Mehr als nur ein Märchen: Das wahre Leben und Sterben der Aschenbrödel-Stars

Jedes Jahr, wenn die ersten Schneeflocken fallen und die Welt ein wenig stiller wird, kehrt ein Zauber in unsere Wohnzimmer zurück. Ein Zauber, der auf den Klängen einer unvergesslichen Melodie reitet, getragen von einer mutigen jungen Frau auf einem Schimmel, die durch eine verschneite Landschaft galoppiert. “Drei Haselnüsse für Aschenbrödel” aus dem Jahr 1973 ist längst kein einfacher Film mehr. Er ist ein Ritual, ein fester Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses, ein Erbstück, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Wir kennen jede Szene, wir können die Dialoge mitsprechen. Wir wissen, dass der Prinz sie finden wird, dass die Eule Rosalie den entscheidenden Hinweis gibt und dass die böse Stiefmutter am Ende leer ausgeht. Es ist die perfekte Welt des Märchens, in der das Gute siegt und die Liebe alle Hindernisse überwindet.

Doch während der Film selbst unsterblich scheint, sind die Menschen, die ihm sein Gesicht und seine Seele gaben, es nicht. Mehr als ein halbes Jahrhundert ist vergangen. Der Vorhang ist für viele der Darsteller endgültig gefallen. Ihre realen Lebensgeschichten waren oft weit entfernt von der Magie und dem Glanz der Leinwand. Es waren Leben voller Triumphe und tiefer Tragödien, voller bescheidener Momente und stiller Kämpfe, die der Öffentlichkeit verborgen blieben. Dies ist ein Blick hinter die Kulissen – eine Hommage an die unvergessenen Gesichter, die diesen zeitlosen Klassiker zum Leben erweckt haben, und eine Erkundung ihrer allzu menschlichen Schicksale.

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Das Herz des Märchens: Libuše Šafránková (Aschenbrödel)

Sie war das Zentrum des Films, das pulsierende Herz. Libuše Šafránková war erst 20 Jahre alt, als sie die Rolle der Popelka, des Aschenbrödels, übernahm. Doch sie war weit mehr als nur ein hübsches Gesicht. Ihr Aschenbrödel war kein passives Opfer, das auf Rettung wartet. Sie war intelligent, witzig, mutig, eine meisterhafte Reiterin und Schützin. Šafránková verlieh ihr eine natürliche Anmut und eine stille Entschlossenheit, die sie zur Ikone machte.

Über Nacht wurde sie zur “Nationalmuse” der Tschechoslowakei. Doch während der Ruhm sie umgab, sehnte sie sich nach Normalität. Abseits der Kamera war Libuše eine notorisch private und bescheidene Frau. Sie mied das Rampenlicht konsequent, heiratete den Schauspielkollegen Josef Abrhám und fand ihr Glück im kleinen Kreis, in ihrem Haus in Prag, umgeben von ihrer Familie, ihrem Garten und ihren Büchern. Sie wählte ihre Rollen mit Bedacht, doch keine überstrahlte jemals Aschenbrödel. Im Jahr 2021, nur zwei Tage nach ihrem 68. Geburtstag, starb Libuše Šafránková an den Komplikationen einer Lungenoperation. Ihr Tod versetzte Millionen Menschen in ganz Europa in Trauer. Es fühlte sich an, als hätte die Welt ihre wahre, ewige Prinzessin verloren.

Die Schattenseiten: Carola Braunbock (Stiefmutter) & Daniela Hlaváčová (Dora)

Was wäre Aschenbrödel ohne ihre Peinigerinnen? Carola Braunbock, im Alter von 49 Jahren, verkörperte die Stiefmutter mit einer eisigen Perfektion. Ihr Blick war kalt, ihre Stimme scharf. Sie war das Sinnbild der ungerechten Autorität. Doch Braunbock spielte sie nicht nur als Monster. In ihrer Darstellung lag eine tiefe Bitterkeit, die Angst vor dem Vergessenwerden, die sie beim Publikum zugleich verhasst und bemitleidenswert machte. Diese Rolle war ihr größter Erfolg. Die Realität ihres Lebens stand in brutalem Kontrast zu der wohlhabenden Gutsbesitzerin, die sie spielte. Carola Braunbock starb 1978, nur fünf Jahre nach dem Film, im Alter von nur 54 Jahren an einer Herzkrankheit. Sie lebte allein in einer kleinen Wohnung in Dresden, unverheiratet und kinderlos. In ihren letzten Jahren war sie von Krankheit gezeichnet und lebte von Künstlerunterstützung.

Ihre Filmtochter Dora, die verwöhnte, aber letztlich ebenso unglückliche Stiefschwester, wurde von Daniela Hlaváčová (damals 28) gespielt. Ihre Figur, gefangen im Ehrgeiz der Mutter, war verletzlich. Anders als ihre Filmmutter lebt Daniela Hlaváčová heute, im Alter von 80 Jahren, zurückgezogen in Prag. Nach dem Ende der großen tschechoslowakischen Filmära wandte sie sich dem Theater zu und unterrichtete Schauspielstudenten. Sie fand ihr Glück fernab des Rummels, oft gesehen bei Spaziergängen mit ihrem Hund – ein stilles Leben, weit entfernt von den höfischen Intrigen.

Der Hofstaat: Zwischen Würde und Tragik

Der König und die Königin, gespielt von Rolf Hoppe (43) und Karin Lash (38), bildeten das Zentrum der höfischen Welt. Hoppe gab dem König eine gütige, wenn auch strenge väterliche Aura. Hinter seiner würdevollen Erscheinung verbarg sich ein milder Humor. Im wahren Leben war Hoppe, einer der profiliertesten deutschen Schauspieler, ein zutiefst bescheidener Mensch. Er lebte über ein halbes Jahrhundert mit seiner Frau in Dresden, liebte die Gartenarbeit und sagte einmal: “Erde und Blumen sind die ehrlichsten Zuschauer.” Er starb 2018 im hohen Alter von 87 Jahren. Karin Lash, die als Königin die stille Stimme der Vernunft und Wärme verkörperte, zog sich bereits in den 1980er Jahren aus der Filmwelt zurück, widmete sich ihrer Familie und gab Schauspielunterricht. Sie starb 2025 im Alter von 90 Jahren, ein stilles und erfülltes Künstlerleben abschließend.

Doch das Schicksal meinte es nicht mit allen am Hof gut. Eine der erschütterndsten Tragödien ist die von Jan Libíček, dem Lehrer des Prinzen. Mit seiner tiefen Stimme und dem feinen Humor verkörperte er Weisheit und Güte. Nur ein Jahr nach der Premiere des Films, 1974, erlitt er auf dem Höhepunkt seiner Karriere plötzlich einen Herzinfarkt und starb. Er wurde nur 43 Jahre alt. Sein Tod schockierte die tschechoslowakische Kulturszene zutiefst.

Nachruf auf Libuse Safránková: Unsterblich als Aschenbrödel

Die treuen Seelen und die zu frühen Abschiede

Der Film war voll von unvergesslichen Nebenfiguren. Vladimír Menšík (44) als treuer Diener Winzek, der die Brücke zwischen dem Adel und dem Volk schlug. Im wahren Leben war Menšík einer der beliebtesten Komiker des Landes, ein Mann von unglaublicher Herzlichkeit. Er litt jahrelang an einer schweren Atemwegserkrankung, stand aber bis zu seinem Tod 1988 (mit 58 Jahren) auf der Bühne, oft an ein Beatmungsgerät gebunden – ein Künstler, der seinem Publikum bis zum letzten Atemzug treu blieb.

Ein ähnlich früher und tragischer Verlust war der von Jiří Růžička, dem fröhlichen, pausbäckigen Kochjungen (damals 17). Seine kleine Rolle war das Herz der Schlossküche. Später wurde er als Komiker populär, doch nach den politischen Umbrüchen verlor er seine Arbeit und kämpfte sich mühsam durch. Er starb 1999 im Alter von nur 43 Jahren an Komplikationen nach einer Herzoperation. Auch Jaroslav Drbohlav (Vítěk), der treue Gefolgsmann des Prinzen, wurde nur 48 Jahre alt. Er erlag 1987 einem Lungenkrebs und arbeitete bis zuletzt bescheiden als Schauspiellehrer in Prag.

Die Überlebenden und die unvergesslichen Auftritte

Und der Prinz? Pavel Trávníček (23) war der Inbegriff des jugendlichen Thronfolgers. Sein sanftes Lächeln und sein klarer Blick machten ihn zum Schwarm von Millionen. Trávníček lebt heute und ist mit 75 Jahren immer noch auf der Theaterbühne aktiv. Doch sein Leben nach dem Märchen war kompliziert. Er erlebte Höhen und Tiefen, darunter drei Ehen, die Insolvenz seiner eigenen Filmfirma und Jahre des Rückzugs.

Unvergessen bleibt auch Helena Růžičková (37) als exzentrische Prinzessin Droběna. Ihr Auftritt war kurz, aber legendär. Hinter der fröhlichen Fassade der beliebten Komödiantin verbarg sich jedoch ein Leben voller Tragödien. Sie verlor ihren einzigen Sohn und kämpfte selbst jahrelang gegen den Krebs, stand aber oft mit einer Infusion an ihrer Seite weiter vor der Kamera. Sie starb 2004 im Alter von 67 Jahren.

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel"-Star: Libuse Safrankova ist verstorben

Das ewige Erbe

Die Liste derer, die von uns gegangen sind, ist lang. Míla Myslíková (die Haushälterin), Jiří Krytinář (der kleinwüchsige Adlige) – sie alle haben ihre eigenen, tief menschlichen Geschichten von stiller Wohltätigkeit, vom Kampf gegen körperliche Einschränkungen und von einer unbändigen Liebe zur Kunst.

“Drei Haselnüsse für Aschenbrödel” bleibt ein Meisterwerk, ein Funken Magie, der heller leuchtet als die Realität. Doch wenn wir den Film heute sehen, sehen wir mehr als nur Rollen. Wir sehen Libuše, die ihre private Welt mehr schätzte als allen Ruhm. Wir sehen Carola, deren eisige Fassade ein einsames Herz verbarg. Wir sehen Rolf, der in seiner Erde die ehrlichste Form des Applauses fand, und Helena, die dem Schicksal mit einem Lächeln trotzte.

Sie haben uns ein unvergängliches Geschenk gemacht. Ihre Leben, in all ihrer Komplexität, ihrem Schmerz und ihrer Würde, sind nun untrennbar mit dem Zauber verwoben, den sie vor über 50 Jahren erschaffen haben. Und dafür werden sie in den Herzen von Millionen Zuschauern ewig weiterleben.

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