Markus Lanz, bekannt als der scharfsinnige und oft unerbittliche Interviewer des deutschen Fernsehens, hat in der jüngsten Folge seines erfolgreichen Podcasts „Lanz und Precht“ die Öffentlichkeit mit einer tief persönlichen und erschreckend ehrlichen Beichte überrascht. Mitten in einer intellektuellen Diskussion über die steigende Zahl psychischer Erkrankungen und die Resilienz der modernen Gesellschaft drehte der Moderator den Scheinwerfer plötzlich auf sich selbst. Er enthüllte eine „finstere Zeit“ in seinem eigenen Leben, in der er unter schweren Panikattacken litt und sich gefühlt habe, „wie ein Zombie“. Diese schonungslose Offenbarung eines der bekanntesten Gesichter des ZDF verleiht der Debatte über mentale Gesundheit eine neue, zutiefst menschliche und dringliche Dimension.
Die Ausgangslage für das Gespräch mit dem Philosophen Richard David Precht war bereits alarmierend: Statistiken zeigen, dass die Zahl der Menschen, die sich aufgrund psychischer Erkrankungen krankmelden, signifikant angestiegen ist. Eine Entwicklung, die in einer vermeintlich fortschrittlichen und wohlhabenden Gesellschaft Fragen aufwirft, die weit über reine Diagnosen hinausgehen.

Die Krise der Widerstandsfähigkeit: „Wir sind weniger resilient“
Für Markus Lanz ist die Interpretation dieser Zahlen eindeutig und drastisch: „Wir sind weniger resilient“, schlussfolgert er überzeugt. Die Gesellschaft, insbesondere die junge Generation, zeige eine verminderte Fähigkeit, mit Druck, Rückschlägen und den unvermeidlichen Härten des Lebens umzugehen. Diese These trifft einen Nerv, der in vielen modernen Debatten mitschwingt – die Sorge um eine „Generation Glas“, die schneller zerbricht, wenn sie mit dem vollen Gewicht des Erwachsenenlebens konfrontiert wird.
Richard David Precht, bekannt für seine differenzierten philosophischen Perspektiven, stimmte der Beobachtung Lanz‘ zu, ergänzte jedoch eine entscheidende historische Komponente. Er verwies auf eine „Umdefinition“ dessen, was überhaupt als Krankheit gilt. In den vergangenen Jahrzehnten sei eine enorme Zahl neuer Krankheitsbilder entdeckt und definiert worden.
Diese medizinische Evolution hat einen doppelten Effekt: Einerseits ermöglicht sie eine präzisere Diagnose und damit eine gezieltere Hilfe für Menschen, die tatsächlich leiden. Andererseits, so Precht, kann die Existenz eines klar definierten Leidens dazu führen, dass Menschen, die „ziemlich mies drauf“ sind, sich mit einer Diagnose versehen und darin eine Berechtigung finden, sich zurückzuziehen. „Ich habe also das und dann denkt man okay, jetzt habe ich auch eine Berechtigung, muss ich nicht zur Arbeit gehen, ich habe ja die und die Erkrankung“, beschreibt Precht zynisch die Gefahr der Selbststigmatisierung und der Entschuldigung der eigenen Weichheit.
Der Philosoph sieht in dieser Entwicklung auch eine Folge veränderter Erziehungsstile. Er stellte klar, dass er nicht in eine romantisierende „Früher war alles besser“-Haltung verfallen wolle. Dennoch bemerkt er, dass junge Menschen heute schneller unter Druck zusammenbrechen als früher. Precht diagnostiziert eine übermäßige Fürsorglichkeit der Eltern, die ihre Kinder von jeglichem Stress fernhielten. Die Folge: Der gesamte Stress des Lebens kommt „auf einmal, wenn es voll ins Leben geht“. Der Mangel an frühzeitiger, dosierter Exposition gegenüber Herausforderungen führe zu einer erschreckenden Unvorbereitetheit und Fragilität.
Die Schock-Beichte: Eine Zeit, in die er nie wieder zurück will
Die Diskussion um abstrakte Diagnosen und gesellschaftliche Tendenzen erreichte ihren emotionalen Siedepunkt, als Markus Lanz plötzlich abseits des Manuskripts agierte und die Debatte zur persönlichen Therapie machte. Er sprach über das Gefühl, im Alltag überfordert zu sein – ein Gefühl, das oft unter dem unscharfen Begriff Burnout zusammengefasst wird. Und dann kam die erschütternde Beichte, die den Zuhörern den Atem verschlug.
„Das war eine finstere Zeit in meinem Leben“, erinnert sich Lanz an die Phase, als er ein junger Erwachsener war. Er beschreibt, wie er damals „richtig in die Knie gegangen“ sei und unter einer Fülle schwerer Panikattacken gelitten habe. Das Bild, das er wählt, um seinen Zustand zu beschreiben, ist markerschütternd: „Ich weiß noch, ich habe mich damals gefühlt wie ein Zombie, das war wirklich grauenvoll“.
Der ZDF-Moderator, der sonst mit einer Aura der Kontrolle und Eloquenz auftritt, legte hier eine Verletzlichkeit offen, die beispiellos war. Die Panikattacken entzogen ihm jegliche Kontrolle über seinen Körper und seinen Geist. Es war ein Zustand des grauen Horrors, aus dem er sich verzweifelt befreien wollte. Seine klare Aussage: „Das ist eine Zeit, in die ich nie wieder reinkommen möchte“, unterstreicht die tiefe seelische Narbe, die diese Episode hinterlassen hat.
Er wünschte sich rückblickend, dass es in dieser Phase seiner Karriere bereits eine größere Sensibilität und ein offeneres Gespräch über solche Themen gegeben hätte. Dies betont die Isolation, in der sich Menschen mit psychischen Krisen oft gefangen sehen, insbesondere wenn das öffentliche Bewusstsein und die Akzeptanz fehlen. In einer Zeit, in der psychisches Leiden noch weitgehend tabuisiert war, musste Lanz seine Kämpfe im Verborgenen austragen, während er gleichzeitig den Anforderungen seiner aufstrebenden Karriere gerecht werden musste.

Die Flucht nach vorn: Das Misstrauen gegenüber dem eigenen Körper
Die Verzweiflung trieb Lanz in eine quälende Spirale der Angst. Obwohl er sich äußerlich zum Weiterarbeiten zwang – eine gängige, aber oft destruktive Bewältigungsstrategie – spielte sich in seinem Inneren ein dramatisches Szenario ab. Die Panik manifestierte sich körperlich und mündete in eine tiefe Angst vor dem Tod: „Ich hatte damals die Idee im Kopf, ich werde irgendwann mit einem Herzinfarkt zusammenbrechen“.
Es war das totale Misstrauen gegenüber dem eigenen Körper, dem vermeintlich gesunden Gefäß des Lebens, das ihn in den Abgrund zog. Wenn der eigene Körper plötzlich zum unberechenbaren Feind wird, verliert man jeglichen Anker. Lanz beschreibt, dass er seinem Körper nicht mehr vertraut habe. Die Symptome der Panikattacken, die Herzrasen und Engegefühle auslösen, wurden in seinem Kopf zu unzweifelhaften Vorboten einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe. Der ständige Alarmzustand zehrte an seiner Substanz und machte das Leben zur Qual.
Der Moment der Heilung: Systematischer Ausdauersport
Die Wendung in dieser finsteren Phase kam überraschend und unspektakulär, aber mit immenser, physischer Kraft: durch systematischen Ausdauersport. Anstatt weiterhin gegen die psychischen Dämonen in seinem Kopf anzukämpfen, suchte Lanz die Antwort in der physischen Anstrengung. Er begann, zu laufen, seinen Körper bis an die Grenze zu bringen, ihm die absolute Leistungsfähigkeit abzuringen.
Lanz erinnert sich an den Tag des Durchbruchs wie an einen Moment der Erleuchtung: „Ich erinnere mich ganz genau noch an den Tag, an dem ich irgendwann wieder eine sehr gute Runde gelaufen bin und dachte, okay, wenn dein Körper das kann in der Zeit, dann kann das mit dem bevorstehenden Herzinfarkt so schlimm wahrscheinlich gar nicht sein“.
Dieser Moment war nicht nur ein körperliches, sondern vor allem ein zutiefst psychologisches Ereignis. Durch die bewiesene körperliche Leistungsfähigkeit des Ausdauersports widerlegte er die irrwitzige Todesangst seines Geistes. Die physische Wahrheit des Körpers – Er ist stark, er kann laufen, er kann atmen – triumphierte über die psychische Lüge der Angst – Er ist kurz vor dem Kollaps. Es war der Moment der „Genesung und der Heilung“, ein „großartiger Moment in meinem Leben“, wie er es nennt.
Markus Lanz’ Geschichte ist somit nicht nur eine erschütternde Anekdote, sondern ein Plädoyer für Selbstwirksamkeit und das Vertrauen in die eigenen, ungenutzten Ressourcen. Seine abschließende Botschaft ist ein Appell zur Eigenverantwortung und zur Aktivierung der inneren Stärke: „Du musst anfangen deine eigenen starken Kräfte, die du in dir hast, wirklich zu sehen und zu aktivieren“.
In einer Zeit, in der die mentale Gesundheit zunehmend zur Volkskrankheit wird, liefert die persönliche Offenbarung von Markus Lanz einen unverzichtbaren Beitrag zur Enttabuisierung und zur Hoffnung. Sie zeigt, dass selbst jene, die in der Öffentlichkeit als unverwundbar gelten, tiefe Krisen durchleben und überwinden können. Vor allem aber gibt sie den Millionen Betroffenen einen klaren, wenn auch anstrengenden Wegweiser: Die Heilung beginnt oft dort, wo man sie am wenigsten vermutet – in der bewussten Konfrontation und der Wiederentdeckung der eigenen, inneren Kraft.