Tragödie um den „Grünen Baum“: Frank Rosins härtester Fall endet im Desaster – 176.000 Euro Schulden und das bittere Aus für eine 400-jährige Tradition

Es sind Szenen, die selbst einem hartgesottenen Profi wie Frank Rosin an die Nieren gehen. Wenn Tradition auf Realitätsverlust trifft und der Traum von der eigenen Gastronomie zum finanziellen Albtraum wird, ist das Drama vorprogrammiert. Doch was sich im fränkischen Fürth abspielte, übertraf alle Befürchtungen. Der Rettungsversuch des historischen Gasthofs „Grüner Baum“ entwickelte sich zu einem der emotionalsten und tragischsten Fälle in der Geschichte von „Rosins Restaurants“.

Mitten im malerischen Ortskern von Fürth steht – oder besser stand – eine Institution: Der „Grüne Baum“. Ein imposantes Fachwerkhaus, dessen Geschichte bis ins Jahr 1632 zurückreicht. Wandvertäfelungen, historische Malereien und Platz für Hunderte von Gästen. Eigentlich ein Goldgrube für jeden Gastronomen. Doch als Zwei-Sterne-Koch Frank Rosin dort eintraf, fand er keinen glänzenden Traditionsbetrieb vor, sondern ein sinkendes Schiff, das von einer völlig überforderten Kapitänin in den Abgrund gesteuert wurde.

Der Schock: Schuldenberg und Grusel-Deko

Monika, die 48-jährige Wirtin, hatte den Betrieb vor sieben Jahren von ihrem Ex-Mann übernommen. Eine gelernte Gastronomin? Fehlanzeige. „Ich bin dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kinde“, gestand sie Rosin gleich zu Beginn. Diese Unerfahrenheit hatte einen fatalen Preis: 176.000 Euro Schulden drückten auf den Betrieb. Der Insolvenzantrag war bereits gestellt. Eine Situation, die eigentlich sofortiges Handeln und eiserne Disziplin erfordert hätte.

Doch was Rosin bei seiner Inspektion vorfand, ließ ihn fassungslos den Kopf schütteln. Statt professioneller Strukturen herrschte im „Grünen Baum“ ein heilloses Durcheinander. Die Räume wirkten nicht einladend, sondern glichen eher einem verstaubten Antiquariat. Überall standen Puppen herum, Regale waren vollgestopft mit Krimskrams, und in einem Gastraum stand mitten im historischen Ambiente eine ausrangierte Telefonzelle neben einem Zigarettenautomaten. „Sind wir bei Messiehausen hier oder wo?“, entfuhr es dem Sternekoch. Die Atmosphäre war beklemmend, dunkel und für die Gäste eher abschreckend als gemütlich. „Die Puppen im Fenster sind ziemlich gruselig“, urteilte später auch ein Testesser knallhart.

Kulinarische Bankrotterklärung zu Wucherpreisen

Wer dachte, dass zumindest die Küche das Ruder herumreißen könnte, wurde bitter enttäuscht. Frank Rosin deckte bei seinem ersten Testessen gnadenlos auf, warum die Gäste ausblieben. Die Speisekarte war ein Sammelsurium aus verschiedenen Zetteln, teils fleckig, teils mit Rechtschreibfehlern übersät. „Zucchinicremesuppe“ in einem Wort? Geschenkt. Aber die Preise hatten es in sich: Eine halbe Ente für 10,90 Euro, ein „Schnitzel Wiener Art“ vom Schwein für stolze 16,90 Euro. „Wer kalkuliert das denn?“, fragte Rosin entsetzt. Die Relationen stimmten hinten und vorne nicht.

Das Essen selbst war eine Enttäuschung auf ganzer Linie. Die Ente ertrank in einer wässrigen Soße ohne Kraft, das berühmte fränkische Schäufele war am Rand ausgetrocknet, und das Dessert – „Heiße Himbeeren mit Vanilleeis“ – entpuppte sich als lieblos zusammengerührte Pampe mit dem billigsten Eis, das der Großmarkt zu bieten hatte. Besonders bitter: Die Klöße, der Stolz der fränkischen Küche, kamen als Fertigprodukt vom Lieferanten. „Das ist einfach nur belanglos“, resümierte Rosin.

Beim großen Testessen mit 40 Personen hagelte es dann die Quittung: Nur 24 von 50 möglichen Punkten. Die Gäste ließen reihenweise volle Teller zurück. „Trockenes Fleisch“, „Klebrige Klöße“, „Soße wie Wasser“ – das Urteil war vernichtend. Ein Gast fand sogar ein Haar in der Suppe – der gastronomische Super-GAU. Frank Rosin musste der weinenden Wirtin und ihrem Team die brutale Wahrheit servieren: „Das ist hier ein Glücksrad, aber kein professioneller Gastronomiebetrieb.“

Ein Team am Limit und fehlende Führung

Das Problem lag jedoch nicht nur auf dem Teller. Rosin identifizierte schnell das Hauptübel: Die fehlende Führungskompetenz. Monika, so sympathisch und bemüht sie auch wirkte, war keine Chefin. Sie rannte „wie Falschgeld“ von links nach rechts, arbeitete 12 Stunden am Tag und erreichte doch nichts. Ihre Tochter Juli, die als Serviceleitung eingesetzt war, fehlte ebenfalls die Erfahrung. „Mama braucht Struktur“, erkannte Juli, doch sie selbst konnte diese nicht bieten.

Die Mitarbeiter fühlten sich allein gelassen. Es gab keine klaren Ansagen, keine Organisation. „Jeder macht alles oder gar nichts“, beschrieb Servicekraft Nicki das Chaos. Die Folge: Hohe Personalkosten von fast 40.000 Euro im Monat, die den Umsatz von knapp 700.000 Euro im Jahr komplett auffraßen. Monika zahlte drauf, jeden Monat, und verbrannte Geld, das sie nicht hatte.

Der Rettungsplan: Ein letztes Aufbäumen

Trotz der katastrophalen Ausgangslage wollte Frank Rosin nicht aufgeben. Er sah das Potenzial in dem wunderschönen alten Haus und den eigentlich motivierten Mitarbeitern. Er entwickelte einen Schlachtplan:

Aufräumen: Der „Messie-Kram“ musste raus. Containerweise wurde Gerümpel entsorgt, die gruseligen Puppen verschwanden, und die Wände bekamen einen frischen, hellen Anstrich.

Kulinarisches Update: Rosin zeigte dem Küchenteam, wie man mit einfachen Mitteln – frischen Kräutern, weniger Wasser in der Gurke, besserer Soßenbasis – Geschmack auf den Teller bringt.

Führungswechsel: Da Monika offensichtlich überfordert war, schlug Rosin vor, einen externen Geschäftsführer zu suchen, der das Ruder übernimmt, während Monika „nur“ als Gastgeberin fungiert.

Monika stimmte zu und wurde von Rosin erst einmal in einen Kurzurlaub geschickt, um den Kopf frei zu bekommen. Während sie im Wellnesshotel entspannte, schuftete das Team in Fürth. Die Küche wurde grundgereinigt, der Gastraum aufgemöbelt. Es herrschte Aufbruchstimmung. Sogar ein potenzieller Geschäftsführer schien in Reichweite. Es wirkte, als könnte das Wunder von Fürth tatsächlich wahr werden.

Das bittere Ende: Wenn Hygiene und Psyche kollabieren

Doch das Schicksal – und die Realität der vergangenen Jahre – schlug gnadenlos zurück. Als Rosin voller Euphorie nach Fürth zurückkehrte, um den neugestalteten „Grünen Baum“ zu präsentieren, wurde er nicht mit Jubel empfangen, sondern mit betretenem Schweigen. Monika und ihr Küchenchef Stefan saßen niedergeschlagen am Tisch.

Der Insolvenzverwalter hatte eine Bombe platzen lassen: Ein Hygienebericht offenbarte gravierende Mängel in der Küche, die eine sofortige Fortführung des Betriebs unmöglich machten. „Vorne hui, hinten pfui“ – jahrelang war die Sauberkeit vernachlässigt worden. Zwar hatte Rosin eine Reinigungsfirma bestellt, doch das Grundproblem saß tiefer.

Noch schlimmer war der personelle Kollaps. Das gesamte Serviceteam hatte sich krankgemeldet. Die jahrelange Überlastung, die Unsicherheit und der Druck hatten ihren Tribut gefordert. Ohne Personal, mit einem vernichtenden Behördenbericht im Nacken und der erdrückenden Schuldenlast brach Monika zusammen.

„Ich kann nicht mehr und ich will auch nicht mehr“, gestand sie unter Tränen. Es war der Moment der totalen Kapitulation. Monika realisierte, dass sie alles falsch gemacht hatte, was man falsch machen konnte. „Ich bin zu weich, zu menschlich“, hatte sie zuvor analysiert. Jetzt zog sie die Reißleine. Sie entschied sich für die volle Insolvenz.

Ein Abschied ohne Happy End

Für Frank Rosin war dies ein Schock. „Scheiße“, entfuhr es ihm. Er hatte gekämpft, gestrichen, gecoacht und organisiert – doch gegen die psychische und physische Erschöpfung der Wirtin und die harten Fakten der Insolvenz war er machtlos. „Ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende“, resümierte er traurig.

Der „Grüne Baum“ wurde nicht gerettet. Die Lichter gingen aus, die Türen wurden abgeschlossen. Monika verlor ihr Restaurant, aber vielleicht gewann sie ihr Leben zurück. Heute arbeitet sie in einer Bäckerei – zurück an der Basis, ohne die erdrückende Verantwortung für ein Millionengeschäft. Ihre ehemaligen Mitarbeiter haben neue Jobs gefunden, die Gastronomie haben einige von ihnen ganz an den Nagel gehängt.

Die Geschichte des „Grünen Baums“ bleibt als Mahnmal. Sie zeigt, dass Tradition und ein schönes Gebäude nicht ausreichen, um in der harten Welt der Gastronomie zu überleben. Es braucht Kalkulation, Führung, Hygiene und Professionalität. Wenn diese Säulen fehlen, kann selbst der beste Sternekoch Deutschlands das Einstürzen nicht mehr verhindern. Für die Zuschauer bleibt das Bild eines verwaisten Prachtbaus und einer Wirtin, die den Mut hatte, sich ihr Scheitern einzugestehen – auch wenn es das Ende eines 400 Jahre alten Traums bedeutete.

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