er Deutsche Fernsehpreis ist traditionell eine Bühne für Glamour, Auszeichnungen und bisweilen auch für die eine oder andere kleine, pikante Anekdote. Doch was sich jüngst abspielte, geht weit über eine harmlose Plauderei hinaus: Es ist ein handfester, öffentlich ausgetragener Streit zweier deutscher Fernseh-Titaninnen, der die Debatte um Stil, Altersdiskriminierung und die Authentizität deutscher Medien auf eine neue, hochexplosive Ebene hebt. Die Protagonistinnen dieses unerwarteten Schlagabtauschs: die gefeierte Talkshow-Gastgeberin und Sängerin Ina Müller und die Entertainerin par excellence, Barbara Schöneberger. Der Ort des Geschehens: Schönebergers eigener Podcast, „Mit den Waffeln einer Frau“. Das Thema: Ein einziges, scheinbar harmloses, aber in seiner Wirkung zutiefst polarisierendes Kleidungsstück – das Abendkleid.
Was als lockeres Gespräch begann, entwickelte sich binnen Minuten zu einer emotionalen Auseinandersetzung, in deren Zentrum eine überraschende Offenbarung stand. Ina Müller, die mit ihrer Late-Night-Show „Inas Nacht“ erst vor Kurzem zum dritten Mal den Deutschen Fernsehpreis gewann, berichtete von der Einladung zur Veranstaltung in Köln. Der Knackpunkt: die dezidierte Forderung, Frauen hätten im Abendkleid zu erscheinen. Bevor Müller ihren Unmut überhaupt vollständig formulieren konnte, platze die Bombe: Barbara Schöneberger unterbrach ihre Gästin und bekannte sich unverblümt als Urheberin dieser Regelung. „Das habe ich veranlasst, kannst du dich bei mir bedanken“, sagte Schöneberger, eine Aussage, die als Startschuss für einen verbalen Flächenbrand gelten muss.
Die Reaktion von Ina Müller war nicht einfach Unmut, es war eine regelrechte Eruption. Die norddeutsche Sängerin und Moderatorin, bekannt für ihre ehrliche, ungeschminkte Art, hielt nicht hinterm Berg und feuerte die wohl härteste Breitseite des gesamten Gesprächs ab, die den Glamour-Fassade endgültig zum Einsturz brachte: „Hast du sie eigentlich noch alle?“, polterte Müller in Richtung ihrer Gastgeberin.
Dieser Ausruf war nicht nur eine rhetorische Spitze, er war die Quintessenz eines tief sitzenden Frustes, der weit über die persönliche Kleiderwahl hinausgeht. Müller bezog Stellung gegen den Zwang zur altmodischen Konvention und lieferte eine Begründung, die in ihrer Direktheit entwaffnend ist und sofort eine enorme Resonanz in der Öffentlichkeit finden dürfte: „Mein Körper möchte das nicht“, verteidigte sie sich vehement. Für Müller ist die Forderung nach dem Abendkleid nicht nur unpraktisch, sondern eine Rückkehr zu längst überholten Zeiten, ein Akt der erzwungenen Unterwerfung unter ein Schönheitsideal, das mit der Lebensrealität vieler Frauen nichts mehr zu tun hat. Die 60-Jährige äußerte sich verärgert: „Wer will denn heute noch ein Abendkleid anziehen?“
Die Antwort von Barbara Schöneberger ließ den Konflikt weiter eskalieren. Anstatt Verständnis zu zeigen, griff die Moderatorin zu einem Argument, das als gezielter Tiefschlag interpretiert werden kann: „Aber das willst du ja nur nicht, weil du 60 bist“, konterte sie mit einem impliziten Verweis auf das Alter ihrer Kollegin. Dieser Seitenhieb auf das Alter einer Frau, die gerade einen wichtigen Preis für ihre Arbeit erhalten hat, ist besonders brisant und beleuchtet auf erschreckende Weise den unterschwelligen Druck, dem Künstlerinnen jenseits der 50 in der deutschen Medienlandschaft ausgesetzt sind.
Müller reagierte darauf mit unverminderter Lautstärke und bekräftigte ihre Haltung: „Mein Körper möchte das nicht“, donnerte sie weiter. Doch Schöneberger blieb hartnäckig bei ihrer Sichtweise und versuchte, Müllers Befindlichkeiten als „Einzelschicksal“ abzutun. „Da sind ja auch ganz viele, die es unbedingt wollen“, konterte sie. Doch Müller ließ diesen Generalangriff auf die individuelle Freiheit nicht durchgehen.
Die Diskussion drehte sich schnell von der reinen Geschmacksfrage hin zu einem prinzipiellen Statement über die Ausrichtung des deutschen Fernsehpreises. „Ich fand das so altmodisch“, resümierte Ina Müller. Sie betonte, dass der Fernsehpreis, der sich als divers und inklusiv versteht und „alles abbilden soll“, mit einem so strikten, traditionellen Dresscode einen Rückschritt macht.
Darüber hinaus fügte Müller einen zutiefst menschlichen, praktischen Aspekt hinzu, der in der Glamourwelt oft vergessen wird: Sie hätte fünf Stunden im Abendkleid mit dem Zug nach Köln fahren müssen. Dieser Umstand untermauert eindrücklich die Diskrepanz zwischen dem hollywoodreifen Wunschbild mancher Veranstalter und der bodenständigen Realität der Preisträger. Die Vermutung Schönebergers, das Abendkleid könnte der Auslöser für Müllers kurzfristige krankheitsbedingte Absage gewesen sein, verneinte Müller zwar. Doch sie legte offen, dass sie ohnehin einen Akt der stillen Rebellion geplant hatte: „Ehrlich gesagt hatte ich eine Lederjacke und eine geile Hose dabei. Ich hätte das nicht mitgemacht“. Dies ist das Bild der modernen Frau, die sich nicht von Konventionen diktieren lässt und die Macht der Authentizität über den Zwang des Glamours stellt.
Barbara Schöneberger begründete ihre Initiative schließlich mit der Notwendigkeit, einen gewissen visuellen Standard zu sichern. Der Dresscode des Vorjahres, „Casual Chic“, habe dazu geführt, dass das Studio ausgesehen habe, als wäre das Publikum „vom Fernseygarten gefilmt worden“. Dieser Vergleich ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten: Schöneberger sieht das Abendkleid als notwendiges Bollwerk gegen die ästhetische Verflachung und als Garant für den Glanz, den eine solche Veranstaltung ausstrahlen soll.
Doch für Ina Müller ist dieser Glamour-Zwang nichts anderes als eine verkrampfte Amerikanisierung, die dem deutschen Fernsehen nicht steht. „Ich finde, es geht. Wir waren nie Amerika und wir werden auch mit sowas nie Amerika“, hielt Müller fest und zog damit eine klare Linie zwischen heimischer Echtheit und importierter Hollywood-Attitüde.
Die Fronten bleiben verhärtet. Einig werden sich die beiden TV-Größen in dieser Frage wohl nie, was diesen Disput zu einem perfekten Abbild des zeitgenössischen Spannungsfeldes zwischen Tradition und Moderne, zwischen erzwungenem Prunk und gelebter Authentizität macht. Der Streit zwischen Müller und Schöneberger ist weit mehr als nur ein Zoff um Stoff und Stil. Er ist eine stellvertretende Debatte über die Frage, wie sich das deutsche Fernsehen in der post-modernen Ära präsentieren will: als glanzvoller Abklatsch internationaler Vorbilder oder als vielfältige, ehrliche und vor allem bequeme Heimat für alle Talente. Dass eine Gewinnerin des Deutschen Fernsehpreises lieber in einer Lederjacke erscheint, spricht Bände über die Notwendigkeit, die alten Kleiderzwänge endlich abzulegen. Es wird sich zeigen, welche Seite der öffentlichen Meinung in dieser hochexplosiven Frage mehr Gewicht beimisst – die des Glamours oder die der puren, befreienden Müller’schen Wahrheit. Die Diskussion auf Social Media ist jedenfalls eröffnet.