Ein politisches Beben erschüttert die Grundfesten der deutschen Hauptstadt. Was seit Wochen als Riss sichtbar war, droht nun zum unüberwindbaren Graben zu werden. Die deutsche Regierungskoalition aus Union und SPD steht am Rande des Abgrunds. Im Zentrum des Sturms: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der verzweifelt um seine Autorität und das Überleben seiner Regierung kämpft. Ein umstrittenes Rentenpaket, ausgehandelt mit dem Koalitionspartner SPD, entpuppt sich als Zündschnur an einem Pulverfass, das die Union zu sprengen droht. Die Hütte brennt lichterloh, und die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann die Fassade einstürzt.
Es geht längst nicht mehr nur um Inhalte. Es geht um Macht, Vertrauen und die nackte Angst vor dem Scheitern. Das mit der SPD mühsam verhandelte Rentengesetz, ein Prestigeprojekt, das Stabilität demonstrieren sollte, wird für Merz zum Bumerang. In seiner eigenen Unionsfraktion formiert sich ein Widerstand von ungeahntem Ausmaß. Es ist nicht länger nur die “junge Gruppe”, eine Handvoll Abgeordneter, die aufbegehrt. Nein, Insider aus der Fraktion, deren Namen aus offensichtlichen Gründen nicht genannt werden, sprechen von einer Katastrophe. Sie rechnen mit 40 oder gar 50 Prozent Abweichlern.
Man muss sich diese Zahl auf der Zunge zergehen lassen: Die Hälfte der eigenen Fraktion könnte dem Kanzler die Gefolgschaft verweigern. Das wäre mehr als ein Schlag ins Gesicht; es wäre eine öffentliche Hinrichtung seiner Autorität, ein unmissverständliches Misstrauensvotum aus den eigenen Reihen. Friedrich Merz, der Mann, der angetreten war, um die CDU nach Jahren der Unruhe zu einen und zu alter Stärke zu führen, stünde als Kanzler ohne Mehrheit da. Ein Desaster, das die Republik in eine veritable Staatskrise stürzen könnte.

Die Nervosität im Kanzleramt ist mit Händen zu greifen. Um diese ultimative Blamage zu verhindern, wird fieberhaft an Notfallplänen gearbeitet. Ein Szenario, das laut Berichten aus Fraktionskreisen ernsthaft diskutiert wird: Die Abstimmung über das Rentengesetz wird schlichtweg abgesagt. Man würde sich die Blöße nicht geben, sehenden Auges in eine Niederlage zu laufen. Es wäre ein deprimierendes Déjà-vu. Beobachter erinnern sich mit Grauen an das Fiasko um die Verfassungsrichter-Kandidatin Brosius Gerstdorf. Auch damals wollte Merz eine SPD-nahe Personalie durchboxen und scheiterte am Widerstand der eigenen Leute. Die Abstimmung musste abgeblasen werden. Ein Totalfiasko für den Kanzler.
Dieses Muster der Schwäche scheint sich nun zu wiederholen. Doch die Alternative zur Absage der Abstimmung ist kaum weniger toxisch. Sie bestünde darin, massiven Druck auf die abtrünnigen Abgeordneten auszuüben. Es kursieren Gerüchte über nächtliche Telefonate, über kaum verhohlene Drohungen. Sätze wie: “Überleg dir gut, ob du beim nächsten Mal noch auf der Landeswahlliste stehen willst”, sollen fallen. Es wäre der Versuch, die Fraktion durch Einschüchterung auf Linie zu bringen – ein Vorgehen, das das ohnehin zerrüttete Binnenklima nachhaltig vergiften würde.
In dieser explosiven Gemengelage macht ein Wort die Runde, das lange als Tabu galt: Minderheitsregierung. Was Markus Söder, der bayerische Ministerpräsident, noch vor Kurzem auf dem Deutschlandtag der Jungen Union lachend als absurde Idee abtat (“Das wäre doch nichts”), wird plötzlich zur ernsthaften Option. In Berliner Zirkeln werden, so berichten es Insider der “Bild”-Zeitung, Szenarien für ein Scheitern der Koalition und den anschließenden Schritt ins “politische Neuland” durchgespielt. Eine Minderheitsregierung, geführt von Friedrich Merz? Ein Kanzler, der sich für jedes einzelne Gesetz eine neue, wechselnde Mehrheit im Parlament suchen muss? Ein Szenario voller Unsicherheiten, aber für manche offenbar verlockender als das langsame Sterben in der ungeliebten Koalition.
Dieser Gedanke zeigt die ganze Verzweiflung, die Teile der Union erfasst hat. Man scheint bereit, politisches Harakiri zu begehen, nur um aus der Umklammerung der SPD zu entkommen. Der Plan, so wird kolportiert, sei, zunächst den Bundeshaushalt für das kommende Jahr Ende November durch den Bundestag zu bringen. Sobald dieses wichtige Gesetz beschlossen ist, wolle man die “härtere Gangart” gegenüber der SPD anschlagen, angefangen beim Knallthema Rente.

Doch dieser Plan zeugt von einer bemerkenswerten Naivität. Glaubt irgendjemand ernsthaft, die SPD würde diesem Treiben tatenlos zusehen? Die Sozialdemokraten, allen voran ihr strategisch versierter Verhandler Lars Klingbeil, sind alles andere als politisch blind. Sie haben bei den Koalitionsverhandlungen trotz eines desaströsen Wahlergebnisses eine beeindruckende Anzahl an Ministerien für sich herausgeschlagen. Sie wissen, wie man verhandelt. Ein CDU-Insider fasst die Stimmungslage in einem verheerenden Zitat zusammen: “Die SPD riecht unsere Angst.”
Diese Angst ist der Kern des Problems. Es ist die Angst der Union, die Koalition platzen zu lassen, weil man “diesseits der Brandmauer” – also abseits der AfD – keine anderen Partner mehr hat. Diese Angst, so der Vorwurf vieler in der CDU, treibe Friedrich Merz dazu, einen Kniefall nach dem anderen vor der SPD zu machen. Er opfere die Grundsätze der eigenen Partei auf dem Altar des Koalitionsfriedens. Ein Abgeordneter aus Nordrhein-Westfalen bringt das Dilemma des Kanzlers auf den Punkt: “Er muss auch schauen, ob ihm die Gefolgschaft der SPD oder der eigenen Leute wichtiger ist.”
Im Moment scheint Merz beides zu verlieren. Der Frust über seinen Kurs sitzt tief. Viele werfen ihm vor, genau die linke Politik zu betreiben, die er einst so wortgewaltig bekämpft hat. “Links ist vorbei!”, rief er einst auf einer Parteibühne. Heute, so der bittere Vorwurf, mache er eine Politik, die linker sei als alles, was man sich habe vorstellen können. Als Beleg wird der Haushaltsentwurf für 2026 herangezogen. Während wichtige Ministerien wie Wirtschaft und Energie massive Kürzungen hinnehmen müssen, soll das Budget für das Bundeskanzleramt um fast 24 Prozent auf fünf Milliarden Euro ansteigen. “Das ist Friedrich Merz Politik. Das ist CDU pur”, ätzt ein Kritiker.
Die SPD beobachtet diese Selbstzerfleischung des Partners mit einer Mischung aus Genugtuung und strategischer Kühle. Sie wissen, dass der Kanzler angeschlagen ist. Sie wissen, dass die Union intern zerstritten ist. Und sie werden nicht zögern, diese Schwäche auszunutzen. Die Drohung, nach dem Haushaltsbeschluss “härter” aufzutreten, verpufft im Angesicht der Realität. Die SPD wird vorbereitet sein, sie wird eigene Forderungen stellen und Friedrich Merz weiter vor sich hertreiben.
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Deutschland steht vor hochbrisanten politischen Wochen. Der Bundeshaushalt Ende November ist die nächste große Hürde. Danach wird sich zeigen, ob die Koalition den Winter überlebt. Der Druck auf Friedrich Merz ist immens. Wird die CDU-Fraktion die Reißleine ziehen? Werden sie ihren Kanzler zwingen, die Koalition zu beenden, oder ihn am Ende gar selbst stürzen?
Die Regierungskrise ist längst keine Krise eines einzelnen Gesetzes mehr. Es ist eine Vertrauenskrise, eine Führungskrise und eine Identitätskrise der CDU. Friedrich Merz wollte Kanzler der Einheit sein, doch er führt eine tief gespaltene Fraktion an. Er wollte Stärke zeigen, doch er wirkt getrieben und schwach. Die Hütte brennt, und Friedrich Merz hat die Kontrolle über das Feuer verloren. Das politische Berlin hält den Atem an.