Dr. Andrej Bassella war am Flughafen von London, als ihn der Anruf mitten in der Nacht erreichte. Es war 3 Uhr morgens und das Handy vibrierte unaufhörlich. Er wollte zuerst nicht abheben, doch etwas zwang ihn, die Verbindung anzunehmen. Am anderen Ende war seine Nachbarin rosa. Mit bebender Stimme erzählte sie, dass Joan Andres sechsjähriger Sohn vor Hunger vor ihrer Haustür zusammengebrochen sei.
Er habe um Essen gebettelt, weinend, abgemagert, kaum noch ein Schatten seiner Selbst. Andrej spürte, wie der Boden unter seinen Füßen wegsank. Im geschäftigen Terminal schien die Zeit stillzustehen, während er sich panisch durch die Menge drängte, um den nächsten Flug nach Brasilien zu bekommen.
Doch jeder Versuch, schneller nach Hause zu gelangen, wurde von Verspätungen und Zwischenstopps unterbrochen. Während der Reise versuchte er verzweifelt, Vera, die Haushälterin und Betreuerin seines Sohnes, zu erreichen. Sie reagierte gleichgültig. Tat Joan Schwäche als kindliche Übertreibung ab und schien mehr an Partys als an ihrer Verantwortung interessiert zu sein.
Andreas Herz zerbrach Stück für Stück Erinnerungen an seine verstorbene Frau Mariana, die ihn angefleht hatte, immer gut auf Joan aufzupassen, na an ihm. Er hatte versprochen, dass ihr Sohn nie allein sein würde und doch hatte er ihn in die Hände einer Fremden gegeben. Als Andrej endlich in Kuritiba ankam, fand er sein Haus in einem verwahrlosten Zustand vor.
Die Luft roch nach abgestandenem Alkohol. Müll stapelte sich und Werer schlief betrunken in ihrem Zimmer. Jon dagegen lag zusammengerollt auf einer schmutzigen Matratze in der Waschküche, abgemagert, schwach, beinahe durchsichtig. Als der Junge seine Augen öffnete und flüsterte: “Papa, bist du es wirklich?” und brach Andres Fassade endgültig zusammen.
Er nahm seinen Sohn in die Arme, erschrocken über die Knochigkeit seines kleinen Körpers und schwor ihn nie wieder im Stich zu lassen. Im Krankenhaus bestätigten Ärzte das Unfassbare. Schwere Unterernährung, Dehydrierung, Spuren von Benzodiaipen im Blut. Wer hatte dem Kind heimlich starke Medikamente gegeben, angeblich um es ruhig zu stellen.
Der Arzt erklärte nüchtern, dies sei kein Zufall, sondern das Resultat monatelanger Vernachlässigung. Das Jugendamt musste eingeschaltet werden und Andrej sah sich mit dem Vorwurf der elterlichen Verantwortungslosigkeit konfrontiert. Verzweifelt kontaktierte er seinen Anwalt Rodrigo. Während Joa im Krankenhaus behandelt wurde, begann André die wahre Identität von Vera aufzudecken.
Bald stellte sich heraus, dass Vera gar nicht die war, für die sie sich ausgegeben hatte. Unter ihrem echten Namen Vera Christina Olivera Silva war sie mehrfach vorbestraft wegen Betrug, Diebstahl und unerlaubter medizinischer Praktiken. Schlimmer noch, sie betrieb ein aufwendig aufgebautes Onlinepil als angebliche Heilerin und Therapeutin.

Sie nutzte Fotos aus Andr Haus und verkaufte pseudowissenschaftliche Krebshheilungen für Kinder. Tausende Menschen folgten ihr. Viele gaben ihr letztes Geld in der Hoffnung auf Wunderheilung. Für André, dessen Frau an Krebs gestorben war, war das eine unvorstellbare Perversion. Sie missbrauchte nicht nur seine Familie, sondern auch den Schmerz unzähliger anderer Menschen.
Die Ermittlungen brachten immer finstere Details ans Licht. Vera hatte Jan nicht nur körperlich vernachlässigt, sondern ihn psychologisch misshandelt, ihm eingeredet, er sei eine Last für seinen Vater. Sie filmte sein Wein und verkaufte die Aufnahmen in dunklen Kanälen. Dazu gehörte ein Netzwerk von Komplizen, die ähnliche Familien ins Visier nahmen.
Wohlhabende, verwittwete Eltern mit kleinen Kindern, verletzlich, verzweifelt, leicht manipulierbar. Wer war keine Einzeltäterin, sondern Teil einer perfiden Organisation. Der Wendepunkt kam, als Andrej mit Polizei und Presse eine Falle stellte. Wer wollte Joan aus dem Krankenhaus entführen, ihn erneut betäuben und verschwinden.
Doch diesmal war die Polizei vorbereitet. Im Moment des Zugriffs filmten Kamerateams, wie Vera und ihre Helfer überführt wurden. Während sie abgeführt wurde, lächelte sie kalt in die Kameras, als wäre sie die eigentliche Siegerin. Doch die Beweise waren erdrückend. Opfer aus ganz Brasilien meldeten sich, darunter Kinder, die den Mut fanden, ihre Geschichten zu erzählen.
Der Prozess wurde zu einem landesweiten Ereignis. Wer wurde wegen schwerer Mishaßhandlung, Betrug illegaler medizinischer Praktiken Diebstahl und weiterer Delikte zu 28 Jahren Haft verurteilt. Ihr Ruf als vermeintliche Heilerin zerfiel über Nacht. Wo sie einst zehntausende Anhänger hatte, wurde sie nun als Monster beschimpft.
Für Andrej blieb die Wunde dennoch tief. Joan erholte sich langsam, nahm wieder Gewicht zu, lachte vorsichtig, doch die Narben waren nicht unsichtbar. Immer wieder hatte er Albträume von Vera, fürchtete, sie könne zurückkehren. Andrej gründete die Fundation Mariana Bassella, benannt nach seiner verstorbenen Frau, um andere Familien vor ähnlichen Tätern zu schützen.
Die Stiftung deckte bereits dutzende weitere Netzwerke auf, half opfern und sorgte für politische Debatten über strengere Kontrollen in der Kinderbetreuung. Sech Monate später standen Andrej und Joan im Garten, pflanzten weiße Rosen zum Gedenken an Mariana. Der Junge fragte schüchtern, ob seine Mutter stolz auf sie wäre. Andrej antwortete, daß jede Blume, die sie pflanzten, ein Zeichen dafür sei, daß ihr Geist und ihre Liebe weiterlebten.
Joan lächelte zum ersten Mal frei von Angst und Andrej wusste, sie hatten nicht nur Gerechtigkeit erlangt, sondern auch einen neuen Anfang gefunden. Die Familie Bassel war durch die Hölle gegangen, doch sie war auferstanden, stärker, geeinter und bereit, anderen den Weg aus der Dunkelheit zu zeigen. M.
