Starnberg – Er ist eine lebende Legende, der Fels in der Brandung der deutschen Musiklandschaft. Peter Maffay (75) hat alles erreicht: Rekorde, ausverkaufte Stadien, Millionen Fans. Doch hinter der rauen Schale und den Tabaluga-Erfolgen verbirgt sich eine Seele, die viele Narben trägt. Anlässlich seines 75. Geburtstags bricht der Musiker sein Schweigen und gewährt einen tiefen Einblick in die schmerzhaftesten Kapitel seiner Laufbahn. In einem bewegenden Rückblick nennt er erstmals offen die fünf Kollegen, die ihn am meisten enttäuscht, verletzt, aber auch geprägt haben.
Es ist ein ungewohntes Bild: Peter Maffay, ganz ruhig, in einem gedämpften Studio. Keine laute Band, kein Scheinwerferlicht. Er wirkt nachdenklich, als er auf die Frage nach seinen größten menschlichen Enttäuschungen antwortet. Er nennt fünf Namen. Fünf Giganten. Und jeder Name steht für eine Wunde, die die Zeit nur langsam heilen konnte.

Howard Carpendale – Der strahlende Gegenentwurf
In den 70er Jahren war die deutsche Musikwelt zweigeteilt. Hier der charmante, immer lächelnde Howard Carpendale, dort der ernste, kantige Peter Maffay. „Du bist zu schwer, zu ernst“, bekam Maffay oft zu hören. Die Leichtigkeit, mit der Carpendale Kameras und Herzen eroberte, war für Maffay faszinierend und schmerzhaft zugleich.
„Carpendale ist TV, du bist Radio“, urteilten die Bosse. Eine Begegnung blieb Maffay besonders im Gedächtnis: Während Carpendale bei einer Probe spielerisch glänzte und Applaus vom Regisseur erntete, musste Maffay kämpfen. „Wir brauchen noch eine, er wirkt zu ernst“, hieß es nach seinem Auftritt. Howard meinte es nie böse, doch seine makellose Perfektion ließ Maffay stets spüren, dass er der „schwierige“ Außenseiter war.
Bernd Clüver – Der „Sunnyboy“ und die Ungerechtigkeit
Bernd Clüver, der „Junge mit der Mundharmonika“, war der Posterboy der Nation. Maffay erinnert sich an die Ungerechtigkeit, wie Ruhm verteilt wurde. Ein Satz eines Produzenten brannte sich tief ein: „Klüver lockt die Mädchen, Maffay die Männer.“
Clüver flog der Erfolg zu, Maffay musste ihn sich erarbeiten. „Du musst dich nicht so ernst nehmen, Mann“, sagte Clüver ihm einst gönnerhaft. Für Maffay, für den Musik pure Wahrheit war, ein Schlag ins Gesicht. Clüvers jugendliche Arroganz spiegelte Maffay wider, wie hart sein eigener Weg war.

Udo Lindenberg – Spott statt Anerkennung
Udo Lindenberg und Peter Maffay – zwei Rebellen, sollte man meinen. Doch die Realität sah anders aus. Udo, der Chaot und Poet, hatte für Maffays Arbeitsweise nur Spott übrig. „Maffay ist ein Perfektionist, der baut seine Songs wie Kühlschränke“, witzelte der Panik-Rocker einst.
Alle lachten. Maffay nicht. Er hatte Udo oft verteidigt, doch zurück kam wenig. Als Maffay ein Duett vorschlug, lehnte Udo ab. Ihre Welten seien zu unterschiedlich. Für Maffay klang das wie ein Urteil über seinen künstlerischen Wert. Die Sehnsucht, vom „Coolen“ der Branche akzeptiert zu werden, blieb unerfüllt.
Peter Alexander – Das unerreichbare Monument
Peter Alexander war das Maß aller Dinge. Ein Entertainer von Weltformat. Doch für den jungen Rocker Maffay war er auch die Mauer, gegen die er lief. Maffay wurde für Shows abgelehnt, weil er „nicht neben Alexander harmonierte“. Er war zu roh, zu kontrastreich für die heile Welt des großen Showmasters.
„Talent ist nur der Anfang“, gab Alexander ihm einst mit auf den Weg. Ein höflicher Satz, der Maffay jedoch spüren ließ: Du gehörst nicht dazu. Alexander verletzte nicht durch Taten, sondern durch seine bloße Existenz als unerreichbares Ideal, das Maffay in den Schatten stellte.
Roland Kaiser – Die schmerzhafte Distanz
Die größte Enttäuschung aber trägt den Namen Roland Kaiser. Zwei Superstars, die sich jahrzehntelang umkreisten, aber nie berührten. Die Verletzung hier liegt in der Kälte, in der absoluten Distanz.
Als beide für eine gemeinsame Tournee im Gespräch waren, lehnte Kaiser ab. „Unsere Welten passen nicht zusammen.“ Pragmatisch für den einen, verletzend für den anderen. Maffay fühlte sich ausgegrenzt. „Kaiser ist der Mann des Publikums, Maffay ist Kunst“, hieß es oft trennend. Der tiefste Stich: Als Kaiser nach seinem idealen Duett-Partner gefragt wurde, nannte er viele Namen – nur nicht Peter Maffay.
Es war kein Hass, es war Ignoranz. Das Gefühl, vom Kollegen auf Augenhöhe nicht gesehen zu werden. „Er sah mich nicht, und manchmal tut genau das mehr weh als jede Kritik“, resümiert Maffay heute.

Der Frieden im Alter
Doch Peter Maffay wäre nicht er selbst, wenn er an diesen Enttäuschungen zerbrochen wäre. Heute, mit 75, blickt er milde auf diese Zeit zurück. Er hat erkannt: „Was mich damals verletzte, hat mich zu dem gemacht, der ich bin.“
Er steht auf, schaut aus dem Fenster. Kein Groll mehr, nur noch Klarheit. Er hat seinen eigenen Weg gefunden, abseits der „Sunnyboys“ und Show-Giganten. „Ich trage niemanden mehr in meinem Schatten“, flüstert er. Es ist der Satz eines Mannes, der endlich bei sich selbst angekommen ist. Und das ist vielleicht sein größter Erfolg.