In den Annalen der internationalen Diplomatie gibt es Momente, die über einen bloßen Fauxpas hinausgehen und sich als tiefe Zäsur in das Gedächtnis der Öffentlichkeit und der politischen Akteure einbrennen. Was sich unlängst im Plenum des Ministerrats der OSZE-Staaten auf Malta ereignete, ist ein solcher Moment – eine Verkettung von Ungeschicklichkeiten, eklatanter Ahnungslosigkeit und einem anschließenden Vertuschungsversuch, der das Potenzial hat, das Ansehen Deutschlands auf der Weltbühne nachhaltig zu beschädigen und die Glaubwürdigkeit einer amtierenden Außenministerin ins Mark zu treffen. Im Zentrum dieses diplomatischen Dramas steht Annalena Baerbock, die neue Präsidentin der UN-Vollversammlung, und ihr Gegenspieler, der routinierte russische Außenminister Sergei Lawrow.

Der Kern des Skandals manifestierte sich in einer bemerkenswerten Szene, als Baerbock in ihrer Rede, die direkt an Lawrow gerichtet war, den verhängnisvollen Satz aussprach: „Sie können sich selbst etwas vormachen, nicht aber der Welt, nicht den 1,3 Milliarden Menschen in Europa.“ Ein grober, ein peinlicher Fehler, der wie ein Donnerhall durch den Saal gegangen sein muss. Europa, das wissen selbst aufmerksame Schüler, beherbergt rund 750 Millionen Einwohner. Mit einem einzigen Satz hatte Baerbock mal eben knapp 600 Millionen Menschen erfunden – einen ganzen „Scheinkontinent“, bevölkert von den Geistern ihrer eigenen Ahnungslosigkeit.
Die Reaktion im Saal soll eine Mischung aus ungläubigem Staunen, unterdrücktem Gelächter und peinlichem Schweigen gewesen sein. Sergei Lawrow, der alte Fuchs der Weltdiplomatie, soll sich ein spöttisches Lächeln nicht haben verkneifen können. Er musste nichts sagen. Baerbock hatte sich selbst demontiert. Ihre Botschaft, die eigentlich Stärke und Entschlossenheit demonstrieren sollte, verkehrte sich ins genaue Gegenteil. Sie offenbarte eine erschreckende Unkenntnis grundlegender Fakten. Sie zeigte eine Politikerin, die auf der Weltbühne agiert, aber offenbar nicht einmal die grundlegendsten Daten ihres eigenen Kontinents kennt. Die Blamage war perfekt. Es war ein Geschenk für die russische Propaganda und eine Demütigung für Deutschland.
Doch der eigentliche Skandal sollte erst noch folgen. Er spielte sich nicht auf der großen Bühne in Malta ab, sondern in den Redaktionsstuben des deutschen Staatsfunks. In jeder funktionierenden Mediendemokratie wäre ein solcher Lapsus ein gefundenes Fressen für die Presse gewesen. Man hätte über den peinlichen Fehler berichtet, ihn eingeordnet, vielleicht auch ein wenig darüber gespottet. Doch nicht so in Deutschland, nicht wenn es um Annalena Baerbock geht. Hier setzte ein Mechanismus ein, der an die Hofberichterstattung in autoritären Staaten erinnert. Anstatt aufzuklären, wurde vertuscht. Anstatt zu berichten, wurde manipuliert. Die Deutsche Presse-Agentur (DPA) und das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) wurden zu den Schutzengeln der gescheiterten Ministerin.
Zuerst verbreiteten sie das peinliche Zitat korrekt. Das ZDF hob es sogar als Zwischenüberschrift hervor. Doch nachdem in den sozialen Medien ein Sturm des Spotts und der Häme losbrach, geschah etwas Wundersames. Plötzlich änderte sich das Zitat. Aus den „1,3 Milliarden Menschen in Europa“ wurden die „1,3 Milliarden Menschen in der OSZE-Region“ – eine subtile Änderung, aber eine, die aus einem peinlichen Fehler eine korrekte Aussage machte. Es war eine glatte Zitatfälschung.

Wie kam es dazu? Nach NOS-Informationen wandte sich die DPA direkt an das Auswärtige Amt und wies die Beamten dort auf den Fehler von Annalena Baerbock hin. Daraufhin einigte man sich, das Zitat anzupassen, obwohl es anders gesagt wurde. Es ist ein Skandal im Skandal. Eine Nachrichtenagentur, die sich zur Neutralität verpflichtet hat, agiert als Pressesprecherin der Regierung. Ein Ministerium, das die Wahrheit vertreten sollte, gibt grünes Licht für eine Lüge. Und ein öffentlich-rechtlicher Sender, der von den Gebühren der Bürger lebt, macht bei diesem schmutzigen Spiel mit.
Es ist, wie der Quelltext es nennt, ein „höchst unüblicher Vorgang“. Normal wäre es gewesen, das falsche Zitat redaktionell einzuordnen. Stattdessen entschied man sich für die Vertuschung. Doch die Lüge flog auf. Der Druck wurde so groß, dass die DPA am Freitagnachmittag eine interne Untersuchung ankündigte. Man gab zu: „Dieses Vorgehen entspricht jedoch nicht den DPA-Standards.“ Ein direktes Zitat ist für Nachrichtenagenturen heilig. Die Vertuschung war gescheitert, und die Blamage für Baerbock und ihre medialen Schutzheiligen war nun noch größer als zuvor.
Die doppelte Demütigung von Malta – erst der peinliche Versprecher, dann die aufgeflogene Vertuschung – hat die Präsidentschaft von Annalena Baerbock zerstört, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat. Ihre Glaubwürdigkeit ist am Nullpunkt. Wer soll einer Präsidentin noch vertrauen, die grundlegende Fakten nicht kennt? Wer soll einer Politikerin noch glauben, die offenbar einen direkten Draht zu den Medien hat, um ihre eigenen Fehler zu vertuschen? Ihre Autorität ist dahin. Sergei Lawrow und andere hartgesottene Diplomaten werden sie nicht mehr als ernstzunehmende Verhandlungspartnerin betrachten. Sie werden sie als die ahnungslose Deutsche sehen, die man nach Belieben vorführen kann. Ihre eigenen europäischen Partner werden sich fragen, ob sie die richtige Frau an der Spitze der UN-Vollversammlung ist.
Annalena Baerbock ist zur Belastung geworden. Eine Belastung für die UN, eine Belastung für Europa und vor allem eine Belastung für Deutschland. Ihr Interview in der “Bild am Sonntag” wirkt vor diesem Hintergrund nur noch wie eine verzweifelte Flucht nach vorn. Sie fantasiert von UN-Blauhelmtruppen in der Ukraine, obwohl sie weiß, dass es dafür niemals eine Mehrheit im Sicherheitsrat geben wird. Sie verteidigt ihre peinlichen Instagram-Videos als „moderne Kommunikation“ und wirft ihren Kritikern vor, sie würden die Jugend nicht mehr erreichen. Und sie versucht, den Skandal um ihre Nominierung, bei der sie die Topdiplomatin Helga Schmidt ausbotete, mit der fadenscheinigen Ausrede zu rechtfertigen: „Die Story, die in der Öffentlichkeit ist, ist immer ein bisschen anders, als sie eigentlich gewesen ist.“ Es ist das Bild einer Politikerin, die den Kontakt zur Realität verloren hat – einer Politikerin, die in ihrer eigenen Blase aus Selbstgerechtigkeit und medialer Schutzzone lebt.

Doch diese Blase ist nun geplatzt. Die Demütigung durch Lawrow und die anschließende Vertuschungsaffäre haben die brutale Wahrheit ans Licht gebracht: Annalena Baerbocks Präsidentschaft ist am Ende.
Der Skandal um Annalena Baerbock ist mehr als nur das persönliche Scheitern einer einzelnen Politikerin. Er ist der Offenbarungseid eines ganzen Systems. Ein System, in dem Kompetenz keine Rolle mehr spielt: Nicht die beste Kandidatin, Helga Schmidt, bekommt den Job, sondern die am besten vernetzte Parteisoldatin. Ein System, in dem Journalismus zur Propaganda verkommt: Die Medien sehen ihre Aufgabe nicht mehr darin, die Mächtigen zu kontrollieren, sondern sie zu schützen. Die DPA, die von der Bundesregierung mit über einer Million Euro finanziert wird, agiert wie eine Regierungsbehörde. Und ein System, in dem Verantwortung ein Fremdwort ist: Niemand wird für die peinliche Blamage zur Rechenschaft gezogen. Die DPA untersucht sich selbst, das Auswärtige Amt schweigt, und Annalena Baerbock macht einfach weiter, als wäre nichts geschehen. Die UN-Präsidentschaft von Annalena Baerbock mag noch ein Jahr dauern, aber ihre politische Karriere ist am Ende – und mit ihr vielleicht auch das System, das sie hervorgebracht hat.