Todesurteil in Berlin: Die Fatwa gegen Hamed Abdel-Samad enthüllt den Skandal der Paralleljustiz und das Kapitulationssignal des Rechtsstaates

Der Preis der Wahrheit: Wie ein deutscher Islamkritiker im Herzen Europas um sein Leben kämpft und die Demokratie im Schatten versinkt
Das Szenario ist beklemmend und zeugt von einem tiefen Bruch im Fundament der deutschen Demokratie: Im 21. Jahrhundert, im Herzen Europas, lebt ein Staatsbürger, der nicht spontan in die U-Bahn oder S-Bahn steigen kann, der jede Reise, jeden öffentlichen Auftritt bis ins kleinste Detail planen muss. Der Grund dafür ist kein gewöhnlicher Kriminalfall, sondern ein religiöses Todesurteil, eine sogenannte Fatwa, die gegen den scharfen Islamkritiker und politischen Wissenschaftler Hamed Abdel-Samad verhängt wurde. Seine Geschichte ist das erschreckende Protokoll eines drohenden Absturzes und entlarvt das Versagen des deutschen Staates, seine Bürger vor jenen radikalen Strukturen zu schützen, die offen die deutsche Rechtsordnung ablehnen.
Abdel-Samad, der Ägypter mit deutscher Staatsbürgerschaft, war einst selbst Muslimbruder und studierte in Deutschland, bevor er sich zu einem der profiliertesten und furchtlosesten Kritiker des politischen Islam entwickelte. Seine These, dass der Islam „faschistische Züge“ trage, erregte weltweit Aufsehen. Doch diese intellektuelle Auseinandersetzung kostete ihn seine Freiheit und beinahe sein Leben. In seinem Geburtsland Ägypten wurde er wegen der Beleidigung des Islam und des Propheten Mohammed mit einer Fatwa belegt, die ihn zum Tode verurteilt.
Die bittere Realität: Leben unter dem Damoklesschwert
Die Konsequenz dieser religiösen Todesdrohung ist, dass Hamed Abdel-Samad nun auch in Deutschland, seiner Heimat, unter ständigem Polizeischutz steht. Seine Lebensstruktur hat sich radikal verändert, die Spontaneität ist ihm genommen. Was diese Bedrohung so einzigartig und gefährlich macht, ist ihre ideologische Natur. Wie Abdel-Samad selbst erklärt, muss diese Fatwa nicht durch einen staatlichen Henker vollstreckt werden: „[07:58] jeder Moslim oder radikaler Moslim das vollenden… jeder Moslim, der seinen Propheten liebt, sollte diese Tat vollenden.“ Es ist ein Freibrief zur Hinrichtung, der an jeden einzelnen Gläubigen gerichtet ist. Ein Mensch soll getötet werden, nur wegen seiner Meinung.
Dieses Schicksal, so Abdel-Samad, teilen nur zwei Arten von Autoren weltweit: jene, die kritisch über die Mafia schreiben, und jene, die kritisch über den Islam schreiben. In allen anderen Bereichen kann frei und ohne Todesangst publiziert werden. Diese Beobachtung allein entlarvt ein tiefes Problem der Religion und Kultur, die eine Kritik nicht zulässt, ohne mit Gewalt zu drohen.
Die Urheber der Fatwa sind keine Randfiguren, sondern hochrangige Gelehrte und einflussreiche Prediger. Darunter ein Professor der renommierten Al-Azhar-Universität, ein ehemaliger Berater des ägyptischen Präsidenten Mursi und der in der Salafistenszene in Deutschland bekannte Groß-Scheich Abu Isak Al. Diese Verbindungen zeigen, dass die Ideologie, die Abdel-Samad den Tod wünscht, nicht an nationalen Grenzen haltmacht, sondern bis tief in die radikalen Zirkel Deutschlands reicht, wo diese Prediger „ganze Szenen beeinflussen“ und Salafisten ideologisch anleiten.
Der Schatten der Paralleljustiz und der „Islamrabatt“

Die Diskussion um Hamed Abdel-Samads Fatwa führt unweigerlich zu dem größeren und noch unbequemeren Problem: der Existenz von Parallelgesellschaften und einer eigenen, dem deutschen Recht entzogenen, „Paralleljustiz“. Experten warnen eindringlich vor dem Anspruch einer starken Minderheit unter Muslimen, den sogenannten „Islamrabatt“ in Bildung, Gesetzgebung und Medien zu etablieren.
Was genau ist damit gemeint? Es sind Menschen und Organisationen, die ihre religiösen Überzeugungen und die Scharia über das deutsche Gesetz stellen. Für sie ist nicht der Mensch der Souverän und der Gesetzgeber, sondern Gott. Und dessen Gesetze müssen „jenseits von Zeit und Raum“ angewendet werden, also auch mitten in der deutschen Gesellschaft. Diese Gruppen versuchen aktiv, durch Verbände und salafistische Vereinigungen, Einfluss zu nehmen und „Muslime zu bevormunden“. Kurz gesagt, wer den Islam offen kritisiert, bekommt sofort Ärger, was die Einseitigkeit und Verengung der Debatte zeigt.
Der ehemalige Innenpolitiker Wolfgang Bosbach beleuchtete in der Sendung das Phänomen der sogenannten Friedensrichter. Diese Richter, die in ethnisch geschlossenen Gesellschaften und Parallelgesellschaften operieren, verhandeln Fälle außerhalb des Rechtsstaates. Bosbach spricht von einem „riesigen Dunkelfeld“, in dem Straftaten, die nach dem deutschen Strafgesetzbuch geahndet werden müssten, gar nicht erst zur Kenntnis der Justiz gelangen.
Das Problem ist hier doppelt gelagert: Erstens bleiben Opfer oft auf ihrem Schadenersatzanspruch sitzen und können ihn nicht auf rechtsstaatlichem Wege geltend machen. Zweitens – und weitaus gravierender – wird der Strafanspruch der deutschen Justiz überhaupt nicht anerkannt. Das Fatale dabei ist die Einigkeit aller Beteiligten: Opfer, Täter und Familien sind sich einig, dass man die Dinge „unter uns regelt“.
Dieses System der Paralleljustiz ist nicht nur ein Bruch des Rechtsstaats, sondern hat auch eine zutiefst patriarchalische Struktur, die vor allem auf Kosten von Frauen geht, da ihre Rechte in diesen religiös-patriarchalischen Strukturen oft keine Geltung finden. Fünfzig Jahre nach der Anwerbung von Gastarbeitern muss die deutsche Gesellschaft feststellen, dass sie weite Teile ihres Rechtssystems und ihrer Gesetze an Parallelstrukturen abgetreten hat. Bosbachs Forderung, endlich gegen Friedensrichter wegen Strafvereitelung zu ermitteln, weil sie Täter der deutschen Strafjustiz entziehen, zeigt die Dringlichkeit und die Untätigkeit des Staates in diesem entscheidenden Bereich.
Das Kapitulationssignal der Gesellschaft
Die Geschichte von Hamed Abdel-Samad ist nicht nur seine persönliche Tragödie; sie ist ein Lackmustest für die Widerstandsfähigkeit des deutschen Rechtsstaates. Sie beweist, dass es im 21. Jahrhundert und in Deutschland tatsächlich Autoren gibt, die sich verstecken müssen, während ihre Peiniger und ideologischen Anstifter durch das Land reisen und „ganze Szenen beeinflussen“.
Die Haltung des deutschen Staates, die in der Sendung durch die Schilderungen Bosbachs und die Fakten zu Abdel-Samads Leben sichtbar wurde, ist eines Rechtsstaates unwürdig. Ein demokratischer Rechtsstaat kann es sich nicht leisten, wegzusehen, wenn seine Gesetze, seine Souveränität und die Sicherheit seiner Bürger von archaischen und extremistischen Interpretationen einer Religion in Frage gestellt werden. Parallelgesellschaften mit eigener Justiz zerstören den Rechtsstaat, und das kann kein Land akzeptieren.
Wenn die deutsche Justiz nicht energisch und proaktiv gegen jene vorgeht, die den Strafanspruch des Staates ignorieren und ihre eigenen Gesetze durchsetzen, dann sendet sie ein Kapitulationssignal aus. Hamed Abdel-Samad kämpft nicht nur um sein Leben, sondern um das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und die Gültigkeit des Grundgesetzes auf jedem Quadratzentimeter dieses Landes. Die Reaktion auf seine Fatwa muss über Polizeischutz hinausgehen. Es muss ein klares Bekenntnis des Staates zur Souveränität seiner Gesetze sein und eine konsequente Bekämpfung aller Strukturen, die den Tod eines Kritikers als legitimes Ziel betrachten. Die Zeit für eine Verharmlosung des Konflikts und die Tolerierung des Untolerierbaren ist längst vorbei. (1177 Wörter)