In einer der brisantesten Abstimmungen der jüngeren deutschen Parlamentsgeschichte hat der Bundestag am Donnerstag, dem 22. September 2025, eine Entscheidung von immenser Tragweite getroffen, die nicht nur Berlin, sondern auch Karlsruhe und das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen nachhaltig erschüttern könnte. Im Zentrum dieser politischen Zerreißprobe stand die Kandidatin der SPD für das Bundesverfassungsgericht, Anke Katrin Kaufhold. Ihre Nominierung hatte bereits im Vorfeld eine Welle der Empörung ausgelöst und das politische Berlin in seinen Grundfesten erbeben lassen. Nach einer geheimen Wahl, die von Anspannung, Spekulationen und hitzigen Debatten geprägt war, ist Anke Katrin Kaufhold, die von vielen als radikale Aktivistin wahrgenommen wurde, durchgefallen. Ein Ergebnis, das nicht nur eine schwere Niederlage für die SPD bedeutet, sondern auch die Union in eine tiefe Identitätskrise stürzt und der AfD einen unerwarteten Triumph beschert.
Die umstrittene Kandidatin: Zwischen Aktivismus und Karlsruhe
Anke Katrin Kaufhold, eine Juristin, deren Karriereweg sie zur Professorin für öffentliches Recht an der Ludwig-Maximilians-Universität München führte, stand von Anfang an im Kreuzfeuer der Kritik. Ihre akademische Laufbahn, geprägt von Studien in Passau, Toulouse und Freiburg, sowie einer Promotion bei Andreas Voßkuhle, wies sie als Spezialistin für Staats- und Verwaltungsrecht aus. Doch genau dieser Hintergrund, insbesondere ihre fehlende jahrzehntelange Richtertätigkeit und ihre Mitarbeit in einer Berliner Kommission zur Prüfung der Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen, ließ bei vielen Kritikern die Alarmglocken schrillen. Für die AfD und weite Teile der konservativen Union war sie nicht bloß eine Juristin, sondern eine Aktivistin, die mit Enteignungsgedanken sympathisierte und eine radikale Klimapolitik durch die Hintertür der Justiz erzwingen wollte.
Bernd Baumann, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD, nannte sie eine “Aktivistin, keine neutrale Juristin”, die für eine “Entmachtung der Parlamente” stehe und die Gefahr berge, dass Karlsruhe politische Entscheidungen an sich reiße, die eigentlich ins Parlament gehörten. Stefan Brandner, rechtspolitischer Sprecher der AfD, ging sogar so weit, Kaufholds Wahl als “Verrat an der Demokratie” und einen “Schritt in Richtung Unterwanderung des Verfassungsgerichts durch linksgrüne Kräfte” zu bezeichnen. Diese scharfen Worte, die wie eine Alarmglocke klangen, verdeutlichten die tiefe ideologische Kluft, die sich in dieser Debatte auftat.
Kaufhold selbst hatte zwar betont, dass Parlamente eine höhere demokratische Legitimation besäßen als Gerichte, gleichzeitig aber argumentiert, dass Gerichte bei der Umsetzung unpopulärer Maßnahmen, etwa im Klimaschutz, eine wichtige Rolle spielen könnten, wenn Parlamente zögerten. Diese differenzierte Haltung ging in der aufgeheizten Debatte jedoch unter. Was hängen blieb, war der Satz, Gerichte müssten handeln, wenn Parlamente versagen – ein Satz, der für viele ein gefährliches Signal darstellte, da Richter nicht gewählt werden, sondern von Parteien nominiert und mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit bestimmt werden.
Die Machtprobe im Bundestag: Eine vertrackte Abstimmung
Der Schlüssel zu dieser gesamten Debatte lag in der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Von den 733 Abgeordneten waren mindestens 490 Stimmen nötig, um einen Kandidaten ins Bundesverfassungsgericht zu wählen. SPD, Grüne und FDP verfügten zusammen über etwa 416 Stimmen. Selbst mit den Stimmen der Linken und des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) reichte es nicht aus. Ohne die Union ging nichts. Die CDU/CSU hatte es somit in der Hand, ob Kaufhold Richterin werden würde oder nicht.
Die SPD hatte aus der Vergangenheit gelernt. Schon einmal, mit Frau Gebhardius-Gersdorf, war eine Kandidatin gescheitert, weil die Union Widerstand leistete. Nun versuchte es die SPD mit zwei neuen Namen: Kaufhold und Siegrid Emmener. Emmener, eine Richterin am Bundesverwaltungsgericht, galt als unauffällig, zurückhaltend und fachlich solide. Sie war für die Union akzeptabel, ebenso wie Günther Spinner, der Unionskandidat. Doch Kaufhold blieb der Zankapfel, die Symbolfigur einer Machtprobe zwischen Regierung, Opposition und Öffentlichkeit.
Friedrich Merz im Kreuzfeuer: Ein Parteichef in der Zwickmühle
Für Friedrich Merz, den CDU-Vorsitzenden und selbsternannten Kanzlerkandidaten, wurde die Richterwahl zu einer der härtesten Bewährungsproben seiner Karriere. Er befand sich in einer Zwickmühle. Hätte er Kaufhold unterstützt, hätte er sich als staatstragend präsentieren können, die Medien hätten gejubelt, und die SPD hätte von einer stabilen Demokratie gesprochen. Doch in Wahrheit hätte er seine Basis verloren. Konservative Wähler, insbesondere die über 55-Jährigen, verstanden die Botschaft anders: Mit Kaufhold hätte eine Juristin nach Karlsruhe ziehen können, die Enteignungen juristisch geprüft hatte und Gerichte für geeignet hielt, unpopuläre Klimamaßnahmen durchzusetzen. Für die ältere Generation, die Eigentum, Stabilität und Rechtssicherheit als Fundament ansieht, wäre dies ein Skandal gewesen.
Hätte Merz die Unterstützung verweigert, hätte er die SPD und die Koalition geschwächt, eine Regierungskrise riskieren können. Nach dem Scheitern von Gebhardius-Gersdorf wäre ein zweiter Fehlschlag für die SPD eine Demütigung gewesen, die das Vertrauen in die Regierung massiv untergraben hätte. Merz hätte als parteitaktischer Blockierer dargestellt werden können, als jemand, der Karlsruhe für Machtspiele missbraucht. Doch das Ergebnis der Abstimmung zeigt, dass die innerparteilichen Gräben in der Union tiefer waren als der Druck der Koalition. Abgeordnete aus Sachsen, Thüringen und Brandenburg hatten bereits im Vorfeld Widerstand signalisiert. Die geheime Wahl verstärkte diese Unsicherheit – niemand konnte sicher sein, wie die Stimmen am Ende fallen würden.
Das Scheitern Kaufholds: Ein Triumph für die AfD, eine Katastrophe für die SPD
Als der Wahlleiter schließlich das Ergebnis verkündete, war die Erleichterung bei vielen spürbar: Anke Katrin Kaufhold erreichte nicht die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Jubel brandete bei der AfD auf, während sich bei der Union Erleichterung mit nachdenklichen Mienen mischte. Für die SPD hingegen war es eine politische Katastrophe. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate war eine SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht gescheitert. Olaf Scholz erlitt eine massive Beschädigung seiner Autorität, die Koalition wirkte geschwächt und handlungsunfähig. Es war eine historische Niederlage für die Sozialdemokraten.
Die AfD hingegen konnte einen politischen Triumph feiern. Alice Weidel und Bernd Baumann hatten frühzeitig vor einem “Verrat an der Demokratie” gewarnt und die Union massiv unter Druck gesetzt. Mit ihrem klaren “Nein” zu Kaufhold und der gleichzeitigen Akzeptanz von Emmener und Spinner präsentierte sich die AfD als konstruktive Kraft mit Prinzipien. Sie konnte nun behaupten, dass ohne ihren Druck Kaufhold gewählt worden wäre und sie die Demokratie verteidigt habe. Dieses differenzierte Vorgehen verstärkte ihre Glaubwürdigkeit bei vielen Bürgern, die das Gefühl hatten, von den etablierten Parteien verraten worden zu sein.
Die mediale Deutung und die internationale Dimension
Die Medienlandschaft war gespalten. Während öffentlich-rechtliche Sender wie ARD und ZDF betont nüchtern über die “Verantwortung” und “demokratische Stabilität” berichteten, wurden kritische Details zu Kaufholds Vergangenheit, insbesondere ihre Rolle in der Berliner Enteignungskommission und ihre Aussagen zur Rolle der Gerichte in der Klimapolitik, oft ausgeblendet. Private Zeitungen wie die “Süddeutsche Zeitung” verteidigten Kaufhold, während “Die Welt” und “Bild” kritische Fragen stellten. Online-Portale wie “Tichys Einblick” und “Achgut” warnten explizit vor einer Politisierung des Gerichts. Für viele Bürger entstand der Eindruck einer gezielten Täuschung und Meinungsmache, was das Misstrauen in die klassischen Medien weiter verstärkte.
Auch international wurde die Wahl aufmerksam verfolgt. In Brüssel fragte man sich, ob Deutschland Richter wählen würde, die bereit wären, Klimapolitik mit harten Urteilen durchzusetzen. In Warschau und Budapest sah man Parallelen zu eigenen Konflikten über Verfassungsgerichte. Washington und Moskau registrierten die Unsicherheit, die das Fundament der deutschen Demokratie erschütterte. Deutschland, lange Zeit ein Vorbild an Stabilität, zeigte plötzlich Risse. Karlsruhe wurde zum Symbol für Macht und Einfluss weit über die Landesgrenzen hinaus.
Szenarien der Entscheidung: Eine Republik am Abgrund des Vertrauensverlustes
Das Scheitern Anke Katrin Kaufholds hat die politischen Kräfteverhältnisse in Deutschland neu justiert und die Vertrauenskrise der Politik weiter verschärft.
- Szenario 1: Kaufhold scheitert (eingetreten): Dies ist ein schwerer Schlag für die SPD und Olaf Scholz. Die AfD triumphiert, da sie sich als Verteidigerin der Demokratie präsentieren kann. Die Union unter Friedrich Merz kann sich kurzfristig als Schutzschild positionieren, steht aber mittelfristig vor der Herausforderung, ihre gespaltene Basis wieder zu einen und ihr eigenes Profil zu schärfen.
- Szenario 2: Kaufhold wird gewählt (nicht eingetreten): Dies hätte für SPD und Grüne einen Triumph bedeutet, aber die AfD hätte sofort von “Verrat”, “Gefahr” und “Skandal” gesprochen. Die Union wäre als “Komplize der SPD” dargestellt worden, und Friedrich Merz hätte seine Basis endgültig verloren, was zu einem weiteren massiven Abwandern von Wählern zur AfD geführt hätte.
- Szenario 3: Die Wahl scheitert insgesamt (nicht eingetreten): Hätte kein Kandidat die nötige Mehrheit erreicht, wäre dies ein Totalschaden gewesen. Karlsruhe wäre unvollständig besetzt geblieben, das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik wäre komplett eingebrochen. Chaos im Bundestag, eine Krise der Demokratie und eine weitere Stärkung der AfD wären die Folge gewesen.
Für die Bürger, insbesondere die über 55-Jährigen, war und ist diese Wahl keine abstrakte juristische Angelegenheit. Es ging und geht um ihre Lebensrealität: um Eigentum, um Heizung, um Mobilität, um Planungssicherheit. Die Vorstellung, dass ein Gericht Enteignungen legitimieren könnte, war für viele, die noch die DDR-Zeit erlebt haben, ein Albtraum. Die AfD hat diese Ängste gezielt angesprochen und sich als Hüterin des Eigentums und der Bürgerrechte positioniert.
Friedrich Merz wirkte in den Tagen vor der Abstimmung wie ein Mann ohne Richtung, zwischen Anspruch und Realität, zwischen Parteidruck und Basisrebellion. Das Scheitern Kaufholds mag ihm eine Atempause verschafft haben, doch die tieferliegenden Probleme der Union bleiben bestehen. Die Wahl in Karlsruhe war ein Lackmustest für die deutsche Demokratie. Sie hat gezeigt, dass Vertrauen fragil ist, Stabilität nicht selbstverständlich und Demokratie nicht nur aus Gesetzen, sondern aus Glaubwürdigkeit besteht. Die Republik steht am Abgrund eines Vertrauensverlustes. Die Stunde der Entscheidung hat Verlierer und Gewinner hervorgebracht, doch am deutlichsten hat sie eines gezeigt: Der Kampf um die Seele der Demokratie ist längst nicht beendet.