Mit 74 Jahren tritt Romina Power erneut ins Rampenlicht. Doch diesmal nicht als Sängerin des unvergessenen Duos, das ganz Europa mit “Felicita” zum Träumen brachte. Sie tritt hervor als eine Frau, die nach Jahrzehnten eines ohrenbetäubenden Schweigens den Mut gefunden hat, ihre eigene Wahrheit auszusprechen. Es ist eine Wahrheit, die so gar nicht zu den süßen Melodien von einst passt. All die Jahre hat sie ihre Verletzungen geheim gehalten, den unermesslichen Schmerz hinter jenem strahlenden Lächeln verborgen, das Millionen von Fans verzauberte. Jetzt, in einem Alter, das eine Schwelle des Friedens markiert, spricht Romina Power endlich. Über die Liebe, den ultimativen Verlust und die langen, dunklen Jahre, die folgten.
Für die Öffentlichkeit war Romina Power die eine Hälfte von Albano & Romina Power, ein lebendiges Symbol für Glück, Harmonie und jene Art von romantischer Liebe, die eine ganze Generation prägte. Ihre Lieder, von “Felicita” bis “Sharazan”, waren der Soundtrack eines unbeschwerten Italiens, eine Erzählung von Vertrauen und ewiger Hoffnung. Doch hinter diesen eingängigen Melodien verbirgt sich eine fundamental andere Geschichte. Es ist eine Reise voller Tragödien, auf der Glanz und tiefste Dunkelheit unzertrennlich Hand in Hand gingen. Eine Reise, die lange vor dem Ruhm begann, in einer Kindheit, die von frühem Verlust und einer tiefen, existenziellen Einsamkeit geprägt war.
Romina Power wurde am 2. Oktober 1951 in Los Angeles geboren, hinein in eine Familie, deren Ruhm so strahlend war, dass er selbst die dunkelsten Ecken verdeckte. Ihr Vater war Tyrone Power, einer der größten Filmstars der 1940er und 50er Jahre. Ihre Mutter, Linda Christian, galt als “mexikanische Göttin”, gefeiert für ihre Schönheit und ihre eigene Filmkarriere. Romina kam zur Welt inmitten von Partys, Kameralinsen und unzähligen Erwartungen – eine glitzernde, aber zutiefst zerbrechliche Welt, in der Liebe oft gegen Ruhm eingetauscht wurde.

Die erste Tragödie schlug zu, als Romina erst sieben Jahre alt war. 1958, während der Dreharbeiten zum Film “Salomon und die Königin von Saba” in Spanien, verstarb Tyrone Power plötzlich an einem Herzinfarkt. Sein Tod erschütterte Hollywood, doch für ein kleines Mädchen hinterließ er eine Leere, die nie wieder gefüllt werden sollte. “Als Vater starb”, erzählte sie viele Jahre später, “verstand ich nicht, was ‘tot’ bedeutet. Ich erinnere mich nur, dass ich ewig auf seine Rückkehr wartete, bis ich begriff, dass er niemals wiederkommen würde.”
Von diesem Moment an zerbrach Rominas Welt. Ihre Mutter, Linda Christian, schön und stark, wurde kühl, verschloss sich und stürzte sich in neue Beziehungen. Sie war oft auf Reisen, überließ Romina und ihre Schwester Taryn Hausangestellten oder schickte sie in Internate. Romina wuchs im puren Luxus auf, aber ohne das, was ein Kind am meisten braucht: Liebe. “Ich habe alles”, schrieb sie einst in ihr Tagebuch, “außer einer Hand, die ich halten kann, wenn ich Angst habe.”
Die Kindheitsjahre in Europa, hauptsächlich in Italien und England, brachten keine Stabilität. Jeder neue Ort war ein weiterer Neuanfang ohne Freunde, ohne ein echtes Zuhause. Romina fand ihre einzigen Gefährten in Büchern, in der Musik und in der Malerei. Sie entwickelte früh eine tiefe, melancholische Innenwelt. Mit nur 12 Jahren schrieb sie Gedichte über die Einsamkeit eines Kindes, das alles besitzt, aber nirgendwo hingehört.
Im Teenageralter begann sie zu rebellieren. Während ihre Mutter dem High-Society-Leben nachjagte, wählte Romina den entgegengesetzten Weg. Ihre außergewöhnliche Schönheit führte sie früh zum Film. Mit 14 Jahren stand sie 1965 das erste Mal vor der Kamera. Doch hinter dem jungen Glanz verbarg sich eine zutiefst unsichere Seele. Als die Zeitungen sie “Hollywood-Prinzessin auf italienischem Boden” nannten, fühlte sie sich nur wie ein Kind, das vor seiner eigenen Traurigkeit davonlief. Mit 16 lebte sie bereits selbstständig in Rom, stürzte sich in die freie Kulturszene der 1960er Jahre, fand Trost in der Kunst, aber auch neue emotionale Wirbelstürme. Sie lernte früh, ihren Schmerz hinter einem Lächeln zu verbergen. Die Kamera liebte sie, die Öffentlichkeit war fasziniert, aber niemand sah die Traurigkeit in ihren Augen.
Vielleicht war es genau dieses Gefühl der Entwurzelung, das sie nach einem Anker suchen ließ, nach einer aufrichtigen Liebe, die sie aus der Leere retten könnte. Und dann, 1970, geschah die schicksalhafte Begegnung, die alles verändern sollte.

Am Filmset von “Nel sole” traf die 19-jährige Romina Power auf Albano Carrisi. Er war ein aufstrebender Sänger aus der ländlichen Region Apulien, bodenständig, einfach, tief religiös. Sie waren zwei Menschen aus fundamental unterschiedlichen Welten: das Mädchen aus dem Hollywood-Luxus und der Bauernsohn mit den schwieligen Händen. Doch sie fühlten sich seltsam zueinander hingezogen. Romina fand in Albano etwas, das ihr weder Ruhm noch Geld je gegeben hatten: Echtheit.
Ihre Liebe entwickelte sich rasant. Sie heirateten noch im selben Jahr, 1970. Ihre Hochzeit war das Märchen, über das ganz Europa sprach. Kurz darauf kam ihre erste Tochter, Ylenia, zur Welt. Es war der Beginn einer Symbiose, privat und beruflich.
Auf der Bühne wurden sie zu “Albano & Romina Power”. Die 1970er und 80er Jahre waren ihre Blütezeit. Lieder wie “Felicita” oder “Sharazan” wurden zu Hymnen. Sie waren nicht nur Künstler, sie waren Ikonen, der Inbegriff der ewigen Liebe. Drei weitere Kinder – Yari, Cristel und Romina Junior – machten das Bild der perfekten Familie komplett.
Doch hinter der Bühne, abseits der süßen Texte von “Felicita”, war das Leben komplizierter. Ihre Persönlichkeiten kollidierten fundamental. Romina, die Künstlerin, die die Freiheit liebte, malte, östliche Philosophie las und nach Gefühl lebte. Albano, der Traditionalist, streng, diszipliniert und fest im Glauben verwurzelt. Ihre Liebe war eine Verschmelzung zweier Welten, aber auch ein ständiger Kampf.
Der enorme Ruhm und die unaufhörliche Arbeitsbelastung ließen Romina oft das Gefühl haben, zu ersticken. Während Albano den Erfolg als Lohn für Disziplin sah, suchte sie nach einem tieferen Sinn in Kunst und Spiritualität. Sie malte mehr, meditierte mehr und entfernte sich innerlich vom glitzernden Leben. “Ich liebe die Bühne”, sagte sie einmal, “aber ich fürchte sie auch, denn dort vergesse ich manchmal, wer ich bin.”
Die Kluft zwischen ihnen wuchs. Als ihre erstgeborene Tochter Ylenia erwachsen wurde, sah Romina in ihr ein Spiegelbild ihrer selbst: intelligent, stark, sehnsüchtig nach Freiheit. Romina unterstützte Ylenias Drang, die Welt zu erkunden. Albano hingegen wünschte, sie würde zu Hause bleiben. Dennoch wahrten beide den Schein des Glücks. Sie waren das Traumpaar, ein Teil der Erinnerung von Millionen. Niemand ahnte, dass ein schreckliches Ereignis dieses Licht bald für immer auslöschen würde.

Der 6. Januar 1994. Dieser Tag veränderte alles. Ein Anruf aus New Orleans. Ihre erstgeborene Tochter, Ylenia Carrisi, 23 Jahre alt, war spurlos verschwunden. Man sagte, sie sei zuletzt am Ufer des Mississippi gesehen worden. Danach verlor sich jede Spur.
Es war der Beginn der größten Tragödie in Rominas Leben. Sie und Albano flogen sofort nach Amerika. In den ersten Tagen herrschte noch Hoffnung. Doch die Hoffnung wich der Verzweiflung. Die Polizei ging von Selbstmord aus, einem Sprung in den Fluss. Aber Romina widersprach vehement. Es gab keine Leiche, keine Beweise. Sie glaubte, ihre Tochter sei entführt worden oder irgendwo da draußen verloren.
Jahrelang suchte sie. Ylenia war nicht nur ihre Tochter, sie war ihr Ebenbild, ihr “Beweis, dass Liebe und Kunst eins sein können”. Ihr Verlust war der Verlust des letzten Lichts in Rominas Seele. Sie lebte wie eine Schlafwandlerin, ließ Ylenias Zimmer unverändert, wartete auf einen Anruf. “Ich sage nie, Ylenia ist tot”, beharrte sie. “Ich sage nur, Ylenia ist noch nicht zurück.”
Während Romina in ihrem Schmerz versank, wählte Albano einen anderen Weg. Er akzeptierte die Möglichkeit ihres Todes, versuchte, für die anderen Kinder weiterzuleben. Er wollte loslassen; sie wollte festhalten. Diese beiden unvereinbaren Arten zu trauern, trieben sie unaufhaltsam auseinander. Die Tragödie hatte eine unüberbrückbare Kluft zwischen sie gerissen. Was sie einst verbunden hatte – Musik, Glaube, Familie – war nur noch eine schmerzhafte Erinnerung.
1999, nach fast 30 Jahren, wurde die Ehe von Romina Power und Albano Carrisi offiziell geschieden. Die Zeitungen nannten es “den Tod einer Legende”. Für Romina war es die unvermeidliche Folge eines Herzens, das längst zerbrochen war.
Nach der Scheidung tat Romina das Einzige, was ihr noch möglich schien: Sie floh. Sie verließ Italien, das Land ihres größten Glücks und ihres tiefsten Leids, und zog zurück nach Amerika, dorthin, wo ihre einsame Kindheit begonnen hatte. Sie verschwand fast vollständig aus der Öffentlichkeit.
Es folgten Jahre der Stille. Romina lebte zurückgezogen in Kalifornien. Keine Bühnenlichter, keine Interviews, keine Musik. Sie malte, sie schrieb, sie meditierte. Sie suchte nicht mehr das Rampenlicht, sondern den Dialog mit sich selbst. “Ich habe zu lange gelebt, um anderen zu gefallen”, schrieb sie. “Jetzt will ich nur noch lernen zu vergeben. Albano, dem Schicksal und mir selbst.”
Während Albano in Italien seine Karriere fortsetzte und eine neue Beziehung einging, hüllte sich Romina in Schweigen. Sie machte keine Vorwürfe, gab keine Kommentare ab. Es war eine Zeit der inneren Einkehr, ein Versuch, sich selbst wiederzufinden. Langsam, durch die Kunst, fand sie zurück. Sie organisierte kleine Gemäldeausstellungen, schrieb Gedichte, veröffentlichte Bücher über ihre spirituelle Reise.
Die Öffentlichkeit sah nun nicht mehr nur die “Exfrau von”, sondern eine Frau, die durch die Hölle gegangen und mit einer tiefen Gelassenheit zurückgekehrt war.
Und dann, 2013, geschah das, was niemand mehr für möglich gehalten hatte. Nach 15 Jahren der Trennung standen Romina Power und Albano Carrisi wieder gemeinsam auf einer Bühne, beim Sanremo Festival. Als Romina heraustrat, erhob sich der ganze Saal. Sie sangen wieder “Felicita”. Es war ein Moment von unglaublicher emotionaler Wucht. Die Welt schien für wenige Minuten in die Vergangenheit zurückzukehren.
“Wir brauchten nichts zueinander zu sagen”, teilte Romina danach mit. “Alles wurde durch die Musik gesagt.”
Es war kein Liebescomeback, sondern die Wiedergeburt zweier Künstler, die als Überlebende nebeneinander standen. Es war der Moment, in dem Romina nicht nur zur Musik zurückkehrte, sondern auch zu sich selbst.
Heute, im Alter von 74 Jahren, ist Romina Power eine Frau, die ruhiger und gelassener ist als je zuvor. Sie lebt inmitten der Natur, pflanzt Blumen, malt und teilt ihre Gedanken in den sozialen Medien. Es sind Gedanken über Frieden, Dankbarkeit und über ihre verlorene Tochter. “Vielleicht bist du nicht hier”, schrieb sie einmal an Ylenia, “aber du bist überall dort, wo Licht ist.”
Sie ist zu einer Stimme für Heilung und innere Stärke geworden. Sie hat aufgehört zu fragen “Warum?”. Sie hat gelernt, den Schmerz als Lehrer zu akzeptieren. “Ohne diese Verluste”, sagt sie, “hätte ich niemals gelernt, so tief zu lieben.”
Die Frau, die einst von “Felicita”, dem strahlenden Glück der Bühne, sang, hat nun eine andere Art von Glück gefunden. Es ist nicht mehr der Applaus, sondern die “Pace”, der innere Frieden. Ein friedlicher Morgen, eine Tasse Tee und ein Herz, das gelernt hat, trotz allem “Danke” zu sagen.
Romina Power hat ihr Schweigen gebrochen, nicht mit Klagen, sondern mit einer tiefen Gelassenheit. Ihre Lebensreise ist der Beweis, dass eine Seele zerbrechen und dennoch singen kann; dass ein Herz verlieren und dennoch lieben kann. Und dass, wie sie selbst sagt, “keine Dunkelheit ewig währt, wenn du an das Licht glaubst.”