erwähnte, soll Nena im Publikum plötzlich laut gelacht haben. Ob Hohn oder Nervosität – Heino fühlte sich bloßgestellt. Vor Millionen Zuschauern. Nach der Sendung kam es backstage zum Eklat. Zeugen berichten, Heino sei auf Nena zugegangen: “Du hast mich gedemütigt vor Millionen”. Nenas Antwort sei eiskalt gewesen: “Dann gewöhn dich dran. Die Zeiten ändern sich.”. Daraufhin habe Heino seine goldene Ehrenplakette auf einen Tisch gelegt und leise hinzugefügt: “Dann nehmt eure neue Zeit. Meine braucht euch nicht mehr”. Es war das letzte Mal, dass die beiden miteinander sprachen.
5. Dieter Bohlen: Der Poptitan und der “Opa”
Kaum jemand war in seinen Urteilen so schonungslos wie Poptitan Dieter Bohlen. Und Heino bekam die volle Wucht zu spüren. “Heino ist ein netter Kerl, aber musikalisch von gestern”, verkündete Bohlen in einer TV-Sendung. “Wenn der singt, schlafen selbst seine Noten ein.” Für Heino war das mehr als ein flapsiger Spruch. “Ich fand das respektlos”, sagt er heute. “Dieter lebt von Provokation, ich lebe von Musik. Das sind zwei verschiedene Welten.”.
Der Konflikt schwelte hinter den Kulissen weiter. Als Heino 2013 mit seinem Rockcover-Album sensationell die Charts stürmte und Platz 1 erreichte – ein Triumph über alle Kritiker –, konnte Bohlen sich einen Kommentar nicht verkneifen. Gegenüber RTL soll er gesagt haben: “Das ist doch keine Kunst. Das ist Karaoke mit weißen Haaren”. Heino reagierte mit Würde, doch innerlich tobte er.
Jahre später, bei einer Preisverleihung, trafen sie aufeinander. Bohlen saß in der Jury, Heino war Laudator. Nach der Show soll Bohlen ihn jovial-provozierend angesprochen haben: “Na, Opa Rock ‘n’ Roll, immer noch auf Tour?”. Doch diesmal konterte Heino. Seine Antwort war eiskalt und ist heute legendär in der Branche: “Lieber alt und echt als jung und laut”. Ein Satz, der Bohlens Philosophie des lauten Erfolgs gegen Heinos Anspruch auf Authentizität stellte.

Mit 86 Jahren hat Heino nun seine Wahrheit ausgesprochen. Es ist eine späte Befreiung, ein Versuch, die Deutungshoheit über sein eigenes Leben zurückzugewinnen. Die Sonnenbrille, einst sein Markenzeichen, war vielleicht mehr als nur ein Schutz vor dem grellen Licht der Scheinwerfer. Sie war ein Schutzschild für eine Seele, die öfter verletzt wurde, als es die Fassade des ewigen “Saubermanns” je erahnen ließ. Am Ende, so scheint es, war der Mann mit der dunklen Brille derjenige, der die Menschen um sich herum klarer sah, als viele dachten.