Die politische Landschaft in Deutschland wird einmal mehr von einem Skandal erschüttert, der tief in die Grundfesten unserer demokratischen Ordnung zu greifen scheint. Was sich jüngst in Speyer, einer Stadt mit einer stolzen Tradition des offenen Diskurses, ereignet hat, muss als ein alarmierendes Zeichen für den Zustand der Meinungsfreiheit und des Rechtsstaats in der Bundesrepublik gewertet werden. Ein geplanter Bürgerdialog der Alternative für Deutschland (AfD), der als Plattform für den Austausch zwischen Bürgern und vier Bundestagsabgeordneten dienen sollte, wurde unter dramatischen Umständen offiziell abgesagt. Die Gründe für diese erzwungene Stornierung legen ein besorgniserregendes Zeugnis über das, was die AfD als die „groteske Fratze“ der politischen Konkurrenz und ihrer Bündnisse bezeichnet, ab.
Nicole Höchst, eine der Protagonistinnen der AfD, beschreibt in ihrer Stellungnahme eine Taktik, die sie direkt als faschistische Mechanismen anprangert – angewandt im Namen des Antifaschismus selbst. Sie und ihr Kollege Thomas Stefan, der AfD-Wahlkreisabgeordnete für Speyer und Neustadt, mussten die Notbremse ziehen. Es ist eine Geschichte von politischem Druck, dem Zusammenspiel etablierter Parteistrukturen mit militanten Gruppen und einem Akt der Kapitulation, der jedoch nicht als Aufgabe, sondern als Schutzmaßnahme präsentiert wird. Die offizielle Absage, übermittelt durch Thomas Stefan, macht die Ursache unmissverständlich klar: Es ist das besorgniserregende Demokratieverständnis einiger Mitglieder des SPD-Stadtverbandes in Speyer, die gemeinsam mit der „gewaltbereiten Antifah“ den Bürgerdialog „im Vorfeld dermaßen torpediert“ haben, dass zum Schutze Dritter gehandelt werden musste.
Die Taktik des Totschweigens: Ein Angriff auf die Meinungsbildung
Der Kern der Kontroverse ist die gezielte Verhinderung des direkten Austauschs. Laut Höchst liegt die Absicht der Gegenseite klar auf der Hand: „Sie möchten auf jeden Fall verhindern, dass Speirer sich eine eigene Meinung bilden, dass Speirer die vier Bundestagsabgeordneten, die gesagt haben, sie kommen zum Kennenlernen und ihnen Fragen stellen.“ Diese Aussage impliziert eine bewusste Strategie der Isolation und der Diskreditierung. Die politische Konkurrenz, so die Darstellung der AfD, fürchtet den direkten Kontakt der Abgeordneten mit der Basis. Sie befürchten, dass die Bürger bei einem persönlichen Treffen feststellen würden, dass das ständige Schreckgespenst des „Nazi Nazi Fascho Fascho Rassismus bla Popanz“ in sich zusammenfällt.
Wer die AfD-Vertreter persönlich kennenlerne, so die Argumentation weiter, merke sofort, „wer wir sind und wer wir nicht sind“. Und das, wofür sie stehen, sei nichts anderes als die Verteidigung der Grundwerte, die in der deutschen Verfassung verankert sind: „Freiheit, Demokratie, ein Rechtsstaat, der gesund ist mit einer gesunden Gewaltenteilung“. Diese Werte seien die Basis ihres gesamten Programms in Kommune, Land und Bund. Der Vorwurf an die Kritiker ist daher umso gravierender: Sie handeln angeblich nicht im Sinne der Demokratie, sondern aus einer Angst heraus, die Fakten und die tatsächlichen Positionen der AfD könnten die ideologischen Mauern des etablierten Lagers zum Einsturz bringen. Die Verhinderung eines Bürgerdialogs wird somit als Zensurakt interpretiert, der die Bürger entmündigt und ihnen das Recht auf eine informierte politische Meinungsbildung abspricht.
Der Schutz des Unbeteiligten: Wenn Infrastruktur zum Ziel wird
Der wohl erschreckendste Aspekt dieser Absage ist die Tatsache, dass sie aus einem Akt des Schutzes resultierte. Thomas Stefan betonte, die Veranstaltung sei „zum Schutze des Schiffseigners“ abgesagt worden. In der politischen Auseinandersetzung sollte stets der geistige Wettstreit im Vordergrund stehen. Wenn jedoch die Infrastruktur, die für eine politische Veranstaltung notwendig ist – in diesem Fall ein Schiff und sein Eigentümer – zum Ziel von Drohungen, Diffamierungen oder anderweitigem Druck wird, dann ist eine kritische Grenze überschritten. Dies zeugt von einer Verrohung der Sitten, bei der Unbeteiligte, die lediglich eine Dienstleistung anbieten, in den ideologischen Kampf hineingezogen und unter massiven wirtschaftlichen oder persönlichen Druck gesetzt werden.
Dieser Mechanismus ist zutiefst undemokratisch. Er ersetzt die politische Debatte durch Einschüchterung und wirtschaftliche Erpressung. Er schafft eine Atmosphäre der Angst, die es Unternehmern faktisch unmöglich macht, legitimen politischen Kräften eine Plattform zu bieten. Das Resultat ist eine erzwungene Monokultur der Meinung, bei der abweichende Standpunkte nicht durch Argumente, sondern durch die Androhung negativer Konsequenzen aus dem öffentlichen Raum gedrängt werden. Der Fall Speyer wird damit zu einem Lehrstück dafür, wie ziviler Mut untergraben wird und der öffentliche Diskurs durch die Gewaltbereitschaft und den ideologischen Druck militanter Ränder und ihrer politischen Unterstützer verstummt.
Eine „Groteske Fratze“: Der Missbrauch des Antifaschismus-Etiketts
Nicole Höchst sprach von der „grotesken Fratze“ der Akteure, eine Wortwahl, die die Empörung und das Gefühl des Verrats an demokratischen Prinzipien widerspiegelt. Die AfD argumentiert, dass jene, die sich auf die Fahnen des Antifaschismus schreiben und sich als Bündnisse für „Toleranz und Vielfalt“ inszenieren, gerade die Methoden anwenden, die sie eigentlich bekämpfen wollen. Wenn der Kampf gegen Extremismus dazu führt, dass die Grundrechte anderer, insbesondere das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit, mit undemokratischen Mitteln beschnitten werden, dann verliert die moralische Autorität dieser Bündnisse jede Glaubwürdigkeit.
Diese Beobachtung führt zu einer tiefgreifenden Diskussion über die politische Kultur in Deutschland. Es geht um die Frage, ob politische Gegnerschaft noch als Wettbewerb innerhalb des demokratischen Rahmens verstanden wird, oder ob sie zu einer moralischen Verurteilung mutiert ist, die jedes Mittel rechtfertigt. Die AfD stellt die kritische Frage: Sind die Aktionen der SPD und der Antifa in Speyer noch Ausdruck eines gesunden, pluralistischen Wettstreits, oder handelt es sich um eine Form der Ausgrenzung und „Cancel Culture“, die darauf abzielt, politische Konkurrenten aus dem öffentlichen Raum zu verbannen und damit die Vielfalt der Meinungen, die sie angeblich verteidigen, selbst zu zerstören?
Die Behauptung, die AfD würde für einen „gesunden Rechtsstaat mit einer gesunden Gewaltenteilung“ stehen, wird in diesem Kontext zu einem zentralen Element der Selbstverteidigung. Man versucht, das Bild der Extremisten abzustreifen und sich als Verteidiger der Verfassungsmäßigkeit zu positionieren. Die Opposition, so die Darstellung, sei in Wahrheit diejenige, die die Gewaltenteilung und den offenen Diskurs untergrabe, indem sie Exekutive, Justiz und Öffentlichkeit durch Druck manipuliere.
Die Verpflichtung zur Rückkehr: Ein Versprechen an Speyer
Trotz des Rückschlags in Speyer zeigten sich Thomas Stefan und Nicole Höchst entschlossen. Die Absage sei ein bedauerlicher Moment, betonte Stefan, man habe sich „alle drauf gefreut“. Doch die wichtigste Botschaft ist eine klare Kampfansage gegen die Einschüchterung: „Wir weichen dieser Gewalt nicht, wir werden wieder nach Speyer kommen“.
Dieses Versprechen ist mehr als nur eine politische Floskel; es ist eine Verpflichtung, die AfD als legitime politische Kraft zu etablieren und den Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich jenseits von medialer Verkürzung und politischer Diffamierung ein eigenes Bild zu machen. Thomas Stefan, als lokaler Abgeordneter, verspricht, „nächstes Jahr sehr oft in Speyer“ zu sein. Dies signalisiert eine langfristige Strategie, sich nicht durch gezielte Störmanöver vom politischen Engagement abbringen zu lassen.
Der Fall Speyer ist ein mahnendes Beispiel dafür, dass Demokratie nicht nur ein Zustand, sondern ein täglicher Prozess ist, der aktiven Schutz erfordert. Er wirft ein Schlaglicht auf die Methoden politischer Auseinandersetzung in Deutschland, die zunehmend von Polarisierung und Intoleranz geprägt sind. Die Bürger von Speyer wurden eines Dialogs beraubt, aber die Botschaft der AfD ist klar: Der Versuch, die Meinungsfreiheit zu ersticken, wird nur zu einer Verstärkung des Widerstandes führen. Die politischen Akteure, die diesen Dialog verhindert haben, müssen sich die Frage gefallen lassen, ob ihre Taktik tatsächlich dem Ideal einer pluralistischen und freien Gesellschaft dient. Die Reaktion der AfD ist eine Aufforderung an alle Bürger, sich nicht einschüchtern zu lassen und das eigene Recht auf Information und Austausch aktiv einzufordern. Der Dialog mag verschoben sein, aber die Debatte über den Zustand unserer Demokratie hat gerade erst begonnen. Die „groteske Fratze“ der Intoleranz, so die Hoffnung der AfD, wird auf Dauer nicht die Oberhand über die freiheitlichen Grundsätze unseres Rechtsstaates behalten können. Speyer wartet.