Das Herz der Spatzen in Gefahr: Schlager-Titan Norbert Rier kämpft gegen die Überlastung – Droht der erzwungene Abschied?

Das Vermächtnis und der Schatten der Überlastung

Norbert Rier ist nicht nur der Frontmann der Kastelruther Spatzen, er ist die Seele dieser musikalischen Institution, das unerschütterliche Fundament, auf dem fast fünfzig Jahre Musikgeschichte ruhen. Mit seiner warmen, unverwechselbaren Stimme und als dienstältester Schlagzeuger hält er den Rekord für die längste ununterbrochene Mitgliedschaft in einer der erfolgreichsten Volksmusikgruppen der Welt. Mehr als 100 Goldene Schallplatten, über 15 Millionen verkaufte Tonträger – die Zahlen sprechen für ein Lebenswerk, das seinesgleichen sucht. Doch hinter diesem strahlenden Erfolg, hinter der Fassade des unermüdlichen Stars aus Südtirol, verbirgt sich eine erschreckende Realität: Norbert Rier führt einen heimlichen, zermürbenden Kampf gegen die Überlastung, ein Ringen, das ihn beinahe das Leben kostete und nun erneut seine Gesundheit bedroht. Die Frage, die seine Fans und die gesamte Schlagerszene mit tiefster Sorge umtreibt, ist unumgänglich: Übernimmt sich der 64-jährige Star endgültig? Und welche Konsequenzen zieht er aus den harten Warnsignalen seines Körpers?

Die Geschichte der Kastelruther Spatzen begann 1975, und nach einigen frühen Besetzungswechseln kristallisierte sich Norbert Rier als der Fels in der Brandung heraus. Seit vier Jahrzehnten ist er der Motor, der die Band antreibt und die treuen Fans über Generationen hinweg begeistert. Doch das Leben eines Volksmusikers auf diesem Niveau ist alles andere als eine entspannte Bergtour. Es gleicht einem unerbittlichen Vollzeitjob, der Kompositionsarbeit, stundenlange Proben, mediale Verpflichtungen und vor allem unzählige, oft kräftezehrende Auftritte quer durch Europa umfasst.

Für die meisten Stars würde dies bereits das Ende der Fahnenstange bedeuten, doch Norbert Rier lebt ein bewusstes Doppelleben. Trotz des Ruhms und der ausverkauften Hallen hat er seinen gelernten Beruf nie aufgegeben: Er ist Landwirt in seiner geliebten Heimat Kastelrut. Dieser Hof, die Berge und die Tiere sind sein Anker, sein Ort der Erdung, seine persönliche Lebensversicherung gegen den Wahnsinn des Showgeschäfts.

„Auf dem Hof gibt es immer Arbeit, die mal schwerer und mal leichter ist“, zitiert die Freizeitwoche den Künstler. Diese doppelte Belastung – das gleißende Licht der Bühne und die harte, körperliche Arbeit in der Südtiroler Landwirtschaft – ist es, die nun zum größten gesundheitlichen Risiko für den Schlager-Titanen avanciert. Norbert Rier selbst gesteht offen ein, dass er dazu neige, sich ständig zu überanstrengen. „Ich neige dazu, mich zu überanstrengen und muss noch besser lernen, Stress abzubauen“, eine ehrliche und alarmierende Einsicht, die auf eine tiefe Verinnerlichung des Workaholic-Prinzips hindeutet.

Die erste, schockierende Quittung für diese riskante Lebensweise erhielt Norbert Rier bereits im Jahr 2017. Was mit einem harmlos erscheinenden Infekt begann, entwickelte sich rasch zu einem lebensbedrohlichen Notfall. Der Star hatte die Krankheit, wie so viele Menschen, die sich als unersetzlich empfinden, schlichtweg verschleppt. Die Konsequenz war dramatisch: Er landete auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Viren hatten eine Verkalkung seiner Herzklappe verursacht, eine schwerwiegende Komplikation, die eine dringende Operation notwendig machte. Der Schock in der Familie Rier und bei den Fans war immens. Es war ein lauter, unmissverständlicher Weckruf des Körpers an den Geist, die eigenen Grenzen zu respektieren. Rier überstand die Operation, doch die Narbe auf seinem Herzen symbolisiert seitdem die Gefahr, die mit seinem unaufhörlichen Engagement einhergeht.

Trotz dieser einschneidenden Erfahrung scheint der Drang, immer weiterzumachen, tiefer verwurzelt zu sein. Die jüngsten Meldungen über seine Gesundheit lassen die Sorge erneut hochkochen. Dieses Mal war es eine Sommergrippe, die nicht richtig auskuriert wurde. Für einen Mann, der bereits eine Herz-OP hinter sich hat, ist die Fahrlässigkeit, einen Infekt nicht ernst zu nehmen, ein beunruhigendes Muster. Es zeigt, wie schwer es ihm fällt, den Fuß vom Gas zu nehmen, selbst wenn sein Körper lautstark nach einer Pause verlangt.

Die Realität, so Rier, ist ernüchternd und betrifft die alltäglichen Belastungen des Alterns und der ständigen Reiserei. „Gesundheitlich läuft nicht mehr alles wie früher. Es tut überall ein bisschen weh“, gibt er gegenüber dem Magazin Die neue Frau zu Protokoll. Die langen Fahrten zu den Konzerten, die Tausende von Kilometern quer durch die Bundesrepublik und darüber hinaus, sind zermürbend und anstrengend. Er beschreibt, wie er sich gelegentlich überwinden müsse und einfach mehr Konzentration benötige. Dieser mentale Aufwand raubt ihm die Leichtigkeit und die natürliche Lockerheit, die ihn auf der Bühne stets ausgezeichnet hat. Wenn die Leidenschaft zur Pflicht wird und das Überwinden des eigenen Körpers zum täglichen Ritual, dann ist ein Punkt erreicht, an dem die Freude am Beruf ernsthaft bedroht ist.

In diesem ständigen Kampf gegen die körperliche Erschöpfung spielt Riers Familie eine entscheidende Rolle. Seit 1983 ist er mit seiner Frau Isabella (heute 66) verheiratet, die ihm nicht nur eine liebevolle Partnerin, sondern auch eine strenge, aber notwendige Wächterin seiner Gesundheit ist. „Außerdem passt meine Frau Isabella auf mich auf, dass ich mir nicht zu viel zumute“, so Rier. Die vier gemeinsamen Kinder, darunter seine Söhne Alexander (39) und Andreas (29), die ebenfalls singen, und nun auch die Enkelkinder, sind sein emotionales Rückgrat und sein tiefster Grund, vernünftig zu sein und kürzerzutreten.

Diese Verantwortung gegenüber seiner Familie und vor allem gegenüber sich selbst scheint nun endlich Früchte zu tragen. Rier zeigt sich kämpferisch und vernünftig zugleich. Angesichts des dicht gedrängten Terminkalenders für das nächste Jahr hat er eine erste, wichtige Konsequenz gezogen: „Bereits ein Blick auf die vielen Termine im nächsten Jahr verrät mir, dass ich beim Viehbestand kürzer treten muss.“ Er hat bereits begonnen, seinen Pferdebestand zu reduzieren, ein schmerzhafter, aber unumgänglicher Schritt, der das klare Bekenntnis zu seiner primären Gesundheitspflicht darstellt. Diese Entscheidung ist ein Hoffnungsschimmer für alle, die um ihn bangen, und ein Zeichen dafür, dass der Schock von 2017 tief gesessen hat.

Doch die zentrale Frage bleibt die Zukunft der Kastelruther Spatzen. Die Band, die Mitte Oktober ihr 38. Kastelruther Spatzenfest feierte – ein jährliches Treffen, das die tiefe Bindung zwischen Musikern und Fans zementiert –, ist mehr als eine Gruppe; sie ist ein Stück gelebte Volkskultur. Wie lange werden die Schlager-Stars noch auf der Bühne stehen?

Norbert Rier spricht offen über den unvermeidlichen Moment des Abschieds, und seine Worte sind von einer tiefen Melancholie durchzogen. Ein Abschied der Spatzen sei ein „wirklicher Abschied“, betont er. Und mit der Ehrlichkeit, die ihn auszeichnet, fügt er hinzu, dass ihm dieser Tag unendlich schwer fallen werde. Ohne Zurück. Die Bühne ist seine zweite Heimat, und die Musik ist ein Teil seiner Identität, den er nur mit größtem Schmerz abstreifen könnte.

Die Kastelruther Spatzen haben der Volksmusik ihren Stempel aufgedrückt, ein Vermächtnis aus Gold und Melodien hinterlassen. Doch ihr Frontmann Norbert Rier steht an einem kritischen Scheideweg. Die Botschaft ist klar: Er muss wählen, ob er weiterhin das Tempo eines 40-Jährigen beibehalten oder die Warnungen seines Herzens ernst nehmen will. Seine Entscheidung, die landwirtschaftliche Belastung zu reduzieren, ist ein wichtiger erster Schritt. Doch die Schlagerwelt wird genau beobachten, ob dieser Schritt ausreicht, um die Legende auf Kurs zu halten. Denn ohne das Herz der Spatzen, das Herz von Norbert Rier, wäre der Volksmusik ein unersetzlicher Teil ihrer Geschichte verloren. Die Fans halten den Atem an und senden ihrem tapferen Titanen alle Kraft, in der Hoffnung, ihn noch viele Jahre auf der Bühne und gesund in seiner Südtiroler Heimat zu sehen. Sein Kampf ist ein Spiegelbild der modernen Gesellschaft, in der die Grenzen zwischen Pflicht, Leidenschaft und Selbstfürsorge oft auf tragische Weise verschwimmen.

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