Sie war ein Weltstar, eine Leinwandgöttin, eine Ikone des europäischen Kinos. Für Millionen war sie auf ewig die unschuldige „Sissi“, eine Kaiserin in verletzlicher Hülle. Doch Romy Schneider war auch eine Frau von tragischer Tiefe, gejagt von Dämonen, verfolgt von der Presse und am Ende zerstört vom unermesslichsten Schmerz, den eine Mutter erleben kann. Ihr Tod mit nur 43 Jahren im Jahr 1982 wurde schnell zum Mythos – ein Cocktail aus Tabletten, Alkohol und einem gebrochenen Herzen. Selbstmord, so raunte die Welt.
Doch es gab einen Mann, der die Wahrheit kannte. Einen Mann, der in den dunkelsten Stunden an ihrer Seite war, der ihre Hand hielt, als ihr Sohn starb, und der zusah, wie ihr Herz brach, lange bevor es aufhörte zu schlagen. Daniel Biasini, ihr zweiter Ehemann, ihr ehemaliger Privatsekretär, der Vater ihrer Tochter Sarah. Über vierzig Jahre lang hat dieser Mann eisern geschwiegen. Bis jetzt.
Mit 76 Jahren bricht Daniel Biasini sein Schweigen. In einer späten, aufwühlenden Beichte zeichnet er ein Bild von Romy Schneider, das weit entfernt ist von der labilen, drogensüchtigen Karikatur, die oft gezeichnet wurde. Er enthüllt die wahre Ursache ihres Todes, den unerbittlichen Kampf, den sie in ihren letzten Monaten führte, und die Liebe, die er “nicht retten konnte”. Es ist das letzte, fehlende Kapitel in einer Geschichte, die nie wirklich zu Ende ging.

Der Anker im Sturm: Wie ein Assistent ihre Liebe wurde
Als Daniel Biasini Romy Schneider 1973 am Set von „Le Train“ traf, war er 24, sie 35. Er war ein junger, intelligenter Presseattaché, sie war der größte Star Europas. Doch der Star zerfiel innerlich. Ihre Ehe mit Harry Meyen, gezeichnet von Spannungen und Missbrauch, war zerbrochen. Sie kämpfte um das Sorgerecht für ihren geliebten Sohn David. Die Presse jagte sie, nannte sie labil und unberechenbar.
Biasini, elf Jahre jünger, wurde zu ihrem Anker. Er war kein Schauspieler, kein Regisseur, kein Teil des glamourösen Zirkus. Er war die “ruhige Hand im Sturm”. Offiziell ihr Assistent, wurde er inoffiziell ihr Vertrauter, ihr Beschützer, ihr emotionales Rettungsseil. Er managte ihre Termine, ihre Anrufe und schirmte sie vor der Welt ab. „Sie kam von den Dreharbeiten nach Hause, völlig erschöpft“, erinnerte sich Daniel später. „Sie wollte keinen Glamour, sie wollte Stille.“ Er gab ihr diesen Frieden.
1975 heirateten sie still und leise in West-Berlin. Es war keine Prominenten-Parade; es war eine Flucht in die Intimität. Die Presse, immer noch besessen von ihrer Amour fou mit Alain Delon, schenkte der Ehe wenig Beachtung. Doch für Romy war es ein Neuanfang. 1977 kam die gemeinsame Tochter Sarah zur Welt. Freunde berichteten, sie hätten Romy nie friedlicher erlebt. „Mit Sarah“, so Biasini, „glaubte Romi zum ersten Mal, dass Glück bleiben kann.“
Doch das Glück war trügerisch. Der Ruhm forderte seinen Preis. Romy war eine Getriebene ihrer Kunst, Daniel baute seine eigene Karriere als Journalist auf. Die Trennungen wurden länger, die alten Dämonen kehrten zurück. Die Geister von Delon, die Schatten ihres Ex-Mannes Meyen, der unerträgliche Druck – all das zerrte an ihr. 1981, nach sechs turbulenten Jahren, ließen sie sich scheiden. „Es war kein Hass“, sagte Biasini. „Es war Erschöpfung. Wir bluteten beide aus derselben Wunde.“
Die unheilbare Wunde: Der Tag, an dem David starb
Die Scheidung war ein Beben, doch die Katastrophe, die ihr Leben endgültig aus den Angeln heben sollte, stand unmittelbar bevor. Romys Sohn David, damals 14, war am Boden zerstört. Sein leiblicher Vater, Harry Meyen, hatte sich 1979 das Leben genommen. Daniel war die letzte verbliebene Vaterfigur. Der Junge vergötterte ihn so sehr, dass er nach der Trennung lieber bei Daniel und dessen Eltern leben wollte als bei seiner Mutter und ihrem neuen Partner. Romy stimmte schweren Herzens zu – eine Entscheidung, die sie bis zu ihrem Tod verfolgen sollte.
Im Juli 1981 passierte das Unfassbare. David verbrachte die Ferien im Haus von Daniels Eltern in einem Pariser Vorort. An einem Nachmittag, als er nach einem Ausflug zurückkehrte, bemerkte er, dass er seinen Schlüssel vergessen hatte. Er versuchte, wie schon oft zuvor, über das hohe, kunstvolle Eisengittertor zu klettern.
Diesmal rutschte er ab.

Sein Fuß fand keinen Halt. Die spitzen Eisenstangen des Zauns bohrten sich tief in seinen Oberschenkel und durchtrennten die Hauptschlagader. Als Daniel ihn fand, lag der Junge in einer Blutlache. „Er war noch bei Bewusstsein“, erinnerte sich Daniel Jahrzehnte später, seine Stimme noch immer gebrochen. „Er sah mich an, und ich sagte ihm, er solle durchhalten. Aber das Blut hörte nicht auf.“
Daniel presste seine Hände auf die Wunde, schrie um Hilfe, schrie den Namen des Jungen. David starb in seinen Armen, noch bevor der Krankenwagen eintraf. Er war 14 Jahre alt.
„Es ist das Schlimmste, was ich je erlebt habe“, gestand Biasini. „Man denkt, die Zeit heilt. Aber das stimmt nicht. Man lernt nur, das Gewicht zu tragen.“ Die Boulevardpresse kannte keine Gnade. Die Paparazzi waren wie Geier. Gestohlene Bilder von Davids Beerdigung tauchten auf, sogar Fotos seines Leichnams im Sarg wurden gedruckt und verkauft. Romy war außer sich. „Sie haben ihn zweimal getötet“, schluchzte sie.
Die Trauer vereinte Romy und Daniel, und zerstörte sie zugleich. „Uns zu sehen, war unerträglich“, so Biasini. Der Schatten von David stand immer zwischen ihnen.
Die Enthüllung: Was Romy Schneider wirklich tötete
Weniger als ein Jahr nach dieser Tragödie, am Morgen des 29. Mai 1982, wurde Romy Schneider leblos in ihrer Pariser Wohnung gefunden. Sie war 43. Die Welt schrie sofort „Selbstmord“. Man fand Tabletten, es war von Alkohol die Rede. Es passte so perfekt ins Bild der tragischen, labilen Ikone.
Doch jetzt, 40 Jahre später, stellt Daniel Biasini klar: Es war eine Lüge. „Es war kein Selbstmord“, sagt er mit unerschütterlicher Festigkeit. „Keine Drogen. Kein Wahnsinn. Ihr Herz. Es blieb einfach stehen.“
Was die Öffentlichkeit nicht wusste und was Biasini nun enthüllt, ist der wahre Zustand von Romy Schneider in ihrem letzten Lebensjahr. Sie war eine körperlich und seelisch zutiefst geschwächte Frau. 1981, kurz vor Davids Tod, musste sie sich einer schweren Nierenoperation unterziehen, bei der ein Organ entfernt wurde. Die 30 Zentimeter lange Narbe auf ihrem Bauch war ein tägliches Mahnmal ihrer Verletzlichkeit.
Dazu kam der finanzielle Ruin. Obwohl sie über 60 Filme gedreht hatte, steckte sie tief in Schulden. Die französischen Steuerbehörden forderten horrende Nachzahlungen. Sie unterstützte großzügig Angestellte, Ex-Partner und ihre Familie. Die Last wurde unerträglich.
Und dann war da die alles verzehrende Trauer um David. Sie hatte seinen Tod nie auch nur ansatzweise überwunden. Sie betrat jeden Morgen sein Zimmer. Seine Turnschuhe standen noch immer an der Tür; sie weigerte sich, sie wegzuräumen. Sie setzte sich auf sein Bett und sprach mit ihm, als wäre er noch da.
„Sie wollte nicht leben“, gestand Daniel Biasini. „Aber sie wollte auch nicht sterben. Sie wusste nur nicht mehr, wie sie weitermachen sollte.“ An jenem Morgen im Mai 1982, so seine feste Überzeugung, gab ihr Körper einfach auf. Es war kein Akt der Verzweiflung, es war das finale Ende eines unermesslichen Leidens. Ihr Herz war im wahrsten Sinne des Wortes gebrochen.
Der Hüter ihrer Würde: Ein 40-jähriger Kampf
Nach ihrem Tod tat Daniel das, was er immer getan hatte: Er beschützte sie. Er nahm die damals vierjährige Sarah zu sich und zog sie im Stillen groß, fernab des medialen Rummels. Er organisierte eine würdielle Beerdigung ohne Spektakel. Und er begann seinen lebenslangen Kampf um ihr Andenken.

Jahrzehntelang lehnte er Buchverträge und Interviews ab. „Die Leute wollten Skandal“, sagte er. „Sie wollten nicht die Wahrheit. Sie wollten eine Frau, zerstört vom Ruhm. Aber das war nicht ihre Geschichte.“
Sein Kampf wurde öffentlich, als der Film „3 Tage in Kiberon“ (2018) in die Kinos kam. Der Film zeigt Romy 1981, kurz vor ihrem Tod, als gebrochene, süchtige Frau. Eine Szene empörte Biasini zutiefst: Romy weigert sich darin, einen Anruf ihres Sohnes David entgegenzunehmen, weil sie angeblich zu betrunken sei. „Eine Schande!“, wütete Daniel. „Niemals! Sie hat niemals einen Anruf von David verpasst. Niemals!“ Er verklagte die Filmemacher, verlangte die Entfernung der Szene. Er verlor den Prozess, aber es ging ihm nie ums Geld. „Ich wollte nur ihre Würde schützen“, sagte er der „Bild“. „Wenn ich es nicht tue, wer dann?“
Ein stilles Leben mit dem Schatten der Vergangenheit
Heute, mit 76 Jahren, lebt Daniel Biasini zurückgezogen in Südfrankreich. Er heiratete 2003 erneut, doch Romis Schatten ist nie weit. In seinem Arbeitszimmer hängen noch immer Fotos von ihr, private Aufnahmen mit Baby Sarah im Garten. Er nennt Romy „La blessure belle“ – die schöne Wunde, die er für immer tragen wird.
Er hat gesehen, wie seine Tochter Sarah Biasini selbst mit dem Erbe rang. In ihrem Buch „La Beauté du Ciel“ (Die Schönheit des Himmels) schrieb Sarah einen Brief an ihre eigene Tochter – über die Mutter, die sie nie kennenlernen durfte. Es war ein Versuch, sich Romy zurückzuholen, nicht als Ikone, sondern als Frau. „Mein Vater hat mich nie angelogen“, sagte Sarah in einem Interview. „Nicht ein einziges Mal. Selbst wenn die Wahrheit weh tat. Er ließ sie menschlich sein.“
Daniel Biasini hat das Rampenlicht nie gesucht. Doch indem er nach über 40 Jahren sein Schweigen bricht, gibt er Romy Schneider ihre Menschlichkeit zurück. Er löscht das Zerrbild der suizidalen Diva aus und ersetzt es durch das tragische Porträt einer Mutter, deren Herz dem Gewicht des Schmerzes nicht mehr standhalten konnte. „Sie verdiente Wahrheit“, sagte er kürzlich. „Sie verdiente Liebe. Das ist alles. Und ich habe versucht, ihr beides zu geben.“ Er konnte sie nicht retten, aber er kann ihr Andenken bewahren. Bis zu seinem letzten Atemzug.