Ein politisches Gewitter braut sich über Berlin zusammen, das die Grundfesten der deutschen parlamentarischen Demokratie zu erschüttern droht. In einer aufrüttelnden Pressekonferenz, die von vielen Mainstream-Medien weitgehend ignoriert wurde, hat der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner Alarm geschlagen. Der Vorwurf wiegt schwer: Es handle sich um nichts Geringeres als eine “Geschäftsordnungsrevolution”, einen “Frontalangriff auf die Rechte von Parlamentariern” und die gezielte Entmachtung der Opposition. Im Zentrum der Kritik: die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und eine Reform, die ihr, so Brandner, “monarchistische Züge” und “diktatorische Vollmachten” verleihen soll.
Was ist geschehen? Laut Brandner haben die sogenannten “Kartellparteien” – eine von der AfD genutzte Bezeichnung für die Ampel-Koalition und die CDU/CSU – die weitreichendste Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages seit etwa 40 Jahren auf den Weg gebracht. Ein Vorgang von immenser Tragweite, der jedoch, so der Vorwurf, unter Ausschluss der Öffentlichkeit und vor allem unter gezieltem Ausschluss der AfD-Fraktion stattgefunden habe. “Die Prozesse laufen seit Jahren”, erklärte Brandner. “Unter der Ampelregierung war das Ding schon fast fertig unter Beteiligung auch von CDU/CSU.” Man habe “hinter geschlossenen Türen rumgemauschelt”.

Der AfD sei, obwohl sie es “dutzendfach angeboten” habe, die Teilnahme an diesen Verhandlungen verwehrt worden – selbst hinter verschlossenen Türen, um, so Brandner ironisch, niemanden “mit der Brandmauer” in Verlegenheit zu bringen. Das Ergebnis sei ein Regelwerk, das einzig und allein darauf abziele, die Macht des Bundestagspräsidiums zu zementieren und die größte Oppositionspartei mundtot zu machen.
Der Kern der Anschuldigungen, der die Debatte nun emotional auflädt, ist die beispiellose Stärkung der Position von Julia Klöckner. Brandner zeichnete ein düsteres Bild, das an autokratische Systeme erinnert. “Wir sind demnächst wie im Vatikan so ein bisschen”, spottete er und sprach von “papistischen Zügen”. Der schockierendste Punkt: Die neue Geschäftsordnung sehe vor, dass der Bundestagspräsident zwar gewählt, aber “nie mehr abgewählt werden kann”. Dies sei, so Brandner, ein Unikum in der deutschen Politik. “Das dürfte das einzige Wahlamt in Deutschland sein, wo man einen reinwählt, aber nicht mehr abwählen kann. Das geht sogar bei Bundesverfassungsrichtern, die können aus dem Amt entfernt werden. Der Bundespräsident kann aus dem Amt entfernt werden. Nur der Bundestagspräsident kann das nicht.”
Diese “absolute Macht”, wie Brandner es nennt, werde durch weitere Instrumente untermauert. So solle die Bundestagspräsidentin zukünftig willkürlich über Redezeiten und insbesondere über die Zulassung von Zwischenfragen entscheiden können. Bisher, so Brandner, entscheide der Redner selbst, ob er eine Zwischenfrage zulässt. Demnächst entscheide dies das Präsidium. Für die AfD ist dies ein klarer Eingriff in die Lebendigkeit der Debatte und ein Werkzeug, um unbequeme Nachfragen zu unterbinden.
Doch die Reform geht laut den Enthüllungen noch viel weiter und greift tief in die Rechte – und den Geldbeutel – der Abgeordneten ein. Brandner sprach von “katastrophalen Zuständen” und “diktatorischen Vollmachten”, die es dem Präsidenten erlauben, Mitglieder des Bundestages für bis zu 30 Sitzungstage auszuschließen. “Das entspricht ungefähr einem halben Jahr”, rechnete Brandner vor. Ein solcher Ausschluss habe zur Folge, dass der Abgeordnete “30 Tage lang unentschuldigt fehlt”, was wiederum zu Geldzahlungen von etwa 9.000 Euro führen könne.
Gleichzeitig sollen Ordnungsrufe, die bisher als parlamentarisches Disziplinierungsmittel galten, massiv verschärft werden. Geplant sei eine Staffelung mit Ordnungsgeldern von 2.000 bis 4.000 Euro. Wer sich “falsches” im Plenum erlaube, werde nicht nur gerügt, sondern direkt zur Kasse gebeten. Brandner sieht darin eine Pervertierung der parlamentarischen Immunität und Indemnität. “Eigentlich herrscht ja eine Indemnität, dass man im deutschen Bundestag für Äußerungen außerhalb nicht verfolgt werden darf, weil die Debattenkultur angeregt werden soll”, erklärte er. “Jetzt haben wir ein Binnenrecht, was viel schärfer ist als das Außenrecht.”
Die AfD sieht sich als Hauptziel dieser neuen “Strafmaßnahmen”. Brandner beklagte die bereits jetzt existierende Voreingenommenheit des Präsidiums. Besonders hart ging er mit Vizepräsident Bodo Ramelow (Die Linke) ins Gericht, der “schamlos seine Vizepräsidentenrolle da ausnutzt und völlig einseitig und parteiisch” agiere. Während die Linke “immer mit kleinen Wattebäuschen” beworfen werde, “fliegen bei uns die Ordnungsrufe immer nur so, als gäb’s die morgen für die normalsten Aussagen.” Normale Formulierungen wie “die Bundesregierung würde die Bürger terrorisieren” würden bereits als “ordnungsrufwürdig” eingestuft.
Auf die Rolle von Julia Klöckner direkt angesprochen, zeigte sich Brandner zurückhaltender, aber dennoch kritisch. Sie “sucht aus meiner Sicht noch so ein bisschen ihre Rolle” und habe “noch keine so richtige Linie gefunden”, sagte er. Er warf ihr jedoch vor, ihr Recht auszunutzen, jederzeit das Wort zu ergreifen, um “dutzendfach nach Ende einer Rede die Rede zu kommentieren”. Ein Bundestagspräsident, so Brandner, habe aber nicht zu kommentieren, ob eine Rede gut oder schlecht war, sondern lediglich zu entscheiden, ob sie ordnungsrufwürdig sei oder nicht. “Dann muss er den Mund halten.”
Angesichts dieser bereits als parteiisch wahrgenommenen Amtsführung durch Teile des Präsidiums, sei die nun geplante Machtkonzentration fatal. “Der Schiedsrichter bekämpft uns nicht nur, er will uns auch noch verbieten”, fasste Brandner die Situation zusammen.
Ein weiterer Punkt, den Brandner als direkten Angriff auf die AfD wertet, ist die massive Einschränkung des Kandidatenbenennungsrechts der Opposition. Es sei bereits traurige Realität, dass die AfD-Kandidaten für das Vizepräsidentenamt oder Ausschussvorsitze von den “Altparteien” blockiert werden. Doch die neue Regelung setze dem die Krone auf: “Jetzt wird uns vorgeschrieben, dass wir beim Bundestagsvizepräsidenten und bei den Ausschussvorsitzenden noch drei Kandidaten nacheinander aufstellen dürfen. Kandidat eins fällt durch, zwei fällt durch, drei fällt durch.”
Und danach? “Ab dem vierten Kandidaten dürfen wir gar keinen Kandidaten mehr benennen.” Es sei denn, so Brandner fassungslos, die “Gegner” – also die anderen Parteien – stimmen einer weiteren Kandidatur mit einem 25-Prozent-Quorum zu. “Das müssen Sie sich mal vorstellen”, ereiferte sich Brandner. “Alleine die Frage, Kandidatur ja oder nein, hängt davon ab, dass der Gegner sagt, deine Leute können kandidieren.” Dies seien “demokratische Auswüchse”, die er sich so nicht hätte vorstellen können.
Um dem Vorwurf zu begegnen, man sei nur an Obstruktion interessiert, legte Brandner ausführlich 14 Änderungsanträge dar, welche die AfD eingebracht habe – allesamt, so seine Darstellung, Vorschläge zur Stärkung der Demokratie und Transparenz, die jedoch von den “Kartellparteien” abgelehnt worden seien.
Darunter: Die Einführung der Abwahlmöglichkeit für den Präsidenten und die Vizepräsidenten unter vereinfachten Bedingungen. Die klare Definition, dass das Präsidium nur dann ordnungsgemäß besetzt ist, wenn jede Fraktion einen Vizepräsidenten stellt. Längere Beratungsfristen für Gesetze, um Schnellschüsse wie beim “Heizungsgesetz” zu verhindern. Die transparente Anzeige der Redezeit für alle Zuschauer, nicht nur für den Präsidenten und den Redner. Das Verbot von “Omnibusgesetzen”, bei denen völlig sachfremde Themen wie “Stiftungsgesetze gemischt mit Coronamaßnahmen gemischt mit dem Gerichtsvollziehergesetz” in ein Paket geschnürt werden, sodass “der Bürger gar nicht weiß, worüber abgestimmt wird”.

Besonders pikant: Die AfD fordert mehr Transparenz bei namentlichen Abstimmungen. Brandner berichtete von einem Skandal bei der Wahl der Bundesverfassungsrichter: “Da kam es dazu, dass ein Grüner unter zwei verschiedenen Namen seinen Wahlzettel abgegeben hat. Wurde mir berichtet von den Schriftführern.” Um solche Tricksereien und Täuschungen zu verhindern, müssten Abstimmungen wieder offen im Plenum stattfinden, “wo jeder hinschauen kann”, statt sie “nach draußen zu verlagern, wo keiner mitkriegt, wer wessen Karte reinschmeißt.”
All diese Vorschläge für mehr Transparenz und fairere Verfahren seien ignoriert worden. Stattdessen, so das Fazit Brandners, werde die Debattenkultur “massiv drunter leiden”. Die “Kartellparteien” würden ihre Macht ausspielen, “weil sie genau wissen, wir bekommen keinen Vizepräsidenten”.
Die Enthüllungen von Stephan Brandner malen das Bild eines Parlaments im Krisenmodus. Es steht der Vorwurf im Raum, dass die etablierten Parteien die Regeln des Spiels mitten im Spiel ändern, um einen unliebsamen Gegner mit undemokratischen Mitteln kaltzustellen. Die “Geschäftsordnungsrevolution” stattet Julia Klöckner mit einer Machtfülle aus, die sie über jede parlamentarische Kontrolle erhebt und sie zum Scharfrichter über die Opposition macht. Die AfD hat eine klare “Kampfansage” formuliert und bereitet offenbar den Widerstand vor. Die Frage, die nun im Raum steht, ist, ob dies tatsächlich, wie im Titel der Pressekonferenz angedeutet, der Anfang vom Ende für Julia Klöckners Posten sein könnte – oder im Gegenteil, der Beginn einer neuen, autoritäreren Ära im Deutschen Bundestag.