Bundestag unter Hochspannung: Alice Weidels Generalabrechnung mit der Regierung – „Vorbote des Zusammenbruchs und Staatsbankrott“

Es ist ein Moment, wie ihn der Deutsche Bundestag schon lange nicht mehr erlebt hat – ein Moment roher, ungefilterter Konfrontation, der die sprichwörtlichen Mauern des Hohen Hauses zum Beben bringt. Als die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel ans Rednerpult tritt, liegt eine spürbare Spannung in der Luft. Der Titel, unter dem ihre Rede später im Netz kursieren wird, verspricht Drama: „Der Bundestag steht Kopf“. Was folgt, ist nichts Geringeres als eine Generalabrechnung, eine Brandrede, die kein Thema auslässt und die Grundfesten der aktuellen Politik angreift.

„Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Bundeskanzler…“, beginnt Weidel, doch der höfliche Einstieg ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Sofort schwenkt sie auf Angriff. Das jüngste Gaza-Friedensabkommen in Ägypten dient ihr als bloße Einleitung für ihre Hauptthese: den massiven Bedeutungsverlust Deutschlands auf der Weltbühne. Sie wirft der Regierung vor, diesen Verlust mit der „Brieftasche des deutschen Steuerzahlers“ zu kaschieren. Ein dreistelliger Millionenbetrag für den Wiederaufbau Gazas, “verschleudert”, ohne zu wissen, wer dort künftig das Sagen hat.

Es ist der Auftakt zu ihrem zentralen Vorwurf, der sich wie ein roter Faden durch die nächsten Minuten zieht: Die Regierung, so Weidels Anklage, wirft mit Geld um sich, das sie nicht hat. „Geld, das sie den Bürgern vorenthalten“, donnert sie in den Saal. Sie spricht von Rekordsteuern, Abgaben und “monströsen Schuldenbergen”, die man den nächsten Generationen aufbürde.

Dann entfaltet Weidel ein düsteres Panorama der deutschen Wirtschaft, das sie als „Herbst des Niederganges“ bezeichnet. Die Zahlen, die sie präsentiert, sind dramatisch und sollen ihre These vom bevorstehenden Kollaps untermauern. „Die Industrieproduktion ist im August nochmals um 4,3 Prozent eingebrochen, im Automobilsektor um fast 20 Prozent!“ Weidel macht eine kurze Pause, lässt die Zahlen wirken. „Das ist keine Rezession, das sind Vorboten des Zusammenbruchs!“

AfD-Chefin Alice Weidel im Bundestag: Sprechen wie in Sütterlin - DER  SPIEGEL

Sie zeichnet ein Bild der Deindustrialisierung. Tausende Industriearbeitsplätze, die Monat für Monat verloren gingen. Eine ungebremste Pleitewelle, die über das Land rolle. „22.000 erwartete Firmenpleiten allein in diesem Jahr!“, ruft sie und rechnet es dem Bundeskanzler, der sichtlich unbeeindruckt wirkt, direkt vor: „Das sind 60 Firmenpleiten pro Tag, Herr Bundeskanzler!“

Die Reaktionen aus den anderen Fraktionen sind gemischt. Gelächter hier, Zwischenrufe dort. Weidel pariert sofort, direkt an den Kanzler gerichtet: „Ich weiß, Sie wollen die Zahlen nicht hören, darum hören Sie auch nicht zu!“ Es ist ein rhetorischer Kniff, der ihre Anhänger begeistert: Sie, die mutige Wahrheitsverkünderin, gegen eine ignorante Regierungsbank. Sie wirft ihnen vor, die Augen vor der Realität zu verschließen, während die Exporte einbrechen und Investitionskapital das Land verlässt. Die Statistiken der Bundesbank, so Weidel, würden die Regierung Lügen strafen.

Doch bei der reinen Zustandsbeschreibung bleibt es nicht. Weidel geht die Koalition frontal an, wirft ihr fehlenden Willen und mangelndes Können vor. Die versprochenen Einsparungen beim Bürgergeld? „Billiger Etikettenschwindel!“ Stattdessen, so die AfD-Chefin, würden die Kosten für die Bevölkerung weiter steigen, während die Regierung Schulden mache, “als gäbe es kein Morgen mehr”. Sie zielt auf den Finanzminister, dem sie vorwirft, neue Schulden machen zu wollen, um alte Schulden zu bezahlen. Der Höhepunkt ihrer Anklage: „Da stehen Sie mit einem Fuß bereits im Staatsbankrott!“

In einer solchen Lage, so ihre moralische Folgerung, verbiete es sich, den „Zahlmeister der Welt“ zu spielen. Nun kommt der Teil der Rede, der emotionalisiert und polarisiert. Sie stellt das Leid im eigenen Land gegen die Ausgaben im Ausland. „Während man unseren Senioren, den Kranken und Pflegebedürftigen die Gelder streicht“, ruft sie erregt in den Saal, „verteilen Sie das deutsche Steuergeld in alle Welt! Das ist unerhört!“ Sie erinnert an das Ahr-Tal, wo der Wiederaufbau vier Jahre nach der Flut noch immer nicht abgeschlossen sei. „Sie lassen die Menschen in diesem Land im Stich!“

Alice Weidel verteidigt sich im Bundestag gegen Spendenvorwürfe – Angela  Merkel kontert gelassen - DER SPIEGEL

Weidel wird konkret, nennt Summen, die fassungslos machen sollen: Eine Milliarde Euro für weltweite Gesundheitsmaßnahmen, während das eigene System kollabiere. 12 Milliarden Euro für “absurde Klimaschutzmaßnahmen in aller Welt”, während Deutschland deindustrialisiert werde. 30 Milliarden für “unsinnige Entwicklungshilfeprojekte”. Und, ein Kern-Thema ihrer Partei: „Mehr als 50 Milliarden Euro – so genau weiß das eigentlich keiner mehr – für die Kosten der Massemigration!“ Für solide Staatsfinanzen hingegen fehle das Geld. Ihre vernichtende Diagnose: „Unseriöse, unbürgerliche, völlig verwahrloste Politik!“

Deutschland, so Weidel, sei “kein reiches Land mehr”. Sie verweist auf das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (Platz 19) und das Medianvermögen. An dieser Stelle provoziert sie die anderen Abgeordneten direkt: „Ich weiß, dass Sie Median von Durchschnitt nicht unterscheiden können, darum schreien Sie auch so rein!“ Sie genießt sichtlich die Empörung, die ihr entgegenschlägt. „Sie finden das lustig. Die Menschen in diesem Land finden das alles nicht mehr lustig!“

Im letzten Drittel ihrer Rede identifiziert sie die, in ihren Augen, Schuldigen für den Niedergang. Drei selbstverschuldete, politische Fehlentscheidungen: Erstens, die „Masseneinwanderung“ statt einer restriktiven Politik. Zweitens, eine „ökosozialistische Planwirtschaft“ statt Marktwirtschaft. Drittens, Bürokratismus und die „Beschneidung von Bürgerrechten“ statt Freiheit und Rechtsstaatlichkeit.

Der Hauptschuldige sei jedoch die Europäische Union, sie sei “Teil des Problems”. Weidel attackiert die EU-Migrationspolitik als „organisierte Verteilung illegaler Migranten“, die am Ende alle in Deutschland landeten. Ihre Forderung ist klar: Deutschland müsse, wie Polen, seine Souveränität bewahren und die Grenzen selbst schützen.

Danach folgt der Angriff auf die Klimapolitik. Der “Green Deal”, initiiert von “ihrer Ursula von der Line”, zerstöre die Wirtschaft. Das Verbrennerverbot sei der „Sargnagel für die deutsche Automobilindustrie“. Sie fordert die sofortige Abschaffung des Heizungsgesetzes, der CO2-Abgaben und des Lieferkettengesetzes. Von der Regierung? „Keine Initiative!“

Zum Abschluss ihrer Rede wird es ideologisch, fast schon apokalyptisch. Sie zitiert Margaret Thatcher: „Das Problem mit dem Sozialismus ist ja stets, dass einem das Geld der anderen Leute ausgeht.“ Dies, so Weidel, gelte auch für den “Sozialismus nach EU-Rezept”. Wenn das Geld ausgehe, würden sich die „gefräßigen Pleitestaaten“ das Geld der Steuerzahler holen. Die Folge seien mehr Steuern, Inflation und verbotene Staatsfinanzierung.

Und um die Flucht der Bürger aus diesem System zu verhindern, so Weidels düstere Prophezeiung, komme die nächste Stufe der Repression. Sie warnt vor der Abschaffung des Bargelds und der Einführung des digitalen Euros. Sie attackiert die “Chatkontrolle” als Versuch, die Bürger auszuspionieren und “lästige Kritiker” mundtot zu machen. Sie spricht von einem geplanten Vermögensregister, das der “Enteignung privater Vermögenswerte” diene. „Genau für diese Politik der Repression steht ihre Regierung!“, schleudert sie ihren Gegnern entgegen.

Ihr Schluss ist ein Appell und ein Versprechen an ihre Wähler. „Wir stehen für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit“, ruft sie und schließt mit der Formel, die ihre Partei wie keine andere besetzt: „Machen Sie Politik für unser Land! Dem deutschen Volke!“

Die Rede ist zu Ende. Der Bundestag, so der Titel, steht Kopf. Alice Weidel hat eine Schneise der verbalen Zerstörung durch die Politik der etablierten Parteien geschlagen. Sie hat ein düsteres Bild eines Landes am Rande des wirtschaftlichen und sozialen Abgrunds gezeichnet, das von einer unfähigen Regierung in den Bankrott und in eine Kontroll-Diktatur geführt wird. Für ihre Anhänger war es eine Offenbarung, eine mutige Rede, die endlich “die Katze aus dem Sack” lässt. Für ihre Kritiker war es eine gefährliche Mischung aus Populismus, Halbwahrheiten und der gezielten Schürung von Ängsten. Eines war es sicher nicht: langweilig. Es war ein politisches Beben, dessen Nachwirkungen noch lange zu spüren sein werden.

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