Es gibt Fernsehserien, die mehr sind als nur Unterhaltung. Sie werden zu einem Teil der nationalen DNA, zu einem kollektiven Lagerfeuer, um das sich eine ganze Generation versammelt. „Diese Drombuschs“ war genau das. Von 1983 bis 1994 flimmerte die Geschichte der Darmstädter Mittelstandsfamilie über die deutschen Bildschirme und wurde zu einem Straßenfeger, wie es ihn heute kaum noch gibt. Die Serie war ein Spiegelbild der Bundesrepublik – sie handelte von Träumen und Ängsten, von sozialem Aufstieg und tiefem Fall, von familiärem Zusammenhalt und herzzerreißenden Brüchen. Doch während die fiktive Familie Drombusch auf dem Bildschirm ihre Krisen durchlebte, spielten sich im wahren Leben der Darsteller Dramen ab, die an Tragik kaum zu überbieten waren. Fast drei Jahrzehnte nach dem Ende der Kultserie ist der Blick zurück nicht nur von Nostalgie geprägt, sondern auch von tiefem Schmerz über die Schicksale derer, die uns so ans Herz gewachsen waren.
Das Herz der Serie: Vera und Siegfried – Ein unvergessliches Paar
Im Zentrum des Drombusch-Universums standen sie: Vera, die pragmatische, aufopferungsvolle Matriarchin, und Siegfried, der gutmütige, aber oft überforderte Patriarch. Gespielt wurden sie von Witta Pohl und Günter Strack, zwei Schauspiel-Giganten, deren Chemie die Serie trug.
Witta Pohl als Vera Drombusch: Sie war die Seele der Familie, die „Mutter der Nation“. Witta Pohl verkörperte die Rolle der Vera mit einer solchen Authentizität, dass die Grenzen zwischen Fiktion und Realität zu verschwimmen schienen. Vera war eine Frau, die für ihre Familie alles gab, die Schicksalsschläge mit einer Mischung aus Pragmatismus und unerschütterlichem Willen meisterte. Sie verlor ihren Mann, kämpfte mit rebellierenden Kindern und stand doch immer wieder auf. Witta Pohl wurde untrennbar mit dieser Rolle verbunden. Nach dem Ende der Serie fiel es ihr schwer, an diesen monumentalen Erfolg anzuknüpfen. Sie engagierte sich stark sozial, gründete den Verein „Kinder-Luftbrücke e. V.“ und widmete einen Großteil ihres Lebens der Hilfe für Kinder in Not. Doch die große Schattenfigur der Vera Drombusch ließ sie nie ganz los. Im April 2011 verstarb Witta Pohl im Alter von 73 Jahren an Leukämie. Ihr Tod fühlte sich für viele an, als wäre ein echtes Familienmitglied gegangen.
Günter Strack als Siegfried „Sigi“ Drombusch: Er war der Inbegriff des deutschen Familienvaters der 80er Jahre. Ein Mann, der hart arbeitete, seinen Antiquitätenladen mit Leidenschaft führte, aber mit der modernen Welt und den komplexen Problemen seiner Kinder oft überfordert war. Günter Strack, mit seiner imposanten Statur und seiner brummig-herzlichen Art, war die perfekte Besetzung. Sein plötzlicher Serientod in der Mitte der Serie – Siegfried stirbt an einem Herzinfarkt – war ein Schock für die Fernsehnation und einer der dramaturgischen Höhepunkte, der die Serie in eine neue, düsterere Richtung lenkte. Im wahren Leben war Strack ein gefeierter Star, der auch als Anwalt Dr. Renz in „Ein Fall für zwei“ glänzte. Er war ein Genussmensch, bekannt für seine Liebe zu gutem Essen und Trinken. Am 18. Januar 1999 erlag er im Alter von 69 Jahren ebenfalls einem Herzversagen. Sein Tod markierte das endgültige Ende einer Ära großer deutscher Volksschauspieler.
Die Kinder der Drombuschs: Zwischen Ruhm und Tragödie
Die Geschichten der Drombusch-Kinder waren das emotionale Zentrum vieler Episoden. Ihre Wege ins Erwachsenenleben, ihre Liebesdramen und beruflichen Krisen fesselten das Publikum. Doch auch ihre realen Lebenswege waren von Höhen und tiefen Tälern geprägt.
Mick Werup als Christoph „Chris“ Drombusch: Er war der älteste Sohn, der Polizist, der ruhende Pol der Familie, der oft zwischen seinen Eltern und Geschwistern vermitteln musste. Mick Werup spielte die Rolle des verantwortungsbewussten Sohnes mit einer stillen Intensität. Nach dem Serien-Aus wurde es jedoch still um ihn. Er zog sich weitgehend aus der Schauspielerei zurück, versuchte sich in anderen Berufen und reiste viel, unter anderem nach Indien. Was die Öffentlichkeit nicht wusste: Er kämpfte mit schweren Depressionen. Im Januar 2011, nur wenige Monate vor dem Tod seiner TV-Mutter Witta Pohl, nahm sich Mick Werup im Alter von 52 Jahren das Leben. Sein Suizid war der wohl tragischste und schockierendste Moment in der Nach-Drombusch-Ära und warf ein düsteres Licht auf den Druck und die Vergänglichkeit des Ruhms.
Sabine Kaack & Anja Jaenicke als Marion Drombusch: Die Rolle der ältesten Tochter Marion, die als Restauratorin arbeitete und ein turbulentes Liebesleben führte, wurde von zwei Schauspielerinnen gespielt. Sabine Kaack verkörperte die Rolle in den ersten Staffeln, verließ die Serie jedoch nach einem Streit um Gagenforderungen. Für sie war der Ausstieg ein Karrieresprungbrett; sie wurde mit Serien wie „Auf Achse“ und „Da kommt Kalle“ zu einem bekannten TV-Gesicht. Anja Jaenicke übernahm die Rolle, konnte aber nie ganz aus dem Schatten ihrer Vorgängerin treten. Sie zog sich später aus dem Schauspielgeschäft zurück und arbeitet heute als Autorin und Coach.
Marion Kracht als Bettina „Tina“ Drombusch: Sie war die jüngste Tochter, das Nesthäkchen, das sich von der Schülerin zur Tierärztin entwickelte. Marion Kracht wuchs mit ihrer Rolle und wurde zu einer der beliebtesten Darstellerinnen der Serie. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen konnte sie nach dem Ende von „Diese Drombuschs“ eine stabile und erfolgreiche Karriere aufbauen. Sie ist bis heute eine gefragte Schauspielerin in Film, Fernsehen und auf der Theaterbühne und engagiert sich zudem als Tierschützerin.
Eike Hagen Schweikhardt als Thomas „Thomi“ Drombusch: Als jüngster Sohn machte er die wohl größte Entwicklung durch – vom kleinen Jungen zum jungen Mann, der mit den Erwartungen seiner Familie kämpfte. Eike Hagen Schweikhardt war ein Kinderstar, doch nach dem Ende der Serie entschied er sich gegen eine Schauspielkarriere. Er studierte und arbeitet heute erfolgreich als Musiker, Komponist und Musikproduzent in Berlin, fernab der Kameras.
Das bleibende Erbe einer Kultfamilie
„Diese Drombuschs“ war mehr als eine Serie – es war ein Phänomen, das den Nerv einer ganzen Generation traf. Die Geschichten von Vera, Siegfried und ihren Kindern waren so real, so nah am Leben, dass sich Millionen Deutsche darin wiederfanden. Der Blick zurück ist heute ein bittersüßer. Die Erinnerung an die gemeinsamen Fernsehabende ist warm und tröstlich, doch das Wissen um die tragischen Schicksale von Günter Strack, Witta Pohl und insbesondere Mick Werup legt einen Schleier der Melancholie über das Erbe.
Die Serie hat uns gelehrt, dass Familien unordentlich, kompliziert und manchmal schmerzhaft sind, aber am Ende das Wichtigste im Leben bleiben. Die realen Geschichten der Darsteller lehren uns eine andere, härtere Lektion: Ruhm ist vergänglich, und hinter der strahlenden Fassade des Erfolgs lauern oft dieselben Dämonen, die jeden von uns treffen können. Die Drombuschs sind von den Bildschirmen verschwunden, aber in den Herzen der Zuschauer leben sie weiter – als ewige Erinnerung an eine Zeit, in der das Fernsehen noch die Kraft hatte, eine ganze Nation zu vereinen.