Es sind keine Warnschüsse mehr. Es ist ein unüberhörbarer Alarm, ein Dröhnen, das durch die leeren Lobbys nobler Hotels und die stillen Gasträume traditionsreicher Wirtshäuser hallt. Die deutsche Gastgewerbebranche, einst ein Symbol für Wohlstand, Qualität und eine offene Willkommenskultur, steht am Abgrund. Die neuesten Zahlen, die jetzt publik werden, sind nicht nur schlecht; sie sind eine Katastrophe. Sie sind der Beleg für ein systemisches Versagen, das eine ganze Industrie in die Knie zwingt. Es ist sprichwörtlich fünf nach zwölf, und die Lichter drohen in Deutschland endgültig auszugehen.
Die Branche, die das Herzstück des sozialen Lebens und des Tourismus bildet – Hotels, Restaurants, Kneipen, Pensionen – steuert unaufhaltsam auf das sechste Verlustjahr in Folge zu. Sechs Jahre. Man muss sich diese Zahl auf der Zunge zergehen lassen, um das ganze Ausmaß der Erosion zu begreifen. Was die Pandemie begann, wird nun durch eine toxische Mischung aus Inflation, politischem Versagen und einer erodierenden Wirtschaftslage vollendet.

Die aktuellsten Daten für den August sind ein Schlag ins Gesicht für jeden Unternehmer, der bis zuletzt gehofft hat. Ein Umsatzminus von 1,2 Prozent gegenüber dem Vormonat. Inflationsbereinigt sprechen wir sogar von einem Minus von 1,4 Prozent. Noch dramatischer wird es, wenn man den Vergleich zum Vorjahr zieht, dem August 2024: ein reales, also preisbereinigtes, Minus von 3,5 Prozent. Und das in einem Monat, der mitten in der Hauptsaison liegt. Es ist die Zeit, in der normalerweise die Kassen klingeln, in der Urlauber das Land fluten und die Betriebe das Polster für die mageren Wintermonate erwirtschaften. Stattdessen: gähnende Leere.
Dieses Desaster hat ein Epizentrum, einen “Ground Zero” der Krise, an dem sich das ganze Drama exemplarisch zeigt: München. Die bayerische Landeshauptstadt, einst ein Magnet für Touristen aus aller Welt, berühmt für ihre Lebensqualität, Kultur und Gemütlichkeit, erlebt einen Besuchereinbruch von historischen Ausmaßen. Die Zahlen, die aus München gemeldet werden, sind nicht nur eingebrochen, sie sind kollabiert.
Wer nach den Gründen sucht, muss nicht lange suchen. Er muss nur einen Blick auf die Preisschilder werfen. Die Kosten in der Isar-Metropole sind “viral gegangen”, wie es in Branchenkreisen heißt – allerdings nicht im positiven Sinne. Ein Hotelzimmer für eine Nacht? 100 Euro sind mittlerweile die unterste Grenze, oft für eine Qualität, die anderswo als bestenfalls mittelmäßig gelten würde. Wir sprechen hier nur vom reinen Schlafplatz. Es ist noch kein Frühstück eingenommen, kein Bier im Biergarten getrunken, kein Museum besucht worden.
Die Frage, die sich Millionen von Menschen stellen, ist einfach: Wer soll sich das noch leisten können? Die Antwort ist ebenso einfach: kaum noch jemand. Die Mittelschicht, das Rückgrat des Binnentourismus, bricht unter der Last von Inflation und stagnierenden Löhnen zusammen. Eine Familie, die ein Wochenende in München verbringen möchte, muss mit Kosten rechnen, die einem Kurzurlaub am Mittelmeer gleichkommen. Und internationale Touristen? Sie sind preissensibler denn je. Sie vergleichen. Und sie entscheiden sich zunehmend gegen ein Deutschland, das sich aus dem Markt herauspreist.
Dieses Preis-Desaster ist jedoch nur ein Symptom einer viel tiefer liegenden Krankheit. Es ist eine ganze Branche, die jetzt im Begriff ist, komplett zusammenzubrechen. Es ist ein Dominoeffekt, der mit unaufhaltsamer Wucht durch das Land rollt. Wenn die Hotels leer stehen, bleiben die Restaurants leer. Wenn die Restaurants leer bleiben, können sie nicht mehr bei den lokalen Lieferanten einkaufen. Wenn die Kneipen keine Gäste haben, müssen sie schließen. Das ist kein abstraktes Wirtschaftsmodell; das sind menschliche Schicksale. Das sind Tausende von Arbeitsplätzen, von Köchen, Kellnern, Reinigungskräften, Rezeptionisten, die vor dem Nichts stehen. Das sind Existenzen, oft über Generationen aufgebaute Familienbetriebe, die nun vor den Scherben ihres Lebenswerks stehen.
Was wir erleben, ist das Ergebnis einer fatalen Gemengelage. Zum einen die explodierenden Kosten für Energie, Lebensmittel und Personal, die die Betriebe an den Rand der Verzweiflung treiben und die sie gezwungenermaßen an die Kunden weitergeben müssen. Zum anderen aber – und das wiegt vielleicht noch schwerer – ist es die allgemeine Stimmung im Land.

Deutschland muss dringend wieder attraktiver für Touristen gemacht werden. Das ist keine kosmetische Forderung, das ist eine Überlebensnotwendigkeit. Attraktivität bedeutet aber mehr als nur Postkartenmotive und saubere Straßen. Attraktivität beginnt mit Sicherheit. Das in der Quelle angesprochene Kriminalitätsproblem ist real. Medienberichte über Gewalt in Innenstädten, über No-Go-Areas und eine gefühlte Unsicherheit vergiften das Klima. Ein Tourist, der sich Sorgen um seine Sicherheit machen muss, kommt nicht wieder. Er kommt erst gar nicht.
Hinzu kommt die allgemeine wirtschaftliche Lage. Ein Land im Abschwung, ein Land, das von Deindustrialisierung, Bürokratie-Wahn und einer spürbaren Zukunftsangst geprägt ist, strahlt keine positive Energie aus. Es strahlt keine Gastfreundschaft aus. Es strahlt Probleme aus. Touristen suchen Erholung und Inspiration, keine Konfrontation mit den wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen eines Landes.
An diesem Punkt muss die Politik ins Spiel kommen. Das tatenlose Zusehen muss ein Ende haben. Die Appelle richten sich direkt an die Verantwortlichen, und hier wird der Ruf nach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder besonders laut. München ist sein Schaufenster. Es ist das Herz Bayerns. Eine Stadt, die so unendlich viel zu bieten hat – von der Kunst über die Kultur bis hin zur einzigartigen Lebensart. Es kann nicht sein, dass dieses Juwel verkommt, weil die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen.
Es braucht jetzt einen klaren politischen Willen, das Ruder herumzureißen. Es braucht einen Masterplan für die Rettung des Gastgewerbes. Das bedeutet: Senkung der Kriminalität durch eine stärkere und präsentere Polizei. Das bedeutet: eine radikale Entlastung der Betriebe von Steuern und Bürokratie, damit sie wieder Luft zum Atmen haben und wettbewerbsfähige Preise anbieten können. Und es bedeutet: eine Verbesserung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage.

Die Politik muss endlich aufwachen und erkennen, dass es hier nicht um eine “untergeordnete” Branche geht. Es geht um das Gesicht unseres Landes. Es geht um die Seele unserer Städte. Wenn die Lichter in den Wirtshäusern und Hotels ausgehen, stirbt ein Teil der deutschen Kultur.
Die Lage ist mehr als dramatisch. Sie ist existenzbedrohend. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, wird der Schaden irreparabel sein. Dann werden wir in wenigen Jahren durch Innenstädte gehen, die geprägt sind von Leerstand, von geschlossenen Rollläden und der stillen Trauer um eine verlorene Zeit. Es ist fünf nach zwölf, und die Zeit für Ausreden ist endgültig vorbei.