Die Bilder gingen um die Welt: Anni-Frid Lyngstad und Benny Andersson, Seite an Seite beim Jubiläum von ABBA Voyage, lächelnd, fast vertraut. Für Millionen von Fans war es ein Moment purer Nostalgie, ein Beweis dafür, dass die Magie auch nach all den Jahren nicht verblasst ist. Doch hinter diesem Lächeln, das so mühelos wirkte, verbarg sich eine jahrzehntelange, unausgesprochene Wahrheit. Jetzt, mit 79 Jahren, hat Anni-Frid – die oft als die stille, würdevolle Kraft von ABBA galt – ihr Schweigen gebrochen. Und was sie enthüllt, ist keine sanfte Reflexion über vergangene Zeiten. Es ist ein schockierendes Geständnis über Verrat, tiefen persönlichen Schmerz und eine Liebe, die so mächtig war, dass sie sich weigerte zu sterben, selbst als sie alles zerstört hatte.
Die Welt kennt die Geschichte von ABBA als ein Märchen: zwei Paare, vier musikalische Genies, die aus Schweden kamen, um die Popwelt zu erobern. Doch für Anni-Frid Lyngstad war das Leben schon lange vor “Waterloo” alles andere als ein Märchen. Geboren 1945 im Schatten des Zweiten Weltkriegs in Norwegen, war sie eines der “Tyskerbarn” – ein “Deutschenkind”, gezeugt von einem deutschen Wehrmachtssoldaten und einer norwegischen Mutter. Geächtet und stigmatisiert, floh ihre Großmutter mit ihr nach Schweden. Ihre Mutter starb an Nierenversagen, als Frida kaum zwei Jahre alt war. Sie wuchs mit dem Gefühl auf, eine Außenseiterin zu sein, eine Überlebende. Mit 17 heiratete sie, mit 24 war sie bereits geschieden und Mutter zweier Kinder, Hans und Ann-Lise-Lotte, und kämpfte sich als Jazzsängerin durch die lokale Musikszene.

Dann, 1969, traf sie Benny Andersson. Er war der aufstrebende Stern von Schwedens beliebtester Popgruppe, The Hepstars. Auch er war bereits Vater von zwei Kindern. Die Verbindung war unmittelbar, nicht nur romantisch, sondern vor allem künstlerisch. “Wir mussten uns musikalisch nie etwas erklären”, sagte Benny einmal. “Frida verstand es einfach.” Sie wurden ein Paar, zogen 1971 zusammen und bildeten zusammen mit Björn Ulvaeus und Agneta Fältskog das Fundament dessen, was ABBA werden sollte.
Der globale Durchbruch 1974 mit “Waterloo” katapultierte sie in einen Rausch aus Flügen, Studios und Hotelzimmern. Ihre Beziehung war der emotionale Kern vieler Songs. Während Agneta und Björn bereits 1971 heirateten, ließen sich Frida und Benny Zeit. Sie heirateten erst 1978, auf dem absoluten Höhepunkt ihres Ruhms, nach fast einem Jahrzehnt des Zusammenlebens. Es sollte ein Fest ihrer Liebe und ihres Erfolgs sein. Doch wie Frida Jahre später bitter zugab, war es “die schönste Illusion, die ich je gelebt habe.”
Denn während die Welt zu “Dancing Queen” tanzte, begann hinter den Kulissen der stille Zerfall. Die Ehe hielt nur drei Jahre. Das Ende kam nicht mit einem Knall, sondern mit einem asschleichenden Schweigen. “Er hörte auf, nach Hause zu kommen”, gestand Frida jetzt, “und ich hörte auf zu fragen, warum. Denn ich wusste es längst.”
Hier kommt die erste Bombe in Fridas Beichte: die andere Frau. Ihr Name war Mona Nörklit, eine schwedische Fernsehproduzentin. Die Öffentlichkeit erfuhr davon erst später, aber Frida enthüllt nun, dass sie es wusste, lange bevor die Ehe offiziell am Ende war. Es waren nicht die Schlagzeilen, die es ihr verrieten, sondern “das leise Verschwinden der Liebe, der veränderte Tonfall, der Blick aufs Handy, die unerklärten Abwesenheiten.” In einem Akt unglaublicher, fast schmerzhafter Selbstbeherrschung stellte sie ihn nie zur Rede. “Ich wusste es, und ich schwieg. Das war meine Entscheidung.” Sie war ein Profi. ABBA war auf der Illusion von Harmonie aufgebaut, und Frida hielt den Vorhang geschlossen. Sie schluckte ihren Schmerz “wie eine Note, die nie den Refrain erreichte.”
1981 wurde die Ehe geschieden. Im selben Jahr erschien “The Visitors”, das letzte, düsterste und nachdenklichste Studioalbum von ABBA. Es wurde aufgenommen, als beide Paare bereits getrennt waren, und klingt wie ein musikalischer Abschiedsbrief. Doch der Zeitplan von Benny Andersson nach der Trennung war es, der Frida das Gefühl gab, “ausgelöscht” zu werden. Nur wenige Monate nach der Scheidung heiratete er Mona Nörklit. Im folgenden Jahr wurde ihr gemeinsamer Sohn Ludwig geboren. “Er fand ein neues Leben”, so Frida, “und ich sammelte noch die Scherben des Alten auf.”
Es fühlte sich an, als wäre sie “nicht nur als Ehefrau, als Partnerin, als Mitgestalterin” ersetzt worden, “sondern als ein Kapitel seiner Geschichte, das keine Rolle mehr spielte.”
Doch die schockierendste Enthüllung ist eine andere. Es ist ein Detail, das die Dynamik innerhalb der Band in ein völlig neues Licht rückt. Benny bat sie, ABBA zuerst zu verlassen. Bereits 1980, als ihre Ehe zerbrach, schlug er vor, dass sie aus der Band austreten solle. “Er sagte, wir bräuchten Abstand”, erinnert sich Frida mit zitternder Stimme, “dass wir nicht heilen könnten, solange wir noch im selben Studio waren, dieselbe Luft atmeten.”
Stellen Sie sich diesen Moment vor: Der Mann, den Sie lieben, verlässt Sie für eine andere Frau und bittet Sie dann, die weltberühmte Band zu verlassen, die Sie gemeinsam aufgebaut haben. Fridas Antwort war ein Akt des Trotzes, geboren aus tiefstem Schmerz. “Ich sagte nein. Denn die Musik war das einzige, was noch zwischen uns blieb. Ich hatte meinen Mann schon verloren. Ich wollte nicht auch noch die Musik verlieren.” Also blieb sie. Sie blieb in der Band und in ihrem Schmerz, sang Lieder über Herzschmerz, die ihr Ex-Mann geschrieben hatte, während seine neue Liebe bereits Realität war.

Und dann, Jahrzehnte später, im Angesicht ihres Lebenswerks, kommt das Geständnis, das vielleicht am tiefsten berührt. Der Interviewer hielt inne, als sie es sagte. “Ich habe nie aufgehört, ihn zu lieben”, flüsterte sie. “Auch als er ging, auch als er sich für Mona entschied, auch als ich wieder heiratete. Da war immer ein Faden.”
Dieser Faden war alles, was ihr blieb, als das Schicksal erneut zuschlug – und zwar mit einer Brutalität, die kaum zu ertragen ist. Nach dem Ende von ABBA startete Frida eine erfolgreiche Solokarriere. Ihr Album “Something’s Going On” von 1982 war ein weltweiter Hit, ein Befreiungsschlag. Sie heiratete 1992 Prinz Heinrich Ruzzo Reuss von Plauen und wurde zur Prinzessin. Doch das Glück war von kurzer Dauer. 1998 geschah das Unvorstellbare: Ihre Tochter aus erster Ehe, Ann-Lise-Lotte, starb bei einem Autounfall in den USA. Sie wurde nur 30 Jahre alt. Nur ein Jahr später, 1999, verlor Frida auch ihren Ehemann, Prinz Ruzzo, an den Lymphdrüsenkrebs.
Innerhalb von zwölf Monaten hatte sie ihre Tochter und ihren Ehemann verloren. Sie zog sich fast vollständig aus der Öffentlichkeit zurück, zog in die Schweiz. “Es gab Jahre, in denen ich keine Musik hören konnte”, gab sie zu. “Alles erinnerte mich an das, was ich verloren hatte.”
Währenddessen ging Bennys Leben weiter. Er und Björn schufen Welterfolge wie das Musical “Mamma Mia!”. Er gründete sein eigenes Orchester. Seine Ehe mit Mona Nörklit hält bis heute, seit über 43 Jahren. Ihre Familie, einschließlich Sohn Ludwig (der maßgeblich an ABBA Voyage beteiligt war), gilt als Symbol für Beständigkeit. Ein Leben, das er sich aufbaute, unmittelbar nachdem er Fridas Leben in Trümmern zurückgelassen hatte. “Er hat das Leben gefunden, das er sich gewünscht hat”, sagt Frida heute ohne Groll, aber mit einer Klarheit, die schmerzt. “Und ich freue mich für ihn. Aber ich denke, ich war kein Teil dieses Lebens. Nicht, weil ich es so wollte, sondern weil er es so entschieden hat.”
Heute lebt Frida, mit 79, ein ruhiges, aber erfülltes Leben in der Schweiz mit ihrem langjährigen Partner, Henry Smith. Sie widmet sich Stiftungsarbeit und dem Umweltschutz. Sie scheint ihren Frieden gefunden zu haben.
Und doch bleibt da dieses letzte Schweigen. Als sie und Benny kürzlich bei der ABBA Voyage Show zusammenstanden, lächelnd für die Kameras, sah die Welt zwei alte Freunde. Doch Frida offenbarte, was sie wirklich fühlte. “Es sah nach Freude aus, und vielleicht war es das auch. Aber hinter diesem Lächeln war ein letztes Schweigen.” Dieses Schweigen, so sagt sie, habe nichts mit der Scheidung oder der Musik zu tun. Es sei “das Fehlen eines Abschlusses.”
Anni-Frid Lyngstads späte Beichte ist mehr als nur Klatsch über eine alte Pop-Band. Es ist das Zeugnis einer Frau von unglaublicher Widerstandsfähigkeit. Eine Frau, die als “Deutschenkind” geächtet wurde, ihre Mutter verlor, den Gipfel der Welt erklomm, nur um von ihrem Ehemann “ausgelöscht” zu werden, und die dann den unvorstellbaren Schmerz überlebte, ihr eigenes Kind und ihren zweiten Mann zu begraben. Ihre Enthüllung, dass sie Benny nie aufgehört hat zu lieben, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von einer tiefen, komplexen menschlichen Wahrheit. Die Lieder von ABBA waren nie nur Pop. Sie waren der Soundtrack eines echten, turbulenten und oft tragischen Lebens. Und Anni-Frid Lyngstad war immer viel mehr als nur die Mezzosopranistin. Sie war die Überlebende.