„Das hätte ich mir nie träumen lassen!“: Alice Weidel rechnet ab – Wirft Staatsschutz Stasi-Methoden und der Regierung „extremistische Politik“ vor
Es ist eine Anklage, die das politische Berlin in seinen Grundfesten erschüttern könnte, wenn sie wahr ist. Und es ist eine Rhetorik, die bewusst auf Konfrontation bürstet, um einen fundamentalen Systemkonflikt zu enthüllen. Alice Weidel, Co-Vorsitzende der AfD, hat in einer Rede eine Grenze überschritten, die in der bundesrepublikanischen Debatte bislang selten so scharf gezogen wurde. Sie wirft der amtierenden Regierung nicht einfach nur schlechtes Handwerk vor, sondern bezichtigt sie der „extremistischen Politik“.
Gleichzeitig erhebt sie den schweren Vorwurf, dass der Staat seine eigenen Sicherheitsorgane instrumentalisiert, um die stärkste Oppositionspartei zu bekämpfen. Es ist der Vorwurf eines Gesinnungsstaates, der seine Kritiker überwacht. „Das hätte ich mir nie träumen lassen, dass solche Methoden irgendwann mal hier Einzug finden würden“, ruft Weidel ins Publikum.
Der Kern ihrer Anklage ist persönlich und direkt: „Anscheinend ist der Staatsschutz auch bei mir immer mit dabei“, beginnt sie ihre Rede. Sie beschreibt ein Klima der Überwachung, in dem „solche Leute rumhängen“ und mithören. „Auf meinem Handy, da sind sie sowieso alle drauf. Es wird alles mitgelesen.“
Für Weidel ist dies kein normaler Vorgang in einer Demokratie. Es ist ein Symptom für etwas, das sie als zutiefst undemokratisch brandmarkt. „Die größte Oppositionspartei, die stärkste Kraft in Deutschland, so zu überwachen, zu bespitzeln – das sind Methoden, die mich an ganz andere Systeme erinnern.“
Dann zieht sie den Vergleich, der in Deutschland das größtmögliche politische Tabu darstellt: „Das hatten wir in der DDR. Die Stasi hat ordentlich gespitzelt, und hier wird die Opposition, die politische Konkurrenz, bespitzelt durch den Verfassungsschutz und durch den Staatsschutz.“
Doch Weidel belässt es nicht bei der Opferrolle. Sie dreht den Spieß um. In einer dramatischen rhetorischen Wende stellt sie die Frage in den Raum, wer in diesem Land eigentlich der wahre Extremist sei. Wenn ihre Partei, die AfD, derart im Fokus der Behörden stehe, wo bleibe dann die Aufmerksamkeit der Verfassungsschützer bei dem, was sie als die eigentliche Zerstörung des Landes ansieht?
„Ich frage mich, liebe Freunde, wo ist der Staatsschutz, wo ist der Verfassungsschutz, wenn dann mal so wirklich extremistische Politik gemacht wird?“, fragt sie.
Was sie unter „extremistischer Politik“ versteht, dekliniert Weidel anschließend in einer Generalabrechnung durch alle Politikfelder durch.
Das erste und vielleicht visuell stärkste Beispiel ist die Energiepolitik. Sie verweist auf die Sprengung des Kernkraftwerks Gundremmingen. Für Weidel ist dies kein geordneter Rückbau, sondern ein Akt der Selbstverstümmelung. Sie spricht von einer „funktionierenden, milliardenschweren Energieinfrastruktur“, die „einfach mal in die Luft gesprengt“ wurde.
Dies, so Weidel, geschehe, während „die Deutschen unter den höchsten Energiepreisen leiden“ und „unsere Industrie pleite geht“. Sie wirft der Politik – namentlich Markus Söder und der CSU – vor, eine „extremistische Politik gegen die Interessen unseres Landes“ zu betreiben.
Um die Absurdität dieses Aktes zu unterstreichen, bemüht sie einen drastischen Vergleich: „Das hat mich so ein bisschen daran erinnert, wie die Talibanen die buddhistischen Statuen in die Luft gesprengt haben.“ Es sei ein „Maschinen- und Technologiesturm“. In einem anderen Bild vergleicht sie es mit der Zerstörung einer abbezahlten 200-Quadratmeter-Wohnung in Schwabing „einfach mal mit dem Hammer und Meißel“.
Das zweite Feld der von ihr angeklagten „extremistischen Politik“ ist die Migrationspolitik. „Ist es nicht extremistische Politik, wenn man unsere Grenzen offen hält, wenn Millionenfach Illegal in unser Land hineinströmen und die innere Ordnung unseres Landes auf den Kopf stellen?“, ruft sie. Sie wirft der Regierung vor, damit gegen internationales Recht, das deutsche Asylgesetz und das Grundgesetz zu verstoßen.

Und wo, so fragt sie provokant, seien hier „die Schreiberlinge des Staatsschutzes“? Ihre Antwort ist eine Verschwörungstheorie, die das System selbst ins Mark trifft: „Machen sie natürlich nicht, weil sie genau an die Regierung nämlich auch berichten, an die Innenministerien.“ Weidel gipfelt in der ungeheuerlichen Behauptung: „Der Verfassungsschutz geriert sich selbst zum Verfassungsfeind.“
Als drittes Beispiel für staatlichen Extremismus führt Weidel die Einschränkung der Freiheitsrechte an. Sie bündelt die Corona-Maßnahmen und die geplante EU-Chatkontrolle zu einem einzigen Narrativ der totalen Überwachung. Die EU-Chatkontrolle sei, „als wenn von der Leyen jeden einzeln unserer Briefe öffnet“.
Noch schärfer urteilt sie über die Corona-Jahre. Das Infektionsschutzgesetz, Ausgangssperren und die 2G-Regelung seien eine „Hetzjagd gegen die Ungeimpften“ gewesen. Sie spricht von einer „verlorenen Generation“ und einem „enormen Trauma“ bei Kindern und Jugendlichen, die gespürt hätten, „dass der Staat alles mit dir machen kann“.
Das vierte Feld ist die Wirtschafts- und Finanzpolitik. „Spitzensteuersätze, Spitzenabgaben, Spitzenenergiepreise“ und die CO2-Abgabe seien nichts anderes als der Versuch, „den Menschen… euch einfach alles wegzunehmen“. Sie diagnostiziert das Handeln von „sozialistischen Pleitestaaten“, die „immer mehr Geld brauchen, was ihnen nicht gehört“. Die Inflation sei ein „Ausfluss einer extremistischen Politik“ der EZB.
Fünftens: die Industriepolitik. Das Verbot des Verbrennungsmotors und das Heizungsgesetz seien nicht bloß Fehler, sondern Vorsatz. „Ich spreche ganz klar vom Vorsatz“, betont Weidel. Es sei eine Politik „gegen die eigenen Menschen, gegen die eigenen Unternehmen“, um „der deutschen Automobilindustrie einseitig zu schaden“.
Zuletzt weitet sie ihre Anklage auf die Bildungspolitik aus. Die Ergebnisse der PISA-Studien seien eine „Schande für unser Land“. Während die Schulen versagen würden, dränge die Politik Ideologie in die Klassenzimmer. Weidel fordert eine Rückbesinnung auf Lesen, Schreiben, Rechnen und MINT-Fächer und deklamiert: „An die Schulen gehört kein Gendern, an die Kindergärten gehört keine Drag Queen!“
Weidels Rede ist mehr als eine bloße politische Attacke. Es ist der Versuch, das gesamte politische System der Bundesrepublik als illegitim und extremistisch zu diffamieren. Sie stellt die Regierung als eine Art innere Besatzungsmacht dar, die das Land bewusst zerstört, während sie ihre Kritiker mit Methoden eines Unrechtsstaates verfolgt.
Die Schlussworte der Rede sind ein Versprechen an ihre Anhänger, die sie als die wahren Verteidiger der Bürgerrechte sieht: „Ich kann euch sagen, wenn wir in der Regierung sitzen, ist Schluss mit dieser extremistischen Politik.“ Und: „Wir werden jeden Stein, Stein für Stein, dieses Land wieder aufbauen. Das verspreche ich euch.“
Diese Rede ist ein Generalangriff. Sie zielt darauf ab, das Vertrauen in die staatlichen Institutionen – von der Regierung über die Sicherheitsbehörden bis hin zur Europäischen Zentralbank – fundamental zu erschüttern. Die Behauptung, der Verfassungsschutz selbst sei ein Verfassungsfeind, ist eine Eskalation, die zeigt, wie unversöhnlich die Positionen im Land geworden sind. Es ist eine Rhetorik, die keinen Kompromiss mehr sucht, sondern nur noch die vollständige Ablösung des bestehenden Systems.