In einer zunehmend polarisierten politischen Landschaft Deutschlands sorgt die Alternative für Deutschland (AfD) immer wieder für heftige Debatten und verschiebt die Grenzen des Sagbaren. Ein aktuelles Interview, das sich intensiv mit der Rolle der AfD in Bezug auf die Migrationspolitik, insbesondere im Kontext Afghanistans, und den Umgang der etablierten Parteien mit diesen Herausforderungen auseinandersetzt, offenbart tiefgreifende Spannungen und strategische Schachzüge. Es zeigt nicht nur die wachsende Selbstgewissheit der AfD, sondern auch die Schwierigkeiten der Union, der SPD und anderer Parteien, auf die von der AfD aufgeworfenen Fragen glaubwürdige Antworten zu finden. Das zentrale Fazit, das aus den Betrachtungen gezogen wird, lautet: „AfD wirkt!“, und diese Wirkung zwingt das politische System zu einer Auseinandersetzung mit Themen, die lange tabuisiert schienen.
Die Illusion der „Asylwende“: Symbolpolitik oder ernsthafte Lösung?
Die Migrationspolitik bleibt eines der drängendsten Themen in Deutschland. Insbesondere die Situation in Afghanistan und der Umgang mit dortigen Flüchtlingen und abgelehnten Asylbewerbern stehen im Fokus der öffentlichen Debatte. Im Interview wird die Frage aufgeworfen, ob die vermeintliche „Asylwende“ der Union ein richtiger oder gefährlicher Schritt sei. Die Analyse des Gesprächspartners, mutmaßlich eines Vertreters der AfD, zeichnet ein klares, wenn auch umstrittenes Bild: Afghanistan sei ein islamisches, islamistisches Land, dessen Bevölkerung weitgehend hinter den Taliban stehe. Die Taliban würden als die dortige Regierung betrachtet, mit der man Verhandlungen führen und Kontakt aufnehmen müsse. Diese Sichtweise steht im krassen Gegensatz zur oft geäußerten Ablehnung der Taliban durch westliche Staaten.
Doch die eigentliche Kritik richtet sich nicht nur an die Wahrnehmung Afghanistans, sondern vor allem an die deutsche Politik. Die Union, so die Aussage im Interview, betreibe reine „Symbolpolitik“. Während sie medienwirksam „eine Handvoll“ von Personen ausweise, befänden sich tatsächlich 300.000 abgelehnte Asylbewerber oder sogenannte „Bürgerkriegsflüchtlinge“ im Land, die eigentlich abgeschoben werden müssten. Dies sei das eigentliche Wahlversprechen der Union, das jedoch nicht eingelöst werde. Die Zahlen würden kommuniziert, aber eben nicht alle. Die Union spreche über „sieben Abgewiesene“ oder ähnliche geringe Mengen, verschweige aber die viel höhere Zahl der Einreisenden. Hierin sieht die AfD eine Täuschung der Öffentlichkeit und nutzt diese Diskrepanz, um ihre eigene Erzählung von einer ineffektiven und intransparenten Migrationspolitik der etablierten Parteien zu untermauern.
Der Vorwurf der Symbolpolitik wird auch durch den Vergleich mit den Grenzzurückweisungen verstärkt: „700 Zurückweisungen“ stünden „32.000 Einreisen“ seit der neuen Regierung gegenüber. Für die AfD ist klar: Diese Politik ist ein „relativ schlechter Deal“, insbesondere wenn Tausende ins Land geholt werden, während nur wenige abgeschoben werden, möglicherweise sogar unter finanziellen Anreizen für die Herkunftsländer. Die Ernsthaftigkeit der Bemühungen von Politikern wie Herrn Dobrindt wird zwar anerkannt, aber als unzureichend kritisiert. Die AfD betont, dass man Menschen nach dem Ende eines Bürgerkriegs, ähnlich wie in Syrien, zurückführen können müsse.
AfD im Aufwind: Ein neues Selbstvertrauen und die Erosion der Mitte
Die „Wirkung“ der AfD manifestiert sich nicht nur in der Kritik an der Regierungspolitik, sondern auch in ihrem wachsenden Einfluss und ihrer veränderten Rhetorik. Im Interview wird ein „neuer Mut“ in Bezug auf die Rhetorik der AfD festgestellt. Die Partei scheue sich nicht mehr, Begriffe wie „Deutsche“ und den „deutschen Volksbegriff“ zu verwenden, selbst wenn dies auf harsche Kritik in den Medien stößt. Dieses neue Selbstvertrauen, so die Beobachtung, sei ein Zeichen dafür, dass die AfD eine Linie ziehe, was sie sagen darf, auch wenn die Medien sie dafür „beschimpfen werden“.
Dieser Mut scheint sich in Wahlerfolgen auszuzahlen. Die AfD habe sich bei den Kommunalwahlen verdreifacht, und die Tatsache, dass sich „alle anderen Parteien“ gegen sie zusammenschließen mussten, um auf „gut 60%“ zu kommen, wird als „wahnsinniger Fortschritt“ für die Partei gewertet. Insbesondere im Ruhrgebiet, wo die Menschen „die Nase voll haben“ von der „überlasteten Migrationspolitik und dieser Sicherheitspolitik“, finde die AfD großen Zuspruch. Die Feststellung, dass das Ruhrgebiet „nicht mehr sicher“ sei, unterstreicht die emotional aufgeladene Debatte um innere Sicherheit und Migration.
Die Interviewaussagen gehen noch weiter und skizzieren ein Bild, in dem die etablierten Parteien, selbst die Union und Teile der SPD, zunehmend kritischer in der Migrationspolitik werden und damit der AfD „den Wind aus den Segeln“ nehmen wollen. Doch diese Bemühungen werden als unzureichend und unglaubwürdig dargestellt. Die AfD-Wahrnehmung ist, dass andere Parteien zwar „unsere ganzen Punkte programmatisch übernehmen“, sie aber „nicht umsetzen“ können oder wollen. Die Frage, die sich stellt, ist: „Mit welchen Schlussfolgerungen?“. Eine SPD, die angeblich migrationskritischer wird, wird im Interview als unglaubwürdig abgestempelt: „Wer wirklich behauptet die SPD wäre migrationskritisch, glaubt auch, dass Tatort beim Abnehmen hilft“. Die Union wiederum „würde gerne, kann aber nicht“, da sie „gefesselt ist an die SPD“. Diese politischen Blockaden führen dazu, dass die etablierten Parteien zwar rhetorische Punkte der AfD aufgreifen, aber keine echten Veränderungen herbeiführen können.
Das Ergebnis dieser Dynamik ist ein dramatischer Anstieg der AfD in den Umfragen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden zuletzt fast 40% für die AfD gemeldet. Dies wird als „Wahnsinn“ bezeichnet, insbesondere angesichts von „null Talkshow-Auftritten“ im „Staatsfunk“. Die anderen Parteien liegen demnach „alle unter 20%“, was auf eine klare Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse hindeutet. Die Stimmen, die die AfD gewinnt, kommen nicht von den Linken, sondern von SPD, Grünen und der Union, was zu einer vollständigen „Erosion“ der „selbsternannten demokratischen Mitte“ führt.
Der Verfassungsschutz im Kreuzfeuer: Die Debatte um den „ethnischen Volksbegriff“
Ein besonders brisantes Thema im Interview ist die Beobachtung des hessischen AfD-Landesverbandes durch den Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“. Das Gericht hat dies aufgrund von „Anhaltspunkten für einen ethnischen Volksbegriff und auch Angriff auf die Menschenwürde von Ausländern“ so befunden. Die Reaktion aus dem Interview ist eine scharfe Attacke auf die Behörde: Der Verfassungsschutz sei eine „durch und durch missbrauchte Behörde“ der Innenministerien. Da der Innenminister der oberste Verfassungsschutzminister sei und die CDU und SPD als „politische Gegner“ der AfD gelten, wird die Behörde als politisch instrumentalisiert dargestellt.
Die AfD sieht sich in dieser Auseinandersetzung mit einem neuen „Selbstvertrauen“ ausgestattet, da sie die Gutachten als „lachhaft“ empfindet und überzeugt ist, dass „so wenig in der Hand“ sei. Die Aussage eines „Herrn Maaßen oder Dr. Maaßen“, dass der Verfassungsschutz „natürlich politisch“ sei, wird als Bestätigung dieser Sichtweise angeführt. Trotz der gerichtlichen Bestätigung der Beobachtung argumentiert die AfD, dass Gerichte irren können und dass die Beobachtung noch keinen „Rechtsextremismus“ beschreibe.
Im Zentrum der juristischen und politischen Auseinandersetzung steht der „ethnische Volksbegriff“. Der Interviewpartner erklärt, dass es ein „deutsch-kulturell ethnisch deutsches Volk“ gebe, auch wenn alle Staatsbürger gleiche Rechte und Pflichten hätten. Er betont, dass dies nicht bedeute, dass man dieses Volk automatisch als „überlegen“ ansehen müsse. Die AfD empfindet es als „paradoxes, ja fast schon diabolisiertes“ Phänomen in Deutschland, über einen ethnischen Volksbegriff zu sprechen. Es wird das Beispiel von Migranten genannt, die auch mit deutschem Pass ihre ursprüngliche Nationalität beibehalten und stolz darauf sind, ob Syrer oder Marokkaner. Scheinbar gebe es den „Volksbegriff scheinbar bei allen, nur bei den Deutschen nicht“.
Um ihre Position zu untermauern, verweist die AfD auf historische Persönlichkeiten. Es wird die Behauptung aufgestellt, dass Politiker wie Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Franz Josef Strauß einen „identischen Volksbegriff“ wie die AfD gehabt hätten. Diese geschichtliche Verankerung soll die Position der AfD als verfassungskonform und innerhalb der demokratischen Mitte stehend legitimieren. Die Interviewaussage betont, dass am „ethnischen Volksbegriff“ „nichts verfassungsfeindliches“ sei, solange man nicht eine „einzig überlegene Ethnie“ postuliere oder andere „ausgerottet werden müssen“. Das Bekenntnis zu einer „deutschen Kultur“ und „deutschen Ethnien“ sei kein Problem und sollte wieder offen geäußert werden dürfen, anstatt sich einer „Duckhaltung“ zu unterwerfen.
Assimilierung statt Multikulti: Eine klare Forderung
Eng verbunden mit dem ethnischen Volksbegriff ist die Forderung der AfD nach Assimilierung und Integration. Die Partei vertritt die Ansicht, dass diejenigen, die nach Deutschland kommen und Staatsbürger werden wollen, sich „assimilieren, integrieren, sich anpassen“ müssen. Dies sei die Position, die „immer mehr die Leute auf der Straße sagen“. Das „ganze multikultive Leben nebeneinander und alle Kulturen können miteinander“ wird als ein „Narrativ“ abgetan, das „nicht der Wahrheit entspricht“. Für die AfD ist klar: Beides – der „ethnische Volksbegriff“ und die Forderung nach Assimilierung – ist „notwendig und richtig“.
Die Position der AfD, so die im Interview vertretene Auffassung, wird durch die Beobachtung durch den Verfassungsschutz sogar zu einem Teil ihrer Identität. Es wird argumentiert, dass die Partei dies nicht mehr ändern könne, da die anderen Parteien die Behörde „missbrauchen“ würden. Die Beobachtung werde von der AfD fast schon als eine Bestätigung ihrer politischen Relevanz gesehen.
Scham und Stolz: Eine neue deutsche Identität?
Das Interview endet mit einem starken Plädoyer für einen unverkrampften Patriotismus. Der Interviewpartner bekundet, sich nicht für den Adler und die Deutschlandfahne zu schämen. Er schäme sich auch nicht, „Deutscher zu sein“. Eine Differenzierung wird jedoch vorgenommen: Man könne sich für die Regierung schämen, „die in Deutschland regiert“, aber nicht für die eigene Nationalität. Dieses Statement unterstreicht den Versuch der AfD, einen neuen, selbstbewussten Patriotismus zu etablieren, der sich von vermeintlicher „nationaler Scham“ löst.
Zusammenfassend zeigt das Interview, dass die AfD eine aggressive und selbstbewusste Strategie verfolgt, um die öffentliche Debatte zu dominieren und die etablierten Parteien unter Druck zu setzen. Ihre Kritik an der Migrationspolitik, die Betonung von Zahlen und Fakten, die sie als von anderen Parteien verschwiegen ansieht, und ihr unerschrockener Umgang mit kontroversen Begriffen wie dem „ethnischen Volksbegriff“ prägen das politische Klima. Die „Wirkung“ der AfD ist unbestreitbar: Sie erzwingt eine Auseinandersetzung mit unbequemen Wahrheiten und zwingt andere Parteien, ihre eigenen Positionen zu überdenken. Ob dies zu einer substanziellen Veränderung der deutschen Politik oder zu einer weiteren Radikalisierung der Debatte führt, bleibt abzuwarten. Doch das Interview macht deutlich, dass die AfD fest entschlossen ist, ihren Kurs fortzusetzen und die Spielregeln der politischen Auseinandersetzung neu zu definieren.