In einer Zeit, in der politische Phrasen oft den Inhalt ersetzen, wirkt dieses Interview wie ein Donnerschlag. Sahra Wagenknecht, die Ikone der linken Opposition und Gründerin des BSW, nimmt kein Blatt vor den Mund. In einem Gespräch, das an Offenheit und Schärfe kaum zu überbieten ist, zeichnet sie das Bild eines Landes, das von seiner Führung nicht nur in den wirtschaftlichen Ruin, sondern in eine existenzielle militärische Katastrophe gesteuert wird. Ihre Botschaft ist unmissverständlich: “Die Menschen werden belogen.”
Der Tanz auf dem Vulkan: Die nukleare Falle
Das wohl beängstigendste Szenario entwirft Wagenknecht gleich zu Beginn. Während die Bundesregierung und die Leitmedien die massive Aufrüstung Deutschlands als notwendigen Schutz vor einem russischen Einmarsch verkaufen, entlarvt Wagenknecht dieses Narrativ als “völlig weltfremd”. Ihre Analyse ist so kühl wie erschreckend: Russland sei der NATO konventionell hoffnungslos unterlegen. Die Vorstellung, russische Panzer könnten durchs Brandenburger Tor rollen, sei ein Schreckgespenst, um Milliarden für Rüstungsgüter zu rechtfertigen.

Doch die eigentliche Gefahr lauert woanders. Wagenknecht warnt eindringlich davor, dass ein Konflikt zwischen der NATO und Russland niemals auf konventioneller Ebene bleiben würde. “Er wird die atomare Schwelle überschreiten”, prophezeit sie. Besonders die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland sieht sie als Brandbeschleuniger. Ein technischer Fehler, ein falscher Alarm in Moskau – und der “rote Knopf” könnte gedrückt werden, bevor hier überhaupt jemand begreift, was passiert. Für Europa hieße das: “Land unter”. Es ist eine Warnung vor einem Automatismus des Schreckens, den die Politik in ihrer militärischen Logik billigend in Kauf nimmt.
Der Wahl-Krimi: Wurde das BSW verhindert?
Noch brisanter wird es, als das Gespräch auf die politische Landschaft im Inneren lenkt. Wagenknecht erhebt schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Scheitern ihrer Partei an der Fünf-Prozent-Hürde. Es geht um lächerliche 9.500 Stimmen, die am Ende gefehlt haben sollen. Doch Wagenknecht spricht von mehr als nur Pech. Sie skizziert das Bild einer “perfekt orchestrierten Nacht-und-Nebel-Aktion”, um das BSW aus dem Spiel zu nehmen.
Die Indizienkette, die sie präsentiert, hat es in sich: Prognosen kurz vor der Wahl, die die Partei künstlich bei 3 Prozent sahen, um taktische Wähler abzuschrecken; Stimmzettel, auf denen das BSW schwer zu finden war; und eine auffällige Häufung von ungültigen Stimmen in bestimmten Bezirken. “Wir gehen davon aus, wenn korrekt gezählt würde, hätten wir wahrscheinlich mehr als 5 Prozent”, so Wagenknecht selbstbewusst. Dass der Wahlprüfungsausschuss, besetzt mit Vertretern der etablierten Parteien, wenig Interesse an einer Aufklärung hat, überrascht sie nicht: “Die Koalition wird nicht beschließen, dass sie ihre eigene Existenzgrundlage zerstört.” Es ist der Verdacht, dass hier mit gezinkten Karten gespielt wurde, um eine unliebsame Konkurrenz auszuschalten.
Wirtschaftlicher Selbstmord mit Ansage
Aber nicht nur die Demokratie, auch der Wohlstand steht auf dem Spiel. Wagenknecht rechnet gnadenlos mit der aktuellen Wirtschaftspolitik ab. Das Verbrenner-Verbot ab 2035 nennt sie einen “Irrweg”, der die deutsche Kernindustrie zerstört. Während China strategisch die E-Mobilität nutzt, um Deutschland technologisch zu überholen, sägt die Bundesrepublik an dem Ast, auf dem sie sitzt: dem Verbrennungsmotor. “Wir haben die Rohstoffe nicht, wir haben die Batterietechnologie nicht”, resümiert sie bitter. Das Ergebnis: Deindustrialisierung, leere Fabrikhallen und der Verlust von hunderttausenden gut bezahlten Jobs.
Besonders absurd findet sie den Widerspruch zwischen Klimapolitik und Aufrüstung. Man wolle bis 2045 klimaneutral sein, heize den Bürgern ihre Gasheizungen weg, wolle aber gleichzeitig zur größten Militärmacht Europas aufsteigen. “Es gibt keine E-Panzer”, bringt sie es sarkastisch auf den Punkt. Diese Politik passe vorne und hinten nicht zusammen und führe lediglich zu einer massiven Verschlechterung der Lebensbedingungen für die breite Bevölkerung.

Die mediale Hinrichtung
Einen tiefen Einblick gewährt Wagenknecht auch in den Umgang der Medien mit ihr. Talkshows bei Caren Miosga oder Markus Lanz beschreibt sie als “öffentliche Hinrichtungen”, in denen oft drei gegen einen stehen. Man lade sie ein, weil sie Quote bringt, dürfe sie aber keinesfalls ausreden lassen, damit ihre Argumente nicht verfangen. Es ist das Eingeständnis einer Politikerin, die weiß, dass sie gegen eine Wand aus vor gefertigten Meinungen ankämpft, aber dennoch nicht schweigen will.
Fazit: Ein Weckruf zur Eigenverantwortung
Am Ende bleibt der Appell an den Bürger. Wagenknecht fordert dazu auf, sich nicht länger “für blöd verkaufen” zu lassen. Die Politikerkaste, so ihr Fazit, habe sich von den Interessen des Volkes entkoppelt – sei es aus Inkompetenz, Ideologie oder Korrumpierbarkeit. Ob es um den Krieg in der Ukraine geht, das Schweigen zu Gaza oder die Vernichtung des eigenen Mittelstands: Die “Lüge” sei zum ständigen Begleiter geworden. Wer Wagenknecht zuhört, begreift: Es geht hier nicht mehr um links oder rechts. Es geht um Vernunft gegen Ideologie, um Frieden gegen Kriegstreiberei und um die Rettung dessen, was von der Substanz dieses Landes noch übrig ist.