Im gleißenden Licht der Kameras, umgeben von Blitzlichtgewitter und den schönsten Frauen der Welt, so kennt man Richard Siegfried Lugner. Mit 91 Jahren ist der Wiener Geschäftsmann eine lebende Legende – ein Baulöwe, der ein Einkaufszentrum-Imperium erschuf, ein Reality-TV-Star und das unbestrittene, schillernde Zentrum des alljährlichen Wiener Opernballs. Sein Name ist ein Synonym für Erfolg, für Glamour und für ein Leben auf der Überholspur. Doch hinter dieser sorgfältig gepflegten Fassade aus Reichtum und öffentlicher Zurschaustellung verbirgt sich eine Realität, die düsterer und schmerzhafter kaum sein könnte. Es ist die Geschichte eines Mannes, der, obwohl er alles zu haben scheint, von einem lebenslangen Schmerz gequält wird – einem Schmerz, der im hohen Alter nicht verblasst, sondern nur tiefer schneidet.
Die Wurzeln dieses Schmerzes reichen tief, bis in die früheste Kindheit Richard Lugners, hinein in die Wirren des Zweiten Weltkriegs. Geboren 1932 in Wien in eine hochgebildete Familie – sein Vater war ein bekannter Anwalt – wurde sein Leben früh von einer Tragödie gezeichnet, die ihn für immer prägen sollte. Sein Vater, Richard Lugner Senior, als Wehrmachtsangehöriger im Krieg eingesetzt, verschwand im März 1944 spurlos. Die Familie blieb in quälender Ungewissheit zurück. Erst vier Jahre später, 1948, kam die niederschmetternde Bestätigung: Er war in russischer Kriegsgefangenschaft ums Leben gekommen.
Dieser Verlust, das Aufwachsen ohne Vater, hinterließ eine “große Lücke”. Es war ein fundamentaler Bruch, ein frühes Trauma, das den Grundstein für ein Leben legte, in dem Verlust und Erfolg auf bizarre Weise miteinander verwoben sein sollten. Während seine Mutter allein für die Familie sorgen musste, entwickelte der junge Richard jenen unbändigen Ehrgeiz, der später sein Markenzeichen werden sollte. Es war, als müsse er durch äußeren Erfolg eine innere Leere füllen, die nie wirklich geschlossen werden konnte.
In den 1960er Jahren begann sein kometenhafter Aufstieg. Lugner stieg in die Baubranche ein und bewies ein goldenes Händchen. Er wurde schnell zu einem der führenden Bauunternehmer Österreichs. Sein Meisterstück, das Projekt, das ihn unsterblich machen sollte, war die “Lugner City”, ein berühmtes Einkaufszentrum in Wien, das 1990 eröffnet wurde. Es war mehr als nur ein Gebäude; es war ein Symbol seines Triumphs, ein Denkmal seines Erfolgs, das ihm finanzielle Stabilität und enormes Branchenprestige einbrachte. Die Öffentlichkeit sah den Macher, den Visionär, den Mann, der aus dem Nichts ein Imperium geschaffen hatte.

Doch während seine Karriere florierte, offenbarte sein Privatleben ein gänzlich anderes Bild. Es war ein Schlachtfeld der Emotionen, ein endloser Zyklus aus Hoffnung und Enttäuschung. Lugner heiratete mehrmals, seine Beziehungen waren zahlreich und wurden von der Presse gierig verfolgt und ausgeschlachtet. Jede neue Frau an seiner Seite wurde zum Medienspektakel, jede Trennung zum öffentlichen Skandal. Sein vielleicht berühmtester Coup war der jährliche Besuch des Wiener Opernballs, zu dem er weltberühmte Schönheiten und Hollywood-Stars einfliegen ließ – von Kim Kardashian bis Pamela Anderson.
Diese Auftritte waren die ultimative Inszenierung seines Erfolgs. Er präsentierte sich als der große Zampano, der Bonvivant, der sich die Gesellschaft der Begehrtesten kaufen konnte. Doch die Realität war eine andere. Nahezu alle seine Ehen endeten in Scheidungen. Und in seltenen, ehrlichen Momenten gab der Mann hinter der Maske einen Einblick in sein wahres Befinden: Er teilte mit, dass er sich “einsam fühlte” und “nicht in der Lage war, die wahre Liebe zu finden”. Der Mann, der von Kameras und Bewunderern umgeben war, war im Innersten allein. Der Glamour des Opernballs war vielleicht nichts weiter als eine verzweifelte Ablenkung von der Stille, die ihn zu Hause erwartete.
Sein Leben schien ein ständiger Kampf zwischen Aufbau und Zerstörung zu sein. Während er beruflich die “Lugner City” errichtete, bröckelten seine privaten Fundamente. Und auch beruflich war nicht alles Gold, was glänzte. Einige seiner Bauprojekte stießen auf erhebliche Probleme, gerieten in finanzielle und rechtliche Schwierigkeiten, was zu Klagen und Kritik führte. Diese Rückschläge setzten ihm zu, kratzten an seinem Ruf und verursachten enormen Stress. Selbst sein Ausflug in die Politik war von diesem Muster geprägt. Er kandidierte 1998 für das Amt des österreichischen Präsidenten, doch trotz wiederholter Versuche blieb ihm der große Erfolg auf der politischen Bühne verwehrt. Er blieb der schillernde Außenseiter, dessen Ambitionen oft belächelt wurden.
Es ist die Summe dieser Enttäuschungen – die gescheiterten Ehen, die beruflichen Kämpfe, die unerfüllten politischen Träume – die das Bild eines Mannes zeichnen, der oft mehr kämpfte, als er siegte. Doch all dieser Schmerz verblasst im Vergleich zu der Tragödie, die ihn im Jahr 2022 mit voller Wucht traf und sein Leben endgültig aus den Angeln hob.

In jenem Jahr verstarb sein Sohn Roland.
Über diesen Verlust, den vielleicht tiefsten und unheilbarsten Schmerz, den ein Mensch erleben kann, spricht die Öffentlichkeit kaum. Es passt nicht zum Image des sorglosen “Mörtel”. Doch dieser Verlust hinterließ nicht nur eine Lücke; er riss einen Abgrund. Für einen Vater, der selbst ohne Vater aufwachsen musste, muss der Tod des eigenen Sohnes eine unermessliche Grausamkeit des Schicksals sein. Es ist dieser Schmerz, der ihn, den 91-Jährigen, bis heute quält. Es ist die Art von Trauer, die keine Zeit heilt, die sich festsetzt und ein ständiger, dunkler Begleiter wird.
Wenn man Richard Lugner heute sieht, den älteren Herrn, der immer noch pflichtbewusst seine öffentlichen Auftritte absolviert, sieht man die Spuren dieses langen, harten Lebens. Die Öffentlichkeit feiert ihn vielleicht immer noch als Phänomen, als “letzten Kaiser” Wiens. Aber die Geschichte von Richard Lugner ist weitaus komplexer. Es ist die Geschichte eines Mannes, der sein Leben lang versuchte, durch äußeren Bau eine innere Ruine zu stabilisieren. Er baute ein Einkaufszentrum, aber konnte kein stabiles Zuhause für sein Herz finden. Er kaufte sich die Gesellschaft von Stars, aber gestand, die wahre Liebe nie gefunden zu haben.
Sein Leben ist ein farbenfrohes und zutiefst komplexes Mosaik, das die extremen Höhen und Tiefen eines talentierten, aber auch zutiefst tragischen Menschen widerspiegelt. Die grellen Lichter des Opernballs können die Dunkelheit nicht vertreiben, die mit dem Verlust des Vaters begann und mit dem Tod des Sohnes einen unerträglichen Höhepunkt erreichte.
Mit 91 Jahren steht Richard Lugner am Ende eines Lebens, das reicher an Erfolgen und Tragödien war als die meisten Drehbücher. Der Schmerz, der ihn quält, ist kein neuer; es ist die kumulierte Last eines Lebens, das ihm Ruhm und Reichtum schenkte, ihm aber das, was wirklich zählte – beständige Liebe und familiäres Glück – immer wieder auf grausame Weise entriss. Die goldene Fassade des Richard Lugner ist beeindruckend, doch dahinter verbirgt sich die zeitlose und zutiefst menschliche Tragödie eines Mannes, der alles gewann und doch das Wichtigste verlor.
