Berlin, die glitzernde Hauptstadt der Bundesrepublik, ist gewohnt, Schauplatz großer Ereignisse und noch größerer Emotionen zu sein. Doch nur selten entfaltet sich auf dem roten Teppich eine Diskussion von solcher emotionaler Wucht und gesellschaftlicher Relevanz, wie es in diesem Jahr beim „Women of the Year Award“ der Zeitschrift Glamour der Fall war. Im prunkvollen Berliner Hotel Ritz Carlton versammelte sich die Elite aus Mode, Kultur und Zeitgeschehen, um das Motto des Abends zu zelebrieren: Sisterhood. Mitten in diesem Wirbel der weiblichen Verbundenheit stand eine Frau, die seit Jahrzehnten die Definition eines „Global Icon“ prägt: Heidi Klum.
Die 52-jährige Supermodel-Ikone, Unternehmerin und Fernsehpersönlichkeit wurde für ihre jahrzehntelange internationale Präsenz und ihren anhaltenden Einfluss mit dem Titel Global Icon geehrt – eine Auszeichnung, die sie sichtlich berührte. Doch Heidi Klum ist keine Frau, die sich mit bloßen Ehrungen zufriedengibt. Als sie die Bühne betrat, flankiert von ihrer ältesten Tochter Leni Klum, die ebenfalls das Rampenlicht nicht scheut, war klar, dass diese Auszeichnung mehr als nur ein dekoratives Andenken werden sollte. Klum nutzte ihre Rede und die anschließenden Interviews nicht für eine obligatorische Danksagung, sondern für eine glasklare, unmissverständliche und schonungslose Abrechnung mit den Geschlechter-Klischees, die ihrer Meinung nach in der Gesellschaft des Jahres 2025 noch immer eine erschreckende Dominanz besitzen.

Der Zündfunke: Autofahren und die Illusion der Überlegenheit
Die Frage einer Journalistin, welches Vorurteil sie persönlich am meisten störe, wirkte wie ein Zündfunke, der in Klum ein emotionales Feuer entfachte. Ihre Antwort war so direkt wie unerwartet und traf einen Nerv, der tief in der kollektiven Psyche verwurzelt ist. Laut Klum ist es das abgedroschene, aber hartnäckige Klischee, „dass wir nicht Autofahren können“.
Was auf den ersten Blick wie eine banale Anekdote aus dem Alltag erscheint, entpuppte sich in Klums Rhetorik als Symptom eines viel tiefer liegenden gesellschaftlichen Problems. Sie formulierte ihre Beobachtung mit einer Schärfe, die sofort für Aufsehen sorgte und die Blicke aller Anwesenden auf sich zog: „Die Männer denken ja immer noch sie wären schlauer als wir“. Dieser Satz ist nicht nur eine Stichelei gegen das männliche Geschlecht; er ist eine fundamentale Infragestellung der patriarchalisch geprägten Annahme, Männer seien von Natur aus rationaler, kompetenter oder intellektuell überlegen.
In einer Welt, in der Frauen längst in Führungspositionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik angekommen sind, in der sie komplexe Operationen durchführen, Unternehmen leiten und Raketen ins All schießen, hält sich das Relikt der männlichen Allwissenheit hartnäckig. Heidi Klum, die selbst ein globales Imperium aufgebaut hat, das auf ihrer eigenen Intelligenz, ihrem Geschäftssinn und ihrer Multitasking-Fähigkeit beruht, empfindet diese Haltung als anachronistisch und zutiefst beleidigend. Ihre Kritik am „Autofahrer-Klischee“ symbolisiert dabei die täglichen, subtilen Abwertungen, die Frauen in allen Lebensbereichen erfahren – ein alltäglicher Mikrokampf gegen das Vorurteil.
Leni Klums vermittelnde Generation
Ein faszinierender Kontrast zu Klums feuriger Attacke bildete die Reaktion ihrer Tochter, Leni Klum. Die junge Frau, die selbst eine bemerkenswerte Karriere als Model und Influencerin begonnen hat, präsentierte sich als Stimme einer neuen Generation, die den Geschlechterkampf nicht mehr in binären Oppositionen führen möchte.
Während Heidi die alten Fronten aufbrach, plädierte Leni für eine universellere, integrativere Sichtweise: „ich finde jeder sollte einfach er selbst sein“. Diese diplomatische Zurückhaltung, die später mit dem Satz „ich glaube jeder kann von jedem lernen“ bekräftigt wurde, spricht Bände über den Generationenwechsel. Wo die Mutter noch kämpfen muss, um die Mauer der Vorurteile einzureißen, strebt die Tochter bereits den gemeinsamen Neubau an. Leni Klums Haltung entzieht den Klischees die Grundlage, indem sie die individuellen Qualitäten und die Selbstbestimmung über die kollektive Geschlechterzugehörigkeit stellt. Sie erkennt an, dass Kompetenzen und Schwächen nicht durch das Geschlecht definiert werden, sondern durch die persönliche Entwicklung und die Freiheit, man selbst zu sein.

Multitasking und der Ruf nach dem Kochlöffel
Doch Heidi Klum hatte noch nicht fertig mit ihrer Liste der männlichen Lernfelder. Auf die Nachfrage, was Männer denn konkret von Frauen lernen könnten, lieferte sie eine umfassende und pointierte Antwort: „einiges. Die Liste ist so lang, wo fange ich da bloß an“.
Sie nannte zwei Kernkompetenzen, die sie beim weiblichen Geschlecht für besonders ausgeprägt hält und die in der modernen Arbeitswelt sowie im Privatleben unerlässlich sind: Multitasking zum Beispiel. Kochen wäre auch nicht schlecht.
Das Multitasking – die Fähigkeit, komplexe Aufgaben parallel zu managen, oft eine Notwendigkeit für arbeitende Mütter, die Karriere, Haushalt und Kindererziehung unter einen Hut bringen müssen – ist für Klum eine überlebenswichtige weibliche Errungenschaft. Sie impliziert damit, dass die weibliche Fähigkeit zur gleichzeitigen Organisation nicht nur eine private Tugend ist, sondern eine unternehmerische Schlüsselqualifikation, von der Männer massiv profitieren könnten.
Die Forderung nach besseren Kochkünsten des Mannes wiederum ist eine direkte Herausforderung an die traditionelle Rollenverteilung. Kochen, das lange Zeit der Frau zugeschrieben wurde, symbolisiert hier die Verteilung der Care-Arbeit und der häuslichen Verantwortung. Klum untermauerte diese Forderung mit einer sehr persönlichen Anekdote, die sofort für Aufsehen und Schmunzeln sorgte: die Geschichte ihres Ehemanns, Tom Kaulitz.
Tom Kaulitz: Vom Spaghettibrei-Koch zum Vorbild?
Heidi Klum enthüllte, dass ihr heutiger Mann, der Tokio Hotel-Star Tom Kaulitz, bei ihrem Kennenlernen in der Küche eher hilflos gewesen sei: „als sie ihren heutigen Ehemann Tom Paulitz kennengelernt habe, habe er gar nichts kochen können. Vielleicht mal gerade ein Ei oder so. Er konnte dann Spaghetti in der Pfanne machen und dann noch Ketchup drüber“.
Diese humorvolle, aber schonungslose Offenlegung seines ursprünglichen kulinarischen Unvermögens nutzte Klum als Beleg dafür, dass Männer eben nicht von Natur aus unfähig sind, sondern dass ihre Unkenntnis oft eine Folge der tradierten Erwartungshaltung ist, dass die Frau diese Rolle schon übernehmen werde.
Der wichtigste Teil der Anekdote folgte jedoch sogleich: „inzwischen so Klum weiter habe sich das geändert. Das finde ich auch gut, wenn ein Mann sowas kann“. Hier lieferte Heidi Klum nicht nur Kritik, sondern auch Hoffnung und eine Blaupause für eine moderne Beziehung. Die persönliche Weiterentwicklung Tom Kaulitz’ vom Spaghetti-Ketchup-Koch zum fähigeren Ehemann zeigt, dass Rollen flexibel sind und gelernt werden kann – wenn der Wille vorhanden ist. Es ist ein Aufruf an alle Männer, sich aktiv an den häuslichen Aufgaben zu beteiligen und sich von überholten Männlichkeitsbildern zu befreien. Klum belobigte ihren Mann damit implizit für seine Bereitschaft, sich zu verändern und in der Beziehung gleichberechtigte Verantwortung zu übernehmen.

Die Wucht des Global Icons
Heidi Klums Auftritt beim Glamour Women of the Year Award war weit mehr als nur ein Medienspektakel; es war ein Statement von globaler Tragweite. Als „Global Icon“ hat ihre Stimme ein enormes Echo. Ihre Worte werden von Millionen verfolgt, geteilt und diskutiert. Die Kombination aus ihrer hochkarätigen Plattform, dem Fokus auf Sisterhood und ihrer kompromisslosen Art, die Wahrheit auszusprechen, machte diesen Moment zu einem der brisantesten des Jahres 2025.
Sie bewies, dass wahre Ikonen ihren Einfluss nutzen, um gesellschaftliche Debatten anzustoßen und nicht nur, um Kleider zu präsentieren. Klum hat das glamouröse Event in eine Arena für eine längst überfällige Gender-Debatte verwandelt. Ihre Kritik an der männlichen Überlegenheitsannahme und ihr Plädoyer für Multitasking und Kochkompetenz bei Männern ist ein Weckruf. Es fordert alle Geschlechter auf, die veralteten Rollenbilder, die unser Zusammenleben nach wie vor prägen, kritisch zu hinterfragen. Der Spagat zwischen der radikalen Kritik der Mutter und der vermittelnden Haltung der Tochter bildet dabei die ideale Grundlage für eine fruchtbare Diskussion. Die Botschaft des Abends ist klar: Vorurteile und Klischees haben in der modernen, gleichberechtigten Gesellschaft keinen Platz mehr. Heidi Klum hat dafür gesorgt, dass darüber gesprochen wird – auf den roten Teppichen, in den sozialen Medien und hoffentlich auch an den heimischen Herden.