Hollywood, die Traumfabrik, hat unzählige Liebesgeschichten geschrieben, doch keine ist so glanzvoll, so tragisch und so voller ungelöster Geheimnisse wie die von Natalie Wood und Robert Wagner. Sie waren das goldene Paar der Leinwand, der Inbegriff jugendlicher Eleganz und Verliebtheit. Doch ihr Märchen endete in den dunklen, kalten Gewässern vor Catalina Island im Jahr 1981 – ein Tod, der offiziell als Unfall abgetan wurde, aber dessen Schatten bis heute auf Robert Wagner liegt, der nun, Jahrzehnte später, offiziell eine „Person von Interesse“ in einem der düstersten ungelösten Fälle der Filmgeschichte ist. Die Wahrheit über jene verhängnisvolle Nacht ist ein Netz aus Eifersucht, Alkohol, Vertuschung und dem schmerzhaften Schweigen eines Mannes, der vielleicht mehr weiß, als er jemals zugeben wird.

Ein Traum beginnt und die ersten Risse
Ihre Geschichte begann, wie ein Filmskript es nicht besser hätte schreiben können. Natalie Wood, gerade einmal zehn Jahre alt und bereits ein Kinderstar, sah Robert Wagner, einen aufstrebenden, achtzehnjährigen Schauspieler, auf dem Studiogelände. Mit kindlicher, unerschütterlicher Überzeugung flüsterte sie ihrer Mutter zu: „Ich werde ihn heiraten.“ Acht Jahre später erfüllte sich diese Prophezeiung. Im Jahr 1957, sie 19 und er 27, traten sie in Scottsdale, Arizona, vor den Traualtar. Ihre Hochzeitsfotos zierten die Titelseiten, sie waren ein Symbol für den Glanz der Nachkriegszeit, umschwärmt und beneidet.
Doch hinter der Fassade der Beverly-Hills-Villa und den glamourösen Partys begann der Traum schnell zu bröckeln. Natalies Karriere stieg unaufhaltsam, ihre Star-Power überstrahlte die Wagners, was zu wachsender Unsicherheit und Eifersucht bei ihm führte. Der offizielle Scheidungsgrund von 1962 lautete „Unvereinbarkeit“, doch was die Ehe wirklich zerstörte, war weitaus schockierender und tiefer. Insidergerüchte, später von ihrer Schwester Lana Wood und Vertrauten bestätigt, erzählten von einem Vorfall im Jahr 1961, der Natalie zutiefst erschütterte. Sie soll ihren Mann in einer kompromittierenden Situation mit dem englischen Butler David Cavendish vorgefunden haben. In einer Gesellschaft, in der Bisexualität Karrieren und gesellschaftliche Reputation sofort zerstörte, war der Schock nicht nur persönlich, sondern existentiell. Natalie floh blutend aus dem Haus – verletzt von Glasscherben eines zerbrochenen Kristallglases. In jener Nacht versuchte sie, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Der Vorfall wurde vertuscht, die Ehe endete, die seelischen Narben blieben.
Die trügerische Wiedervereinigung
Das Schicksal jedoch hatte andere Pläne. Zehn Jahre nach ihrer Aufsehen erregenden Scheidung, beide mit gescheiterten Ehen und eigenen Kindern, fanden Natalie und Robert Wagner 1972 wieder zueinander. Es war keine stürmische Romanze, sondern eine gereifte, zweite Chance, die Hollywood mit Erstaunen verfolgte. Sie heirateten erneut – diesmal intimer, an Bord ihrer Yacht Ramblin’ Rose. Sie schufen eine liebevolle Patchwork-Familie mit Natalies Tochter Natascha und Wagners Tochter Katie, bevor ihre gemeinsame Tochter Courtney 1974 geboren wurde. Nach außen hin schien es das perfekte Happy End zu sein, ein Zeichen dafür, dass wahre Liebe alle Hindernisse überwindet.
Doch die tief verwurzelten Spannungen ihrer ersten Ehe waren nicht verschwunden. Wagners Eifersucht hatte sich nicht gelegt, sondern sich zu einer gefährlichen Besitzgier entwickelt. Als Natalie 1981 die Rolle in dem Film Brainstorm an der Seite des charismatischen, jüngeren Christopher Walken annahm, kehrten die alten Muster mit voller Wucht zurück. Walken, auf dem Höhepunkt seines Ruhms, verkörperte jene unkonventionelle Kreativität, die Natalie bewunderte. Die Chemie am Set war spürbar. Wagner sah in dieser Nähe eine Bedrohung seiner häuslichen Sicherheit und seiner eigenen verblassenden Karriere.
Das Wasser und die tiefste Angst
Das Bühnenbild für das Verhängnis war die Luxusyacht Splendor vor Anker vor der Küste von Catalina Island. Das Thanksgiving-Wochenende 1981 sollte ein Kurzurlaub sein, doch es wurde zur Kulisse eines Albtraums. Neben Natalie, Wagner und Walken war nur noch der Kapitän der Yacht, Dennis Davern, an Bord. Den ganzen Tag über wurde getrunken – Champagner, Wein, Scotch. Die anfängliche lockere Stimmung verwandelte sich in eisige Spannung.
Besonders grausam an dieser Nacht war die Tatsache, dass Natalie Wood eine lebenslange, panische Angst vor tiefem Wasser hatte. Sie konnte nicht schwimmen. Freunde, Angehörige, und selbst Wagner, hatten immer wieder betont, dass Natalie niemals freiwillig ins Wasser gegangen wäre – schon gar nicht mitten in der Nacht, in ihrem Nachthemd und ohne Make-up. Es war eine Furcht, die bis in ihre Kindheit zurückreichte, eine Phobie, die jeder in ihrem engsten Kreis kannte. Dass sie auf jener Yacht war, umgeben von ihrem größten Schrecken, zeugt von ihrem Wunsch nach Frieden und Stabilität für ihre Familie.

Die Nacht des zerschmetterten Glases und der Schreie
Die Spannungen eskalierten nach dem Abendessen, zurück an Bord der Splendor. Walken und Natalie sprachen über ihre Arbeit, über ihre Unabhängigkeit und ein mögliches Comeback. Wagner schwieg, kochte innerlich, seine Eifersucht wurde unerträglich. Dann kam der plötzliche Ausbruch. Kapitän Davern erinnerte sich später, wie Wagner außer sich vor Wut eine Weinflasche auf dem Couchtisch zerschmetterte und Walken aggressiv zur Rede stellte: „Was willst du tun, meine Frau vögeln?“
Walken zog sich in seine Kabine zurück. Natalie stürmte in ihre. Wagner und Davern blieben zurück und räumten schweigend die Glasscherben auf. Irgendwann nach Mitternacht war Natalie verschwunden. Das kleine Beiboot, ironischerweise Prince Valiant genannt, fehlte. Natalies Leiche wurde am nächsten Morgen, gegen 8 Uhr, treibend im Wasser gefunden.
Die Autopsie vertiefte das Rätsel. Neben einem Blutalkoholwert von 0,14 Prozent – verstärkt durch Reisekrankheit- und Schmerzmittel – wiesen die Gerichtsmediziner blaue Flecken und Schirfwunden an Armen, Handgelenken, Beinen und im Gesicht auf. Verletzungen, die mit einem simplen Ausrutschen, wie Wagner behauptete, kaum zu vereinbaren waren. Forensische Experten vermuteten später, Natalie sei bewusstlos oder bereits verletzt ins Wasser geraten.
Daverns Geständnis und Wagners kaltes Kalkül
Jahrzehntelang hielt Robert Wagner an seiner Version des Unfalls fest, während die Öffentlichkeit flüsterte. Doch drei Jahrzehnte später brach Dennis Davern, der Mann, der in jener Nacht als Einziger neben Wagner wach war, sein Schweigen. Von Schuld geplagt, gestand er in einem Interview, dass er damals gelogen habe, um Wagner zu schützen.
Daverns neue Geschichte war explosiv. Er behauptete, der letzte und heftigste Streit sei zwischen Natalie und Wagner selbst gewesen – eine körperliche Auseinandersetzung, auf die Schläge gegen Möbel und Schreie folgten. Das Schockierendste: Als Davern vorschlug, die Suchscheinwerfer einzuschalten und Hilfe zu rufen, soll Wagner kalt und wütend geantwortet haben: „Nein, das wird ihr eine Lektion sein.“ Wagner soll die Suche über eine Stunde hinausgezögert haben. Zur gleichen Zeit, um Mitternacht, hörten zwei Zeugen auf einem nahegelegenen Boot die Schreie einer Frau, die um Hilfe rief – Rufe, die abrupt verstummten.
Diese Enthüllungen waren der entscheidende Anstoß: Im November 2011 rollte das Sheriffs Department des Los Angeles County den Fall offiziell wieder auf. Die Autopsie wurde neu bewertet, und 2012 änderte der Gerichtsmediziner die Todesursache auf „Ertrinken und andere unbestimmte Faktoren“.
Die „Person von Interesse“ und das Schweigen
Der Fall kulminierte 2018 in der schockierendsten Wendung: Robert Wagner wurde offiziell als „Person von Interesse“ eingestuft. Die Ermittler erklärten öffentlich, Wagner sei die letzte Person gewesen, die Natalie Wood lebend gesehen habe, und seine Darstellung der Ereignisse stimme nicht mit den Aussagen anderer Zeugen überein – eine Geschichte, die sich über die Jahre verändert habe. Lieutenant John Corina vom Sheriff’s Department fasste die Position der Behörde unmissverständlich zusammen: „Wir sagen nicht, dass er sie getötet hat. Wir sagen, er war dabei, und wir glauben, er weiß, wie sie ins Wasser gelangte. Und wir wollen, dass er es uns sagt.“
Wagner lehnte seither jede erneute Befragung ab. Seine Memoiren von 2008 versuchten, den Streit in jener Nacht auf Natalies Karriere zu reduzieren – eine Behauptung, die sowohl Davern als auch seine eigenen früheren Aussagen widerlegen. Natalie Wood’s Schwester, Lana Wood, richtete 2021 in ihrem Buch Little Sister den Finger direkt auf ihren ehemaligen Schwager. „Ich glaube, RJ [Robert Wagner] hat sie geschlagen“, schrieb sie. „Ich glaube, er geriet in Panik. Ich glaube, er brachte sie ins Wasser. Alles danach war Vertuschung.“

Die Loyalität der Tochter und der Rückzug
Während Lana Wood öffentlich kämpft, steht Natalies Tochter Natascha Gregson Wagner fest an der Seite ihres Stiefvaters Robert Wagner. Natascha wuchs bei dem Mann auf, den sie „Daddy Wagner“ nennt, und ihre Loyalität ist unerschütterlich. In ihrer HBO-Dokumentation Natalie Wood: What Remains Behind konfrontierte sie Wagner mit den Spekulationen und schloss emotional: „Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber ich kenne den Mann, mit dem ich aufgewachsen bin, und er hätte meiner Mutter niemals etwas angetan.“ Diese gespaltene Familienfront zwischen der Schwester, die Rache sucht, und der Tochter, die den Frieden im Andenken an ihre Mutter finden will, macht die Tragödie noch komplizierter und schmerzhafter.
Robert Wagner, heute über 90 Jahre alt, hat sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Die einst so herzliche und elegante Hollywood-Ikone lebt in stiller Abgeschiedenheit, ein Schatten seiner selbst, wie Freunde berichten, zerbrochen von den Erinnerungen. Sein Schweigen über jene Nacht ist das Lauteste in Hollywood. Für die Ermittler und die Familie von Natalie Wood ist dieses Schweigen jedoch nicht die Ruhe eines trauernden Mannes, sondern die bewusste Verweigerung von Antworten.
Der Fall Natalie Wood ist im Jahr 2025 weiterhin offen. Das Rätsel der Splendor bleibt eines der dunkelsten ungelösten Kapitel der Traumfabrik. Es ist eine Geschichte über das zerstörerische Potenzial von Eifersucht, über die Macht des Schweigens und über das Vermächtnis einer Frau, deren Leben zwischen Liebe, Filmglanz und einem tragischen, nie ganz geklärten Tod schwebte. Die Frage, was wirklich in jener Nacht geschah, wird vielleicht nie abschließend beantwortet werden, doch solange Robert Wagner schweigt, bleibt der Schatten des Verdachts ein Teil seiner Lebensgeschichte.