Politischer Offenbarungseid in Sachsen-Anhalt: Die CDU in Schockstarre, die AfD bei 40% – und der Verrat am bürgerlichen Wähler

Ein Gespenst geht um in Sachsen-Anhalt. Es ist das Gespenst der politischen Marginalisierung, und es trägt die Züge der einst so dominanten Christlich Demokratischen Union. Die CDU im Land ist in einen Zustand der “Schockstarre” verfallen, eine Panik, die so tief sitzt, dass sie in Interviews fast physisch greifbar wird. Der Grund für dieses politische Beben ist ebenso simpel wie dramatisch: Die Alternative für Deutschland (AfD), angeführt von ihrem Spitzenkandidaten Ulrich Siegmund, liegt in den Umfragen stabil bei erschütternden 40 Prozent. Für die CDU, die mit ihrem eigenen, kaum bekannten Spitzenkandidaten Sven Schulze antritt, ist dies mehr als nur ein schlechtes Omen. Es ist ein politischer Offenbarungseid, der das Fundament ihrer Macht und ihrer Ideologie bis ins Mark erschüttert.

Im Zentrum dieses Dramas steht ein Wort, das in der deutschen Politik zum Fetisch geworden ist: die “Brandmauer”. Jahrelang war sie das Dogma, der unumstößliche Grundsatz der CDU: keine Kooperation mit der AfD, aber auch keine Kooperation mit der Linkspartei. Doch was passiert, wenn die Realität dieses Dogma überrollt? Was passiert, wenn die Partei, die man ausschließt, zur stärksten Kraft im Land aufsteigt?

Genau diese Fragen prasseln auf Sven Schulze ein, und seine Antworten sind ein Lehrstück in politischer Vermeidungstaktik. In einem Interview, das nun als Symbol für das CDU-Dilemma gilt, wird er direkt gefragt, welche Brandmauer er zuerst einreißen wird – die nach links oder die nach rechts. Schulzes Antwort: “Ja gar keine.” Es sei nicht die Zeit, über Koalitionen zu diskutieren. Es gehe jetzt um “Inhalte”.

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“Inhalte” – dieses Wort, von Schulze wie ein Schutzschild vor sich hergetragen, ist der Kern des Problems. Es ist dieselbe Strategie, die schon bei den Grünen, etwa bei Ricarda Lang, krachend gescheitert ist. Der Vorwurf lautet: Die Eliten in Berlin und Magdeburg glauben, sie müssten dem Volk die Politik nur “besser erklären”. Sie verkennen fundamental, dass die Bürger die Politik längst verstanden haben. Sie verstehen sie jeden Tag, wenn sie an der Tankstelle stehen und die CO2-Abzocke bezahlen. Sie verstehen sie, wenn sie ihre Energierechnung öffnen. Sie verstehen sie, wenn sie sehen, dass für die Sanierung der örtlichen Schule kein Geld da ist, während gleichzeitig Mittel für Migrationsprojekte bereitgestellt werden müssen.

Die Wähler, so die Analyse im zugrundeliegenden Quellvideo, haben kein Interesse mehr an abstraktem “Geschwurbel”. Sie wollen eine greifbare Veränderung. Sie haben erkannt, dass die Entscheidungen der Bundesebene, sei es in der Migrations- oder der Energiepolitik, bis in ihre Kommune durchschlagen. Die alte Trennung von Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, mit der Politiker wie Schulze noch zu operieren scheinen, existiert in den Köpfen der Wähler nicht mehr. Sie sehen das Gesamtbild – und sie sind wütend.

Die Weigerung der CDU, über die Realität nach der Wahl zu sprechen, wird als pure Arroganz wahrgenommen. Denn die politische Mathematik in Sachsen-Anhalt ist brutal einfach. Wenn die AfD mit 40% die mit Abstand stärkste Kraft wird und die CDU eine Zusammenarbeit kategorisch ausschließt, bleibt für Schulze nur eine einzige Option, um Ministerpräsident zu werden oder zu bleiben: ein Bündnis mit den Parteien links der Mitte. SPD, Grüne, FDP (sofern sie überhaupt noch im Landtag vertreten ist) und möglicherweise sogar das BSW oder die Linkspartei.

Genau hier liegt der “Offenbarungseid”, von dem der Kommentator spricht. Der Unvereinbarkeitsbeschluss, einst in Stein gemeißelt, bröckelt bereits. Aber er bröckelt nicht etwa in die bürgerliche Richtung, die viele CDU-Stammwähler erwarten würden. Er bröckelt nach links. Die schockierende Schlussfolgerung für viele konservative Wähler lautet: “Wer die CDU in Sachsen-Anhalt wählt, der wählt links.” Es ist der ultimative Verrat an der eigenen Wählerschaft, der sich hier anbahnt. Die CDU, so der Vorwurf, ist bereit, ihre letzten konservativen Prinzipien über Bord zu werfen, um den reinen Machterhalt zu sichern und Ulrich Siegmund als Ministerpräsidenten zu verhindern.

Das Dilemma wird durch die Person Sven Schulze selbst potenziert. Schulze ist kein unbeschriebenes Blatt, kein frischer Herausforderer. Er ist der amtierende Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten im Kabinett Haseloff III. Und was sind die “Inhalte”, mit denen dieser Wirtschaftsminister nun in den Wahlkampf zieht? Er verspricht eine “Job- und Ausbildungsgarantie”, eine “Reform des Bildungswesens”, “Wirtschaftsförderung” und “innere Sicherheit”.

Wirtschaftsminister Sven Schulze soll CDU in Sachsen-Anhalt in Zukunft  führen | MDR.DE

Die Reaktion darauf ist eine Mischung aus Unglauben und Spott. Die Wähler fragen sich zu Recht: Warum hat er das nicht längst getan? Wirtschaftsförderung fällt direkt in seinen Zuständigkeitsbereich. Innere Sicherheit ist seit Jahren ein Dauerbrenner, in dem die CDU-geführten Regierungen keine nennenswerten Erfolge vorweisen können. Schulze verspricht als Kandidat die Lösung von Problemen, für die er als Minister mitverantwortlich ist. Es ist, als würde ein Brandstifter versprechen, der beste Feuerwehrmann zu sein. Es ist die Definition von Wahnsinn, wie Albert Einstein sie formuliert haben soll: immer wieder dasselbe zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. Die Glaubwürdigkeit von Schulze und der gesamten Landes-CDU löst sich in diesem Moment in Luft auf.

Die Arroganz der Macht zeigt sich für viele Beobachter auch in einer anderen, fast beiläufigen Aussage Schulzes. Auf die drängende Frage nach der Zeit “nach der Wahl” entgegnet er, es gehe jetzt nicht um den Tag nach der Wahl, sondern “es geht um die CDU”. Diese Prioritätensetzung ist verheerend. Sie bestätigt das Gefühl vieler Bürger, dass die alte Volkspartei nur noch um sich selbst kreist. Es ist das exakte Gegenteil des einstigen Anspruchs: “Erst das Land, dann die Partei, dann die Person.” Bei der modernen CDU, so die bittere Erkenntnis, lautet die Reihenfolge: “Zuerst die CDU, und dann irgendwann hier unten kommt das Land.”

Der Wähler steht nun vor einer fundamentalen Entscheidung. Er kann eine Partei wählen, die ihm offen sagt, dass sie seine Stimme nutzen wird, um eine Politik zu machen, die er möglicherweise fundamental ablehnt – nämlich eine linke Regierung. Oder er kann das Risiko eingehen und die Partei wählen, die das Establishment so verzweifelt zu verhindern sucht. Die CDU bietet keine Lösungen an. Sie bietet nicht einmal eine ehrliche Analyse der Lage. Sie bietet nur die “theoretische Diskussion”, wie Schulze es nennt, und die vage Hoffnung, dass die Umfragen, wie schon 2021, auf wundersame Weise falsch liegen mögen.

Doch 2025 ist nicht 2021. Die Stimmung im Land hat sich gedreht. Die Probleme sind existenzieller geworden. Die Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung in Berlin färbt massiv auf die Länder ab. Die AfD in Sachsen-Anhalt, mit Ulrich Siegmund an der Spitze, präsentiert sich als einzige, wenn auch radikale, Alternative zu einem “Weiter so”, das für viele Bürger unerträglich geworden ist.

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Die CDU in Sachsen-Anhalt, aber auch die Bundes-CDU unter Friedrich Merz, ist in ihrer eigenen ideologischen Falle gefangen. Die Brandmauer, einst als Schutzwall gegen Radikale errichtet, ist zu einer Gefängnismauer geworden. Sie schneidet die Partei von einem signifikanten Teil der Wählerschaft ab und zwingt sie in Koalitionen, die ihre eigene Identität auflösen. Sven Schulze mag sich im Interview “nicht verrückt machen” lassen wollen, aber die Panik in seinen Augen und die Leere seiner Worthülsen sprechen Bände. Es ist die Panik einer Partei, die spürt, dass ihre Zeit abläuft, weil sie sich geweigert hat, die Realität anzuerkennen. Die Wahl in Sachsen-Anhalt wird zu einem Referendum über die Zukunft der bürgerlichen Politik in Deutschland. Und im Moment sieht es so aus, als würde die CDU diesen Kampf krachend verlieren.

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