Haushaltsschock im Bundestag: Deutschlands Milliardenloch trotz Sondervermögen und die bittere Wahrheit über gebrochene Versprechen

Die deutsche Politiklandschaft wurde kürzlich Zeuge einer der wohl hitzigsten und kontroversesten Haushaltswochen der letzten Jahre. Im Herzen des deutschen Bundestages entfaltete sich ein Schlagabtausch, der nicht nur durch hohe Zahlen, sondern auch durch scharfe Rhetorik und tiefgreifende ideologische Gräben gekennzeichnet war. Traditionell ist die Haushaltswoche die Zeit, in der die Opposition mit der Regierung abrechnet, und diese Tradition wurde in den jüngsten Debatten mehr als erfüllt. Von Vorwürfen der Selbstgefälligkeit und Kriegstreiberei bis hin zu Debatten über soziale Gerechtigkeit und das Schicksal des deutschen Sozialstaats – die Diskussionen waren intensiv und oft persönlich.

Alice Weidel und die Abrechnung der AfD

Den Auftakt zu dieser Generaldebatte bildete traditionsgemäß die Opposition, vertreten durch Alice Weidel, die Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion. Mit scharfen Worten holte sie zum Rundumschlag gegen die amtierende Regierung aus. Weidel warf der Regierung “Selbstgefälligkeit, Kriegstreiberei und Sabotage” vor. Sie erinnerte an den Mord an Charlie Kirk und prangerte das Schweigen von Kanzler Scholz sowie die Reaktionen aus dem linken Lager an. Darüber hinaus kritisierte sie die anhaltende Zuwanderung nach Deutschland und bezichtigte die Regierung, das Volk “Rundweg anzulügen”. Ein zentraler Punkt ihrer Rede war die Aufzählung zahlreicher gebrochener Wahlversprechen der Union. Weidel betonte, dass die “ausgebliebene Migrationswende” nur eines von vielen Versprechen sei, die gebrochen wurden. Sie zählte auf: die Rückkehr zur Kernkraft, die Abschaffung des Heizungsgesetzes und das Verbrennerverbot – allesamt vor der Wahl versprochen und danach abgesagt. Selbst die Einhaltung der Schuldenbremse sei durch einen “Finanzstaatstreich” per “Finanzstaatstreich gleich nach der Wahl ausgehebelt” worden, was zu Rekordverschuldung geführt habe. Die von der Regierung proklamierte “Stromsteuersenkung” sei ebenfalls nicht erfolgt, und die “Bürgergeldreform” habe statt Einsparungen zu noch höheren Ausgaben geführt. Weidel prognostizierte, dass der “Herbst der Reformen” zu einem “Winter der noch höheren Ausgaben” führen werde. Zum Abschluss ihrer Rede unterstellte sie der Bundesregierung, mit Star und Macron Trump daran zu hindern, Frieden in der Ukraine zu schaffen.

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Friedrich Merz und der „Herbst der Reformen“

Nach den scharfen Attacken von Alice Weidel übernahm Friedrich Merz das Mikrofon. Er kündigte “tiefgreifende Reformen” an und betonte, dass es ihm dabei nicht um Details, sondern um “grundsätzliches” gehe. Merz begann mit dem Thema Verteidigung der Freiheit, wobei er das Wort “Freiheit” als zentrales Element hervorhob. Er machte deutlich, dass ein Diktatfrieden in der Ukraine, der auf Kosten der Souveränität und territorialen Integrität des Landes gehe, für ihn nicht in Frage käme. Ein “Frieden in Unfreiheit” oder eine “Kapitulation” würde Putin nur ermutigen, wie die Drohnenflüge über Polen und Rumänien zeigten. Merz hob die Einheit Europas und die Stärke der NATO hervor, die durch Deutschlands Verdienste und auch durch sein persönliches Engagement als eine “neue NATO” dastehe. Sein Credo wiederholte er: “Wir müssen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen”. Bezüglich eines neuen Wehrdienstgesetzes sprach er von einem “zunächst freiwilligen” Dienst, was Spekulationen über eine baldige Wiedereinführung der Wehrpflicht aufkommen ließ. Der Außenkanzler kündigte an, dass die Handelspolitik der EU zukünftig “an unseren Interessen” – sprich an deutschen Interessen – ausgerichtet werde.

Ein weiterer wichtiger Punkt in Merz’ Rede war die Migrationspolitik. Er verkündete, dass die angekündigte “Kurskorrektur in der Migrationspolitik erfolgreich eingeläutet” sei. Er präsentierte beeindruckende Zahlen: Im Vergleich zwischen August 2024 und August 2025 habe man einen “Rückgang der Asylbewerberzahlen um 60%” verzeichnet, was den größten Rückgang auf ein Niveau seit dem Jahr 2013 darstelle. Merz konterte dem Vorwurf, er sei hauptsächlich im Ausland unterwegs und kümmere sich zu wenig um Innenpolitik, indem er betonte, dass die neue Außen- und Sicherheitspolitik dieser Bundesregierung “zugleich Innenpolitik” sei. Die Trennung von Innen und Außen sei “einfach überholt”, da das Engagement im Äußeren der “Bewahrung von Freiheit und Frieden und Wohlstand im Inneren” diene. Abschließend versprach Merz Änderungen und Reformen im Sozialstaat, wobei er die Auffassung vertrat, dass jeder, der arbeiten könne, auch arbeiten müsse, um soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten. Wer arbeite, dürfe nicht den Eindruck haben, den “Missbrauch des Systems” zu finanzieren. Er bekräftigte, dass die Regierung “im Zeitplan” sei und das Land spüren werde, dass es “besser wird”. Bemerkenswert war, dass Merz in seiner gesamten Rede mit keinem einzigen Wort auf die Ausführungen von Alice Weidel einging, was als geschickter Schachzug interpretiert werden kann, um die Angriffe der Opposition auf seine Kollegen abzuwälzen.

Grüne und SPD im Kreuzfeuer der Kritik

Die darauffolgende Rede von Katharina Dröge von den Grünen konzentrierte sich zunächst auf die hohen Strompreise, die ihrer Meinung nach gesenkt werden müssten. Ironischerweise merkte die Sprecherin an, dass die Grünen in erster Linie für diese hohen Energiekosten verantwortlich seien. Dröge kritisierte Innenminister Dobrindt für die Schließung der Grenzen und warf ihm vor, damit die Wirtschaft zu verärgern, anstatt europäische Zusammenarbeit zu fördern. Sie griff die Union an, weil sie am “Verbrenner” festhalte, das Klima nicht rette, die Armen belaste und die Reichen schone. Dabei bediente sie sich eines durchaus unfairen Mittels, indem sie die Erbschaftssteuerreform als Steuerprivileg für Reiche darstellte und implizierte, dass Millionenerben keinen einzigen Cent Erbschaftssteuer zahlen müssten, während der Mittelstand belastet werde. Dies wurde als Unsinn entlarvt, da es sich hierbei um Betriebsvermögen handle, dessen Erben nicht gezwungen werden sollen, ihre Familienbetriebe zu verkaufen, um die Erbschaftssteuer zu begleichen. Die Kommentatorin interpretierte dies als Ausdruck eines “grenzenlosen Neids” auf jene, die hart gearbeitet haben und ihr Vermögen weitervererben möchten. Dröge forderte zudem “mehr von Merz für ein bezahlbares Leben”. Zum Schluss setzte sie Trump mit Putin gleich.

Rede von Kanzler Merz in der Generaldebatte September 2025 | Bundesregierung

Matthias Miersch von der SPD, dessen Rede als langweilig empfunden wurde, setzte nach seinen üblichen Angriffen auf Alice Weidel und die AfD die bekannten Forderungen fort. Er forderte ebenfalls, Vermögende stärker zur Kasse zu bitten und statt Bürgergeldreformen die Steuerhinterziehung härter zu verfolgen. Dies wurde als Zeichen interpretiert, dass die SPD aus ihrer Wahlschlappe in NRW nichts gelernt habe. Heidi Reichinnek von den Linken bezeichnete die Merz-Politik als “widerlich und zynisch” und forderte ebenfalls eine Belastung der Reichen, einen höheren Mindestlohn und eine Vermögenssteuer, während das Bürgergeld unangetastet bleiben müsse. Sie argumentierte, dass Steuergeschenke nicht zu Investitionen, sondern zu “noch fetteren Konten von Multimillionären und Milliardären” führten, und lehnte eine Umverteilung von “unten nach oben” ab. Zum Schluss forderte sie “All Eyes on Gaza”.

Jens Spahn und die Abrechnung mit Sozialismus

Ein Höhepunkt der Debatte war die Rede von Jens Spahn, der mit einem “gekonnten Haken” die Grünen angriff und betonte, dass der aktuelle Haushalt derjenige sei, an dem die Ampel-Koalition gescheitert sei, weil “Grüne und FDP nicht mehr konnten und nicht mehr wollten”. Er wies darauf hin, dass die Grünen nach drei Jahren Rezession, für die ihr Wirtschaftsminister verantwortlich sei, “mal kleinere Brötchen backen” sollten. Auch Heidi Reichinnek bekam ihr Fett weg, als Spahn die soziale Marktwirtschaft als “nicht nur eine Wirtschaftsform, sondern eine Gesellschaftsordnung” verteidigte, in der “Freiheit und soziale Bindung zusammengehören”. Er kritisierte scharf die Verklärung des Sozialismus, der in “ihrem Programm” stehe und als “Diktatur des Proletariats” beschrieben werde. Spahn warnte vor einem System, das in den letzten 100 Jahren in “zwei Dutzend Ländern auf der Welt probiert worden” sei und zu “Verarmung”, “Terror gegen die eigene Bevölkerung”, “Bespitzelung”, “Unterdrückung von Andersdenkigen” und “Umweltverschmutzung in nie geahntem Ausmaß” geführt habe. Er schloss mit der Feststellung, dass die Thesen und Ansätze der Linken “in der Tonne der Geschichte gelandet” seien.

Dobrindt und “Kante, Kurs und Kontrolle”

Im Rahmen der Haushaltsdebatte zum Einzelplan Inneres, Datenschutz und Informationsfreiheit trat Alexander Dobrindt auf. Er stellte sein Credo “Kante, Kurs und Kontrolle” vor. Dies bedeute eine “klare Kante zwischen legaler und illegaler Migration”, das Halten des “Kurses beim Ausbau der Sicherheit” und das Schaffen von “Kontrolle an den Binnen- und Außengrenzen der Europäischen Union”. Dobrindt präsentierte Erfolge: Investitionen in die Sicherheit würden steigen, und die Zahlen der illegalen Migration würden sinken. Er verkündete, dass die Asylzahlen im August dieses Jahres um “60% niedriger” seien als im Vorjahr und sogar um “70% niedriger” als vor zwei Jahren. Deutschland sei nicht mehr “Zielland Nummer 1 der illegalen Migration”, sondern auf Platz 3 abgerutscht, was er auf die Senkung der Pullfaktoren zurückführte. Er kündigte an, Grenzkontrollen um ein weiteres halbes Jahr zu verlängern, die “Turboeinbürgerung” abzuschaffen und den Familiennachzug für subsidiär Geschützte auszusetzen.

Erbschaftsteuer: Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge schlägt Stundung für Millionenerben vor - DER SPIEGEL

Das Milliardenloch und der Bundesrechnungshof

Der SPD-Politiker Lars Klingbeil, in seiner Rolle als Finanzminister, schaffte es in seiner Rede zum Finanzhaushalt “keine einzige Zahl zu nennen”. Dies könnte einen guten Grund gehabt haben, denn der Bundesrechnungshof hatte kurz zuvor der Regierung eine “schallende Ohrfeige” verpasst. Der Bericht stellte fest, dass im nächsten Jahr “fast jeder dritte Euro auf Pump ausgegeben” werde und der Bund “strukturell über seine Verhältnisse” lebe. Der Staat sei nicht mehr in der Lage, “staatliche Kernaufgaben dauerhaft aus seinen Einnahmen zu finanzieren” und sei “weit entfernt” von einer soliden Finanzwirtschaft. Die Kosten für die Schulden würden erheblich steigen, sodass 2029 “fast jeder achte Steuereuro für Zinsen draufgehen” könnte. Die Schwarz-Rote Koalition setze auf das “Prinzip Hoffnung” auf einen Wirtschaftsaufschwung, was der Bundesrechnungshof als der Lage “nicht angemessen” kritisierte. Experten forderten eine “massive Einsparungspolitik”, “nachhaltige Einsparungen” und den “Fokus auf verfassungsrechtliche Kernaufgaben des Staates”. Die Kritik wurde geteilt, dass der Staat sich zu oft in das Leben der Menschen einmische, anstatt sich auf seine Kernaufgaben zu konzentrieren. Die Folge sei eine “katastrophale Politik” und die drohende Pleite. Für die Jahre 2027 bis 2029 klafft eine “Finanzierungslücke von rund 172 Milliarden Euro im Budget”  – ein “Milliardenloch” trotz Rekordsteuereinnahmen und Rekordschulden. Das “Gelddrucken” wurde als eines der Kernprobleme identifiziert. Trotz dieser massiven Finanzlücke plant die Regierung die Schaffung von “200 neuen Beamtenstellen”, hat so viele Staatssekretäre wie nie zuvor und ein neues Ministerium .

Infrastruktur am Scheideweg

Ein weiteres dramatisches Defizit betrifft die Infrastruktur. Es fehlen Milliarden beim Bau von Straßen und Schienen. Obwohl dafür das sogenannte “Sondervermögen” – eine massive Schuldenaufnahme – ursprünglich gedacht war, reichen die bisherigen Planungen des Bundes nicht einmal für den Erhalt von Bundesstraßen und Autobahnen, geschweige denn für deren Ausbau oder Neubau von Schienenstrecken. Zwischen 2026 und 2029 fehlen “14,9 Milliarden Euro”. Der Grund: Der Verkehrsetat wird um mehr als 10 Milliarden Euro gekürzt. Das bedeutet, dass die Gelder aus dem Sondervermögen nicht zusätzlich investiert werden, sondern Kürzungen im eigentlichen Haushalt ausgleichen – ein “Nullsummenspiel”. Das verbleibende Geld aus dem Sondervermögen wird stattdessen für “andere Projekte” verwendet, von denen sich Parteien neue Wähler erhoffen, oder für “Lieblingsprojekte” von Politikern, die nichts mit dem ursprünglichen Zweck des Sondervermögens zu tun haben. Der Zustand der Straßen dürfte sich daher eher verschlechtern als verbessern, wovon Bundesländer wie NRW (A1, A3, A45), Bayern (A3, A8), Niedersachsen (A20, A39, A7) und Hessen (Autobahnprojekte, Bundesfernstraßen) besonders betroffen sein werden. Auch auf den Schienen ist die Lage ähnlich prekär.

Weitere wichtige Entwicklungen

Neben der Haushaltsdebatte gab es weitere bedeutende Nachrichten aus dem Bundestag:

  • Arbeitsmarktstärkungsgesetz: Das Bundesfinanzministerium hat einen Entwurf für ein Arbeitsmarktstärkungsgesetz erarbeitet, das steuerliche Anreize für Mehrarbeit schaffen soll. Kernpunkte sind die “AktivRente”, die es Rentnern im gesetzlichen Rentenalter ermöglichen soll, monatlich bis zu 2.000 Euro steuerfrei zu verdienen, während weiterhin Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden, um eine höhere Rente zu erhalten. Des Weiteren werden steuerfreie Überstundenzuschläge eingeführt. Es wurde klargestellt, dass nur der Zuschlag selbst steuerfrei ist, nicht der gesamte Überstundenlohn, und dieser darf maximal 25% des eigentlichen Lohns ausmachen und nur für Stunden gezahlt werden, die über die vertraglich geregelte Wochenarbeitszeit hinausgehen.
  • Reform des Förderprogramms “Demokratie Leben”: Eine erfreuliche Nachricht kam aus dem Familienministerium. Bundesfamilienministerin Karin Prim möchte das Förderprogramm “Demokratie Leben” grundlegend überarbeiten. Sicherheitsbehörden sollen gezielt verdächtige Organisationen überprüfen, die Gelder aus diesem Programm erhalten. Prim betonte, dass es nicht die Lösung sein könne, “Rechtsextremismus über die Förderung von linken Aktivisten bekämpfen zu wollen”. Nur Organisationen, die “zweifelsfrei auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung” stehen, sollen staatliche Förderungen erhalten. Diese Ankündigung sorgte für Empörung bei NGOs und Linken.
  • Vernichtung von Corona-Masken: Deutschland hat drei Milliarden Corona-Schutzmasken vernichtet – fast eine Milliarde Masken mehr, als verteilt wurden. Die Entsorgung kostete bisher 7,5 Millionen Euro, und der Bundesrechnungshof rechnet mit weiteren dreistelligen Millionenbeträgen für Lagerung und Vernichtung noch nicht abgelaufener Masken. Es wurde kritisiert, dass weder Jens Spahn noch Karl Lauterbach für ihre Fehler zur Rechenschaft gezogen werden, was die Forderung nach einer Politikerhaftung im Gesetz untermauert.
  • Verwehrte Bundestagsausweise für AfD-Mitarbeiter: Drei Mitarbeitern von AfD-Abgeordneten wurde die Erteilung von Hausausweisen verweigert, und einem weiteren Mitarbeiter wurde die Zugangsberechtigung zu den IT-Systemen entzogen, alles aufgrund des Verdachts auf “verfassungsfeindliche Umtriebe”. Dies geschieht nach einer Zuverlässigkeitsprüfung, die Daten von verschiedenen Diensten (Bundestagspolizei, normale Polizei, Bundeszentralregister) abruft und auch “Jugendsünden” wieder zum Vorschein bringen kann. Interessanterweise wurde auch einem fünften Mitarbeiter, der weder der AfD noch den Linken angehört, der Hausausweis verwehrt.

Die Haushaltswoche im Bundestag offenbarte tiefe Risse in der deutschen Politik und warf ein Schlaglicht auf gravierende finanzielle und infrastrukturelle Probleme, die das Land in den kommenden Jahren beschäftigen werden. Die Diskussionen zeigten, dass trotz der proklamierten “Reformen” viele Herausforderungen ungelöst bleiben und die Rufe nach mehr Verantwortlichkeit und Fokus auf Kernaufgaben lauter werden.

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