Er ist einer der schärfsten Interviewer der deutschen Fernsehlandschaft, ein Mann, der in seiner gleichnamigen Talkshow politische und gesellschaftliche Debatten mit gnadenloser Präzision führt: Markus Lanz. Doch nun legt der Moderator seine wohl intimste Geschichte offen und enthüllt eine Seite, die im krassen Gegensatz zu seinem kontrollierten und professionellen Auftreten steht. Lanz spricht in ungewöhnlicher Offenheit über eine tiefgreifende Krise in seinen späten Zwanzigern – eine Zeit der inneren Unruhe, die ihn in die Knie zwang und ihn laut eigener Aussage wie einen „Zombie“ fühlen ließ. Sein mutiges Geständnis dient als wichtiger Appell und als sensibles Signal in der öffentlichen Diskussion um psychische Gesundheit.

Der Mensch hinter der Fassade: Die Krise mit 27
In der jüngsten Folge des Podcasts „Lanz und Precht“ gewährte der 56-Jährige einen seltenen Einblick in sein Privatleben und seine Vergangenheit. Fernab der tagespolitischen Scharmützel enthüllte Lanz eine existenzielle Zerreißprobe, die ihn als jungen Mann mit voller Wucht traf. Es war die Zeit seines 27. Lebensjahres, als das scheinbar Unantastbare Risse bekam: seine mentale und körperliche Verfassung. “Ich bin selber mal, da war ich ungefähr 27, richtig in die Knie gegangen. Panikattacken und so weiter”, erzählt er heute ungeschminkt.
Die Beschreibung dieser Phase ist erschreckend eindringlich und lässt erahnen, wie tief die Krise wirklich war. Lanz schildert die Zeit als “grauenvoll” – eine Periode, in die er unter keinen Umständen zurückkehren möchte. Das Gefühl des Kontrollverlusts muss überwältigend gewesen sein. Während man von außen einen aufstrebenden Journalisten vermuten mochte, tobte in ihm ein Sturm, der ihn lähmte und entfremdete. Das Leben fühlte sich an, als würde man nur noch mechanisch funktionieren – daher der drastische Vergleich mit einem „Zombie“. Die innere Unruhe wurde zu einem konstanten, zermürbenden Begleiter, der seine gesamte Lebensqualität massiv beeinträchtigte und ihn emotional auszehrte.
Der schwindende Glaube an den eigenen Körper
Der Kern der psychischen Belastung lag bei Lanz in einer fatalen und tückischen Angst: dem schwindenden Vertrauen in den eigenen Körper. Die Panikattacken manifestierten sich nicht nur als mentale Turbulenzen, sondern als körperliche Alarmsignale, die Lanz in einen Teufelskreis der Furcht zogen. Er war gefangen in der ständigen Sorge, plötzlich einen Herzinfarkt zu erleiden.
Diese psychosomatische Schleife ist charakteristisch für schwere Angststörungen: Die psychische Belastung erzeugt spürbare körperliche Symptome – Herzrasen, Schwindel, Atemnot –, die wiederum fälschlicherweise als Anzeichen einer lebensbedrohlichen physischen Erkrankung interpretiert werden. Für Lanz führte dies zu einem kompletten Verlust des Urvertrauens. “Ich habe mir und meinem Körper nicht mehr vertraut,” gesteht er. Diese einfache, aber tiefgreifende Aussage zeigt die psychologische Tragweite seiner damaligen Situation. Das Fundament der Existenz, der eigene Körper, wurde zum unsicheren Terrain, zum Feind, der jederzeit zuschlagen konnte. Die alltäglichsten Situationen wurden zu potenziellen Gefahrenzonen, und die ständige Alarmbereitschaft des Nervensystems machte ein normales Leben nahezu unmöglich.
In einer Gesellschaft, die oft nur Erfolg, Leistung und makellose Fassaden feiert, ist Lanz’ Offenheit ein notwendiger und befreiender Akt. Er spricht bewusst über seine Erfahrungen, um für psychische Belastungen zu sensibilisieren. Er weiß aus eigener, schmerzhafter Erfahrung, wie einsam man sich in einer solchen Situation fühlen kann, besonders wenn das Umfeld wenig Verständnis oder Sensibilität zeigt. “Wenn du so etwas erlebst, wäre ich damals zum Beispiel heilfroh gewesen, wenn es etwas mehr Sensibilität gegeben hätte für solche Dinge”, betont er. Mit seiner Geschichte bricht Lanz das hartnäckige Tabu, das die offene Kommunikation über psychische Erkrankungen in der Öffentlichkeit immer noch umgibt. Er signalisiert damit: Auch erfolgreiche, starke Persönlichkeiten kämpfen – und es ist keine Schwäche, darüber zu sprechen.

Die unerwartete Rettung: Die heilende Kraft der Bewegung
Was Lanz schlussendlich aus dieser düsteren Phase herausführte, war nicht etwa eine schnelle Lösung, sondern ein hart erkämpfter und zutiefst körperlicher Wendepunkt. Seine Rettung fand er im Ausdauersport.
Laufen, oft als eine der ursprünglichsten und simpelsten Formen der Bewegung betrachtet, wurde für ihn zu einer existentiellen Therapie. Es war die Wiederentdeckung der Kontrolle, ein Akt der Rebellion gegen die Angst. Er erinnert sich noch ganz genau an einen entscheidenden Tag, an dem er einen Durchbruch erlebte. Nach einer besonders guten Laufrunde durchbrach eine klare, befreiende Logik seine Herzinfarkt-Phobie. Der Gedanke, der in diesem Moment aufstieg, war so einfach wie wirkungsvoll: “Wenn dein Körper das kann in der Zeit, dann kann das mit dem bevorstehenden Herzinfarkt so schlimm gar nicht sein.”
Dieser Moment, in dem die nachgewiesene physische Leistung die irrationalen Ängste widerlegte, war für ihn ein kathartisches Erlebnis, ein echter Wendepunkt. Der Schweiß, die Anstrengung und der regelmäßige Herzschlag wurden zu Beweisen seiner Vitalität, nicht seiner drohenden Zerstörung. Das Laufen stellte die Verbindung zu seinem Körper wieder her, transformierte ihn vom Feind zum Verbündeten. Ausdauersport lieferte ihm den stichhaltigen, physischen Beweis dafür, dass die Panikattacken zwar real, die befürchtete Todesursache jedoch eine Illusion war, gespeist von der Angst selbst. Es war ein “großartiger Moment der Genesung, der Heilung”.

Der psychologische Schlussstein und ein wichtiger Appell
Lanz’ Geschichte wäre jedoch unvollständig ohne den psychologischen Schlussstein, der ihm half, die Heilung zu zementieren. Ein befreundeter Psychiater gab ihm einen Ratschlag mit auf den Weg, der die Kraft des Geistes über die Angst verdeutlichte: “Wenn du nicht möchtest, dass das noch mal wiederkommt, dann wird es auch nie wieder passieren.”
Dieser Satz ist mehr als nur eine therapeutische Floskel; er ist eine Ermächtigung. Er transferiert die Kontrolle über die Rückkehr der Angst von einem unbestimmten, externen Schicksal zurück in die Hände des Betroffenen. Es ist die Anerkennung, dass die psychische Genesung ein bewusster, aktiver Akt des Willens ist.
Markus Lanz betont am Ende seines Geständnisses ausdrücklich, dass dies seine ganz persönliche Geschichte sei und dass es anderen anders ergehen könne. Er positioniert sich nicht als Heiler oder Ratgeber, sondern als Zeuge. Doch gerade in dieser Bescheidenheit und dem expliziten Hinweis liegt die große Stärke seines Beitrags. Er liefert einen Hoffnungsschimmer und zeigt, dass die dunkelsten Phasen durchbrochen werden können, oft durch die unerwartetsten Mittel – in seinem Fall durch die Wiederentdeckung der eigenen körperlichen Kraft.
Lanz’ Offenheit ist ein wichtiges Signal in einer Zeit, in der psychische Erkrankungen – von Burnout bis zu Depressionen – als Volkskrankheit gelten. Wenn eine so exponierte Persönlichkeit wie er den Mut findet, über seine tiefsten Ängste und den Weg zur Genesung zu sprechen, dann trägt das maßgeblich dazu bei, das Stigma zu reduzieren und Menschen zu ermutigen, sich Hilfe zu suchen. Es transformiert die intime Krise eines Einzelnen in eine öffentliche Lektion über Resilienz, Sensibilität und die heilende Kraft der Selbstfürsorge. Es ist eine journalistisch relevante und zutiefst menschliche Geschichte, die weit über die Grenzen des Talkshow-Studios hinauswirkt.