Ein Beben erschüttert die deutsche Automobilindustrie, und seine Erschütterungen sind bis in die höchsten Etagen der Politik zu spüren. An vorderster Front steht Oliver Zipse, der Vorstandsvorsitzende von BMW, der mit einer beispiellosen Deutlichkeit ausspricht, was viele seit Langem denken, aber niemand in dieser Position auszusprechen wagte: Das in Brüssel beschlossene und von der deutschen Regierung vorangetriebene Verbrenner-Verbot ab 2035 ist ein „großer strategischer Fehler“. Diese Worte, gesprochen vor bayerischen CSU-Abgeordneten im beschaulichen Kloster Banz, sind mehr als nur eine Meinungsäußerung. Sie sind eine Generalabrechnung mit einer Politik, die droht, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft zu brechen.

Zipse, ein Mann, der normalerweise für seine diplomatische Zurückhaltung bekannt ist, fand klare und harte Worte. Er entlarvte die von der Politik so oft beschworene „Technologieoffenheit“ als eine Farce. Denn was nützt die Offenheit, wenn am Ende nur eine einzige Technologie – die Elektromobilität – mit massiven Subventionen und gesetzlichem Zwang durchgedrückt wird? Für Zipse und viele seiner Kollegen ist dies der direkte Weg in eine industrielle Sackgasse. „Man kann die Kunden ja nicht zwingen, etwas zu kaufen“, argumentierte er. Wenn die Elektromobilität die Bedürfnisse der Menschen nicht erfüllt – sei es aufgrund hoher Preise, mangelnder Reichweite oder einer desaströsen Ladeinfrastruktur –, dann werden die Kunden ihre alten Fahrzeuge einfach weiterfahren. Die Folge: ein Innovationsstopp und ein Einfrieren der CO2-Reduktion. Genau das Gegenteil dessen, was die EU mit ihren rigiden Vorschriften eigentlich erreichen wollte.
Die Kritik des BMW-Chefs trifft den wunden Punkt einer Politik, die über Jahre hinweg Milliarden von Euro an Steuergeldern in eine einzige Karte investiert hat, während sie bewährte und weiterentwicklungsfähige Technologien wie den modernen Verbrennungsmotor verteufelt hat. Die deutschen Hersteller, allen voran Volkswagen, wurden gezwungen, ihre Produktionsstraßen mit gigantischem Aufwand umzurüsten und neue Fabriken für Elektroautos zu bauen. Ein Milliardenpoker, der nun zu scheitern droht. Denn die Realität sieht anders aus als die Hochglanzprospekte der Politik: Die Absatzzahlen für Elektroautos sind nach dem Wegfall der staatlichen Prämien massiv eingebrochen. Die Ladeinfrastruktur ist, insbesondere in ländlichen Gebieten, ein Flickenteppich. Und die technologische Überlegenheit, die man sich erhofft hatte, ist ausgeblieben.
Im Gegenteil: Ein Unternehmen wie Tesla, das von Anfang an auf eine eigene, funktionierende Ladeinfrastruktur gesetzt hat und technologisch oft einen Schritt voraus ist, dominiert den Markt. Deutsche Premiumhersteller wie VW liefern Modelle wie den ID.5 ab, die von Kinderkrankheiten geplagt sind und in der Werkstatt mehr Zeit verbringen als auf der Straße. Der Frust der Kunden wächst, und mit ihm die Erkenntnis, dass die deutsche Ingenieurskunst in diesem Segment den Anschluss verloren hat.

Doch die Kritik von Zipse ist nur die Spitze des Eisbergs. Fast zeitgleich kommt eine noch schockierendere Nachricht aus dem Hause Porsche. Die Zuffenhausener Sportwagenschmiede, die ebenfalls massiv in die Elektromobilität investiert hatte, vollzieht eine radikale Wende. Oliver Blume, der Chef von Porsche und des gesamten VW-Konzerns, verkündete, dass die nächste große SUV-Baureihe oberhalb des Cayenne nun doch nicht wie geplant vollelektrisch auf den Markt kommen wird. Stattdessen wird es das Fahrzeug bis weit in die 2030er-Jahre hinein ausschließlich als Verbrenner und Plug-in-Hybrid geben.
Dies ist mehr als nur eine Kurskorrektur. Es ist ein Offenbarungseid. Einer der renommiertesten Automobilhersteller der Welt gesteht damit indirekt ein, dass die Wette auf die reine Elektromobilität zu früh kam und am Markt vorbeigeht. Man kehrt zu dem zurück, was man am besten kann: hocheffiziente und emotionale Verbrennungsmotoren. Die Entscheidung, gleichzeitig auf Plug-in-Hybride zu setzen, wird von Kritikern als fauler Kompromiss gesehen, der die Nachteile beider Welten – hohes Gewicht und komplexe Technik – in einem Fahrzeug vereint.
Die Reaktion der Börse auf diese Entwicklungen ist brutal und ehrlich. Die Aktienkurse von Porsche und VW sind abgestürzt. Investoren haben das Vertrauen in die Strategie der deutschen Automobilkonzerne verloren. Sie sehen nicht, wie der Spagat zwischen dem politisch erzwungenen Elektro-Kurs und der Marktrealität, die nach wie vor Verbrenner verlangt, gelingen soll. Die Milliardeninvestitionen in die Elektromobilität scheinen verbrannt, während die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors, wie sie etwa bei Toyota erfolgreich betrieben wird, in Deutschland vernachlässigt wurde.

Für den deutschen Bürger und Steuerzahler ist dieses Debakel eine bittere Pille. Sein Geld wurde verwendet, um eine Transformation zu erzwingen, die offensichtlich nicht funktioniert. Er wird mit immer höheren Strompreisen konfrontiert – die angebliche Rechnung, die die Sonne nicht schickt, kommt stattdessen vom Staat in Form von Steuern und Netzentgelten. Und am Ende soll er ein Produkt kaufen, das teurer, unpraktischer und oft auch unzuverlässiger ist als das, was er gewohnt ist.
Die radikale Kur, die jetzt notwendig wäre, wird nach Ansicht von Experten nicht kommen. Die Konzerne werden versuchen, zweigleisig zu fahren, was die Kosten weiter in die Höhe treiben und die Wettbewerbsfähigkeit schwächen wird. Das Verbrenner-Verbot der EU bleibt vorerst bestehen und schwebt wie ein Damoklesschwert über der Branche. Die Abrechnung von Oliver Zipse und die Kehrtwende bei Porsche sind daher mehr als nur Manager-Worte. Sie sind ein verzweifelter Hilferuf einer Schlüsselindustrie, die von der eigenen Politik an den Abgrund gedrängt wird. Es ist der Beginn eines Krieges um die Zukunft des Automobils, dessen Ausgang ungewiss ist, aber eines ist sicher: Die Verlierer stehen bereits fest – es sind die deutschen Arbeitnehmer, die deutschen Autofahrer und der deutsche Wirtschaftsstandort.