Sie ist eine der schillerndsten und beständigsten Figuren der deutschen Musiklandschaft. Seit über fünf Jahrzehnten steht Marianne Rosenberg auf der Bühne, eine Ikone, die sich vom Schlager-Wunder zur ernstzunehmenden, selbstbestimmten Künstlerin wandelte. Ihre Hits wie „Er gehört zu mir“ oder „Ich bin wie du“ sind längst deutsches Kulturgut. Doch hinter der glamourösen Fassade und der kraftvollen Stimme verbirgt sich eine Lebensgeschichte von tiefer emotionaler Wucht, geprägt von einem Schmerz, der so alt ist wie die deutsche Teilung selbst. Es ist die Geschichte eines kleinen Mädchens, das mit sechs Jahren die grausamste Lektion über Verlust lernen musste – und wie dieses Trauma sie zu der Frau machte, die sie heute ist: eine leidenschaftliche Familienmatriarchin, eine unkonventionelle Liebende und eine überglückliche Großmutter, die ihr Heil im stärksten aller Bande fand.
Um die Marianne Rosenberg von heute zu verstehen – die Frau, die in Interviews von ihrem Glück als „begeisterte Oma“ schwärmt und es als „das Schönste, was es gibt“ bezeichnet – muss man zurückblicken in das Jahr 1961.
Marianne wurde 1955 in Berlin-Lankwitz geboren und wuchs in Britz in einer Künstlerfamilie auf. Sie war das dritte von sieben Geschwistern. Ihr Vater, Otto Rosenberg, war ein Sinto, ein Überlebender des Porajmos, des Völkermords an den Sinti und Roma. Familie war in diesem Haus kein abstraktes Wort, sie war der Anker, der Schutzraum in einer Welt, die für Menschen wie sie oft feindselig war. In diesem eng verbundenen Umfeld gab es eine Person, die für die kleine Marianne die Welt bedeutete: ihre Großmutter Elfriede. Sie lebte in Ost-Berlin, doch die Sektorengrenzen waren durchlässig. Besuche waren häufig, die Bindung war innig, ein Gefühl von unerschütterlicher Geborgenheit.

Dann kam der 13. August 1961. Der Tag, an dem der Beton und der Stacheldraht begannen, die Stadt und Familien brutal zu zerreißen. Für die sechsjährige Marianne war es ein unbegreiflicher, apokalyptischer Einschnitt. „Oma war plötzlich weg“, erinnerte sich die Künstlerin Jahrzehnte später an diesen Schmerz. Von einem Tag auf den anderen war die geliebte Großmutter unerreichbar, eingesperrt hinter einer Mauer, die keine Kindertränen erweichen konnte. Es war ein Trauma, das sich tief in ihre junge Seele brannte. Erst vier Jahre später, unter dem Zwang der politischen Realität, durfte sie ihre Großmutter wiedersehen. Vier Jahre des Wartens, der Verwirrung und des stillen Leids, die ein Kind für immer prägen.
Dieser frühe, abrupte Verlust ist der Schlüssel zum Verständnis von Marianne Rosenbergs gesamten erwachsenen Leben. Es erklärt die fast schon fieberhafte Intensität, mit der sie heute ihre eigene Familie lebt und schützt. Nichts ist ihr wichtiger als Zusammenhalt und Nähe – das genaue Gegenteil von dem, was ihr als Kind widerfuhr.
Ihr privates Glück ist das Fundament, auf dem ihr Leben steht. Seit über drei Jahrzehnten lebt sie in einer festen, aber bewusst unkonventionellen Beziehung mit dem Journalisten und ehemaligen Grünen-Politiker Michael Klöckner. Er ist ihr Partner, ihr Vertrauter, ihr Fels. Und doch gab es nie eine Hochzeit. Für eine Frau, deren größtes Thema die Verbindung ist, mag das widersprüchlich klingen, doch für Rosenberg ist es die logische Konsequenz ihres Lebensweges.
In einem Interview mit der „Bunte“ brachte sie es auf den Punkt: „Eine Ehe hat auch viele Nachteile für eine freie Seele wie mich.“ Es ist der Geist einer Frau, die sich nie wieder von äußeren Konventionen oder Verträgen fesseln lassen will. „Ich mag keinen Ehering tragen oder mich gebunden fühlen“, erklärte sie. Ihre Liebe, so Rosenberg, brauche „keine Legitimation“. Sie hält, weil die Menschen es wollen, nicht, weil ein Dokument es vorschreibt. Augenzwinkernd spielte sie dabei auf ihren eigenen Welthit an: „Die Menschen glauben mit so einem Ring, dass der andere ihnen gehört. Und das sagt eine Sängerin, die gesungen hat: Er gehört zu mir.“

Diese selbstbestimmte Freiheit ist die Lektion, die sie aus der Unfreiheit ihrer Kindheit gezogen hat. Wo damals eine Mauer ihre Liebe diktierte, baut sie sich heute ein Leben ohne Mauern, basiert auf Vertrauen und emotionaler Wahrheit statt auf gesellschaftlichem Zwang.
Das Zentrum dieses selbstgeschaffenen Universums ist ihr Sohn Max Rosenberg, geboren 1993. Auch er ist, ganz in der Familientradition, in die Musikbranche eingestiegen, arbeitet als hochtalentierter Musiker, Songwriter und Produzent in Berlin. Die Verbindung zwischen Mutter und Sohn ist außergewöhnlich eng. Sie ist nicht nur privat, sondern auch professionell. Max war maßgeblich an ihrem sensationellen Comeback-Album „Im Namen der Liebe“ beteiligt, das 2020 auf Platz 1 der Charts schoss. Es war ein Triumph, der ohne diese tiefe familiäre Symbiose undenkbar gewesen wäre. Marianne Rosenberg fand in der Zusammenarbeit mit ihrem Sohn zu einer neuen künstlerischen Stärke, die Kritiker und Fans gleichermaßen begeisterte.
Und durch Max hat sich für sie der Kreis ihres Lebens auf die schönste erdenkliche Weise geschlossen. Ihr Sohn hat Marianne Rosenberg zur Großmutter gemacht. Die Frau, die einst ihre eigene Oma auf so traumatische Weise verlor, ist heute selbst das geliebte Oberhaupt einer neuen Generation. Berichte sprechen von zwei Enkelkindern, die ihr Leben bereichern und ihr ein Gefühl tiefer, unerschütterlicher Erfüllung schenken.

Wenn sie heute über ihre Rolle als „stolze Oma“ spricht, ist die Emotion in ihrer Stimme echt. Es ist die pure Freude einer Frau, die das Glück des ungestörten Familienlebens vielleicht intensiver zu schätzen weiß als die meisten anderen. In einem Interview mit GALA gestand sie, sie habe gar nicht gedacht, dass es so früh ein Enkelkind geben würde. „Aber dann ging es plötzlich ganz schnell. Man merkt, wie ehrfürchtig man wieder vor so einem winzigen Leben ist.“
Diese Ehrfurcht vor dem Leben, diese Hingabe an die Familie, ist die Antwort auf den Stacheldraht ihrer Kindheit. Marianne Rosenberg hat das Erbe ihres Vaters – die Resilienz eines Überlebenden – und das Trauma ihrer Kindheit genommen und daraus etwas Wunderschönes geschaffen. Sie hat die Ketten der Konvention gesprengt, um ihre eigene Definition von Liebe zu leben. Sie hat ihre Karriere nach ihren eigenen Regeln neu erfunden, indem sie sich mit der nächsten Generation ihrer eigenen Familie verbündete.
Ihr Leben zeigt, dass Familie in vielen Formen existieren kann und dass Liebe, Vertrauen und Zusammenhalt weit wichtiger sind als gesellschaftliche Normen. Marianne Rosenberg, die Ikone mit der traurigen Kindheitswunde, hat ihr größtes Glück nicht trotz, sondern vielleicht gerade wegen dieses Schmerzes gefunden. Sie hat die Mauer, die ihr einst die Großmutter nahm, Stein für Stein abgetragen und an ihrer Stelle ein Haus voller Liebe, Freiheit und Musik gebaut.