Die Existenzfrage: Ex-CDU-Generalsekretär Tauber erklärt die „Brandmauer“ zur tödlichen Gefahr für das Überleben der Union

Die deutsche politische Landschaft befindet sich in einem Zustand tiefgreifender Verwerfung. Kaum ein Tag vergeht, an dem die etablierten Parteien nicht mit existenzbedrohenden Herausforderungen konfrontiert werden. Doch die jüngsten Äußerungen aus den Reihen der Christlich Demokratischen Union (CDU) haben die Debatte auf ein neues, dramatisch zugespitztes Niveau gehoben. Der ehemalige Generalsekretär der CDU, Peter Tauber, hat eine politische Bombe platzen lassen. Seine schonungslose Analyse lautet: Die sogenannte „Brandmauer“ zur Alternative für Deutschland (AfD) ist keine schützende Festung der Demokratie mehr, sondern eine selbstmörderische Strategie, die das Überleben der CDU als Volkspartei aktiv gefährdet.

Was gestern noch als Tabubruch galt, ist heute zu einer dringenden Überlebensfrage geworden. Die Diskussion, die sich über Nacht von einem Flüstern zu einem landesweiten Aufschrei entwickelt hat, markiert einen potenziellen Sinneswandel von historischer Dimension. Nicht nur Tauber, sondern auch ehemals einflussreiche Figuren wie der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und der frühere Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission, Andreas Röder, fordern im Stern eine „Normalisierung“ im Umgang mit der AfD. Die Erkenntnis ist so verblüffend wie eindeutig: Die Brandmauer hat ihr Ziel nicht nur verfehlt – sie hat das Gegenteil bewirkt und die AfD erst richtig stark gemacht.

Die spektakuläre 180-Grad-Wende: Zehn Jahre des Scheiterns

Peter Tauber, der in seiner Zeit als Generalsekretär unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel noch als Verfechter des Abgrenzungskurses galt, begründet seine Kehrtwende mit einem Argument, das in seiner Einfachheit und Logik verheerend ist. Im Gespräch mit Ronzheimer konstatierte er messerscharf: „Wenn ich feststellen muss, dass eine gewählte Taktik über 10 Jahre nicht zum gewünschten Ergebnis führt, dann kann ich nicht einfach stumpf so weitermachen.“

Diese Aussage ist mehr als nur eine politische Kritik; sie ist ein Eingeständnis kollektiven Versagens und ein Weckruf. Seit einem Jahrzehnt versucht die Union, die AfD durch Stigmatisierung, Ausgrenzung und die Errichtung einer ideologischen Mauer einzudämmen. Die Bilanz dieser Taktik ist desaströs. Die AfD erreicht Umfragewerte von 26 bis 27 Prozent auf Bundesebene und liegt damit deutlich vor der CDU. In ostdeutschen Bundesländern wie Sachsen-Anhalt werden in aktuellen Umfragen sogar schockierende 40 Prozent prognostiziert. Die Schlussfolgerung, die Tauber und andere jetzt ziehen, ist unumgänglich: Je höher die Brandmauer gezogen wurde, desto stärker ist die AfD geworden. Die Taktik hat sich in ihr Gegenteil verkehrt.

Die CDU hat in ihrem verzweifelten Versuch, die AfD kleinzuhalten, ihre eigene Agenda derart sterilisiert, dass sie für viele Bürger nicht mehr wählbar erscheint. Jedes Thema, das die AfD besetzt – sei es Migration, innere Sicherheit oder die Energiepolitik – wird von der Union in Abhängigkeit von der AfD debattiert. Die Folge: Man darf nicht jedes Thema in Abhängigkeit von der AfD debattieren, so Tauber, da die derzeitige Stigmatisierung der AfD nur hilft. Die Union hat sich selbst mundtot gemacht. Sie hat zentrale Anliegen der Bürger an den politischen Rand delegiert, nur um ja nicht in die Nähe der AfD gerückt zu werden. Diese politische Selbstfesselung führt dazu, dass die Union als kraftlos und inkompetent wahrgenommen wird, unfähig, die dringenden Probleme des Landes zu lösen.

Die fatale Logik der politischen Einkapselung

Taubers Analyse geht noch tiefer. Er sieht die CDU/CSU-Union in einer existentiell gefährlichen Position „eingemauert“ zwischen der ideologisch linken Politik der aktuellen Bundesregierung (die in weiten Teilen als rot-grün dominiert wahrgenommen wird) und der radikalen Rechten in Form der AfD. Das Unvermögen der Union, frei und sachlich über Lösungen nachzudenken, ohne sofort den Vorwurf der AfD-Nähe zu kassieren, hat eine politische Lähmung ausgelöst.

Ein Beispiel dafür ist die Migrationspolitik. Unvergessen sind die landesweiten Proteste gegen Unionspolitiker, als ein Antrag zur Migrationsbegrenzung im Bundestag mit Stimmen der AfD die Mehrheit fand. Anstatt dies als demokratischen Erfolg im Sinne der Sachpolitik zu verbuchen, stürzte die Union in eine innere Krise. Die Folge dieses politischen Reflexes ist, dass die Union Themen, die das Volk bewegen, aus Angst vor medialer und parteiinterner Ächtung, nicht mehr sachorientiert angehen kann. Sie wird, wie Tauber kritisiert, „von den Rot-Grünen getrieben“.

Die Bürger sehen, dass die Bundesregierung – die das Volk als inkompetent und unehrlich empfindet – außenpolitisch das Land in Richtung eines Konflikts mit Russland treibt, die innere Sicherheit sich dramatisch verschlechtert und die Wirtschaft unter massiven Belastungen ächzt. Von den versprochenen Steuererleichterungen und Entlastungen ist nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die Streichung des Pflegegrads 1 droht. Ist es da ein Wunder, dass die Menschen frustriert sind und eine politische Alternative suchen? „Wenn ihr das nicht regelt, muss das irgendwer anders tun – egal mit welchen Mitteln“, beschreibt Tauber die Stimmung der Wähler.

Dieser Zustand der politischen Lähmung ist nicht nur schlecht für die CDU, er ist, wie Tauber eindringlich warnt, eine Gefahr für das gesamte Land. Er argumentiert, dass die „Untergangsszenarien, die manche für die Republik schreiben“, viel näher sind, als man denkt, wenn es nicht gelingt, eine „Entspannung in der Debatte“ herbeizuführen und endlich wieder zur Sache zurückzukehren.

Der wahre Motor: Die nackte Existenzangst

Was diese Debatte so spannend und gleichzeitig zynisch macht, ist die Frage nach dem wirklichen Motiv für Taubers Forderung. Ist es die Sorge um das Wohl des Landes oder die Panik vor dem eigenen Untergang?

Die Antwort des Videos und vieler Beobachter ist eine zutiefst menschliche und politisch motivierte: Es ist die nackte Machtgeilheit. Der Kurswechsel wird nicht vollzogen, weil es Deutschland schlecht geht, sondern weil die eigene Partei – die CDU – unterzugehen droht. Erst wenn die Existenz der eigenen politischen Klasse, die „eigene Geldbörse“ und der Zugriff auf die Macht gefährdet sind, wird die Notbremse gezogen.

Die Logik ist unbarmherzig: Je länger die Brandmauer hält, desto stärker wird die AfD. Irgendwann wird die AfD so stark sein, dass sie die absolute Mehrheit hat und die CDU für eine Koalition nicht mehr benötigt. Schlimmer noch: Frustrierte CDU-Wähler werden in Scharen zur AfD abwandern, bis die Union auf eine Größe schrumpft, die ihr den Status einer Volkspartei endgültig nimmt. „Dann wird die Union über kurz oder lang nicht mehr geben“, so Taubers ultimative Drohung. Diese Warnung ist ein Appell an den Selbsterhaltungstrieb der Partei und nicht primär an ihre staatspolitische Verantwortung.

Der Hauptauftrag einer Partei, so der Generalsekretär weiter, bestehe doch nicht darin, „um des Verrecken andere Meinungen zu verhindern“, sondern dem deutschen Volk zu dienen. Und da die Linksparteien das Land in eine Krise führen, muss man sich, so die implizite Schlussfolgerung, eben nach rechts orientieren. Hier liegt der Kern der neuen Debatte. Die Union muss entscheiden, ob sie eine demokratische Partei bleibt, die die besten Lösungen für das Land sucht – selbst wenn diese Lösungen mit den Positionen anderer Parteien, wie der AfD, inhaltliche Überschneidungen aufweisen – oder ob sie sich weiterhin als ideologische Anti-AfD-Koalition definiert.

Die rote Linie: Keine Kooperation mit den Linken

Die Ernsthaftigkeit dieses Kurswechsels wird durch Taubers klare Ablehnung einer Alternative unterstrichen. Er widerspricht vehement der Forderung, die CDU müsse notfalls mit der Linkspartei zusammenarbeiten, um eine Machtübernahme der AfD zu verhindern.

Wenn eine Mehrheit nur mit den Linken gegen die AfD zustande käme, so Tauber, müsse sich die Union fragen, ob sie ihr altes Narrativ der staatspolitischen Verantwortung dann noch aufrechterhalten könne. Seine klare Antwort: „Das sehe ich nicht mehr.“

Diese Abgrenzung ist von entscheidender strategischer Bedeutung. Sie signalisiert, dass die Union zwar bereit ist, ihre ideologischen Fesseln gegenüber der Rechten zu lockern, aber nicht bereit ist, sich in die Arme einer extrem linken Partei zu werfen, deren Grundsätze der Union noch ferner stehen als die der AfD. Dies wäre ein völliger Glaubwürdigkeitsverlust, da die CDU sich damit endgültig von ihren konservativen und wirtschaftsliberalen Wurzeln abkoppeln würde. Tauber fordert damit im Grunde eine Rückkehr zu einer Politik der Sachlichkeit, die das Wohl des Landes über das ideologische Kalkül stellt.

Die Zerreißprobe: Was kommt jetzt?

Die Debatte um die Brandmauer hat innerhalb der CDU nun offiziell eine Dimension erreicht, die nicht mehr ignoriert werden kann. Peter Tauber, Karl-Theodor zu Guttenberg und Andreas Röder haben einen epochalen Stein ins Rollen gebracht. Sie sprechen aus, was viele in den Hinterbänken der Union denken und was die stetig steigenden Umfragewerte der AfD zementieren.

Die Union steht vor der größten Zerreißprobe ihrer jüngeren Geschichte. Der Parteivorsitzende Friedrich Merz und die gesamte Führungsriege sind nun in Zugzwang. Sie müssen entscheiden, ob sie den Kurs der Ausgrenzung und damit den schleichenden Untergang der Partei fortsetzen oder ob sie sich dem Ruf nach einer „Normalisierung“ beugen, um die eigene politische Existenz zu sichern.

Wird der „ganz große Ruck“ die CDU ergreifen, der es ihr ermöglicht, wieder zu einer Politik der Mitte zurückzukehren, die die Probleme der Menschen adressiert und nicht nur die AfD verteufelt? Oder werden die mächtigen Kräfte der alten Garde, die an der Brandmauer festhalten, weil sie ihre eigenen Karrieren auf diesem Narrativ aufgebaut haben, Tauber und Guttenberg wieder mundtot machen? Die kommenden Monate werden darüber entscheiden, ob die CDU in die politische Bedeutungslosigkeit abgleitet oder ob sie den Mut zur Selbstkritik und zur Neuausrichtung findet. Deutschland blickt gebannt auf die Reaktion der Union. Es geht um mehr als nur um eine Mauer; es geht um das Schicksal einer der wichtigsten Parteien der Bundesrepublik.

Related Posts

Our Privacy policy

https://newsjob24.com - © 2025 News