Es ist einer dieser Momente, in denen die Zeit kurz stillzustehen scheint. Ein Moment, der markiert, dass nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Thomas Gottschalk, der Mann, der Generationen von Deutschen am Samstagabend auf dem Sofa vereinte, der mit seinen blonden Locken und wilden Outfits bunter war als das Farbfernsehen selbst, sagt “Servus”. Endgültig. Mit 75 Jahren zieht der letzte große Entertainer der alten Schule den Stecker und verabschiedet sich von der großen TV-Bühne. Doch dieser Abschied ist mehr als nur ein Ruhestand – es ist das Ende einer Ära, begleitet von leisen Tönen, ehrlichen Geständnissen und einer Frau, die ihn strahlend in Empfang nimmt.

Der letzte Vorhang in Kitzbühel
Die Kulisse hätte kaum passender gewählt sein können. Im mondänen Kitzbühel, beim österreichischen Film- und Fernsehpreis “Romy”, wurde Gottschalk am vergangenen Freitag eine besondere Ehre zuteil. Er erhielt die “Diamant-Romy” für sein Lebenswerk. Ein Preis, so funkelnd wie seine Karriere, überreicht in einer Atmosphäre, die irgendwo zwischen Wehmut und Feierlichkeit schwankte.
“Es gibt immer einen Moment, wo man sagen kann, das war’s für mich”, erklärte der 75-Jährige mit der ihm eigenen Mischung aus Lässigkeit und Ernsthaftigkeit. Seine Worte wirkten nicht einstudiert, sondern wie das Fazit eines Mannes, der Frieden mit der Zeit geschlossen hat. “Ich werde am nächsten Sonntag 75, und das ist für einen Moderator der Punkt, wo man sagen sollte, man nimmt sich selber raus.” Es sind Sätze, die nachhallen. Sie klingen nach Einsicht, vielleicht auch nach einer Prise Resignation angesichts einer Medienwelt, die sich schneller dreht, als es einem “Show-Dino” lieb sein kann.
Pannen, Peinlichkeiten und die Reißleine
Man darf nicht vergessen: Diesem glamourösen Abgang gingen turbulente Wochen voraus. Nur wenige Tage zuvor sorgte Gottschalk bei der Bambi-Verleihung für Irritationen. Ein verpatzter Witz über Cher, ein Moment der Verwirrung auf der Bühne – die Schlagzeilen waren gnadenlos. War das der Moment, der den Ausschlag gab? Gottschalk selbst geht damit überraschend offen um. Er habe “einen Blackout” gehabt, gestand er später, und merkte an, dass er sich “älter als der Papst” fühle. Wenn der Pontifex jünger sei als man selbst, sei die Sache gelaufen, witzelte er.
Doch hinter dem Witz steckt eine tiefe Wahrheit. Gottschalk hat erkannt, dass die Zeit der großen Samstagabend-Unterhaltung, wie er sie prägte, vorbei ist. “Heute würde kein Sender mehr sagen: Thomas, mit dir machen wir jetzt etwas ganz Neues. Das verstehe ich”, gab er unumwunden zu. Es ist diese fast brutale Ehrlichkeit sich selbst gegenüber, die ihm bei den Fans hoch angerechnet wird. Er geht nicht, weil er muss, sondern bevor er müsste.
Die Frau, die ihn “rettet”
Während Deutschland trauert, gibt es einen Menschen, der strahlt: Karina Mroß. Seit 2019 an seiner Seite und seit 2024 seine Ehefrau, ist sie der Anker in Gottschalks neuem Leben. Bei der Romy-Verleihung wich sie nicht von seiner Seite, ihr Lächeln verriet mehr als tausend Worte. “Unheimlich” freue sie sich auf die kommende Zeit, erklärte sie gegenüber Reportern. Auf die Ruhe, die Zweisamkeit und vor allem darauf, Dinge ohne Termindruck zu tun.
“Der Thomas gehört jetzt mir”, scheint ihre Haltung zu sagen. Karina macht keinen Hehl daraus, dass sie den privaten Thomas, den Mann aus Kulmbach, spannender findet als die Kunstfigur Gottschalk. Sie war es auch, die ihn zu seinem neuen, kürzeren Haarschnitt ermutigte – ein äußeres Zeichen des Wandels. Für sie ist der TV-Abschied kein Verlust, sondern ein Gewinn an Lebensqualität. “Wir wollen viel reisen”, verrät Gottschalk über die gemeinsamen Pläne. Ein Jahr lang wolle er sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Ein Jahr Stille vom Mann, der nie um ein Wort verlegen war?

“Ruhe und Beschaulichkeit” – oder doch nicht?
Gottschalk wäre nicht Gottschalk, wenn er diese idyllische Zukunftsvision nicht sofort selbst ironisch brechen würde. “Ich habe wieder Sachen versprochen, die ich nicht halten werde: Ruhe und Beschaulichkeit. Ich weiß aber noch nicht, ob wir das hinkriegen werden”, schmunzelte er in Kitzbühel. Er kennt sich selbst zu gut. Das Rampenlicht ist eine Droge, und der Entzug wird hart. “Das heißt aber nicht, dass ich nie wieder einen Ton von mir gebe”, warnte er vorsorglich.
Es ist dieser innere Konflikt, der die Figur Gottschalk so menschlich macht. Er sehnt sich nach Relevanz, weiß aber, dass seine Zeit abgelaufen ist. Er will Ruhe für Karina, fürchtet aber die Stille. Es ist ein Tanz auf dem Vulkan des eigenen Egos, den er nun, mit 75, beenden will.
Die 1.000-Euro-Rente: Ein letzter Lacher
Inmitten der emotionalen Abschiedstournee sorgte Gottschalk noch für einen echten “Aufreger” – typisch Thomas eben. Im Interview mit der “Bunten” plauderte er frank und frei über seine Finanzen. “Ich kriege einen knappen Tausender”, verriet er über seine gesetzliche Rente. Für den Multimillionär, der auf Schloss Marienfels residierte und in Malibu lebte, eine Summe, die nicht mal für die Tankfüllung seiner Luxuskarossen reichen dürfte.
Natürlich ist er auf diese Rente nicht angewiesen, doch die Anekdote zeigt, wie bodenständig Gottschalk im Kern geblieben ist. Er bezieht diese Rente aus seiner Zeit als Festangestellter beim Bayerischen Rundfunk. Dass er sie überhaupt erwähnt, ist kokett, aber auch sympathisch. Es rückt den “Show-Titan” wieder ein Stück näher an das Publikum heran, das oft mit genau solchen Summen im echten Leben auskommen muss.

Der finale Akt am 6. Dezember
Bevor der Vorhang endgültig fällt, gibt es noch ein letztes Hurra. Am 6. Dezember wird Thomas Gottschalk ein letztes Mal bei RTL in der Show “Denn sie wissen nicht, was passiert” zu sehen sein. Gemeinsam mit seinen langjährigen Weggefährten Günther Jauch und Barbara Schöneberger wird er den Samstagabend zelebrieren. Es wird ein Abend voller Nostalgie werden, da kann man sich sicher sein.
“Mich wird man vielleicht einordnen, wie ich die Beatles einordne: So was gibt’s nicht wieder”, sagte Gottschalk selbstbewusst über sein Vermächtnis. Und er hat recht. In einer fragmentierten Medienwelt, in der Influencer für 15 Sekunden Ruhm auf TikTok tanzen, war Gottschalk der letzte Lagerfeuer-Hüter. Er brachte die Familie zusammen, von der Oma bis zum Enkel. Dass dieses Lagerfeuer nun erlischt, ist der Lauf der Welt.
Thomas Gottschalk geht in Rente. Er hinterlässt eine Lücke, die niemand füllen kann und niemand füllen sollte. Wir sagen Danke für die Wetten, die Lacher, die goldenen Gummibärchen und die bunten Anzüge. Mach’s gut, Tommy. Und genieß die 1000 Euro – und vor allem die Zeit mit deiner Karina. Du hast es dir verdient.