Tumulte in der Provinz: AfD-Aufmarsch eskaliert – Antifa bedrängt Presse, Weidel spricht von „Extremismus“ und Umfragen schockieren die Grünen

Tumulte in der Provinz: AfD-Aufmarsch eskaliert – Antifa bedrängt Presse, Weidel spricht von „Extremismus“ und Umfragen schockieren die Grünen

Donaueschingen. Dieses Wort zergeht auf der Zunge wie ein Sinnbild südwestdeutscher Behaglichkeit. Es ist nicht Cottbus, nicht Görlitz, nicht Suhl. Es ist das reiche, satte Baden-Württemberg, das Herz der deutschen Industrie, seit 14 langen Jahren regiert von den Grünen unter Landesvater Winfried Kretschmann. Doch an diesem Tag ist die Behaglichkeit einer spürbaren, aggressiven Spannung gewichen. Die Ära Kretschmann scheint zu implodieren. Jüngste Umfragen sehen die AfD hier bei 21 Prozent – vor den Grünen.

Und so wird die Provinzbühne in Donaueschingen zum Epizentrum des politischen Bebens, das längst nicht mehr nur den Osten der Republik erfasst. Die AfD hat zur Kundgebung gerufen, und 1200 Menschen sind gekommen. Der Saal ist brechend voll, so voll, dass nicht einmal mehr alle Einlass finden. Drinnen herrscht eine Stimmung der Zuversicht, fast des Triumphs. Draußen herrscht Wut.

Ein Team von Compact-TV, die Journalisten Lea und Leo, sind vor Ort, um beide Seiten einzufangen. Was sie erleben, ist ein Mikrokosmos der zerrissenen Nation. Draußen, vor den Toren, hat sich die Gegendemonstration formiert. Lautstark, wütend und mit einer klaren Forderung: „AfD sofort Verbot!“ skandieren sie. Ein Demonstrant hält eine Regenbogenflagge, Symbol der Toleranz, direkt neben einem Schild, das das Verbot der stärksten Oppositionspartei fordert.

Der Journalist Leo steuert auf eine Demonstrantin zu und spricht sie auf den offensichtlichen Widerspruch an: Alice Weidel, die Hauptrednerin des Abends, lebe ja selbst mit einer Frau zusammen. Wie passe das zur Forderung nach einem Verbot? Die Frau antwortet, die AfD vertrete Werte, die sie nicht vertreten könne. Doch bevor ein Dialog entstehen kann, eskaliert die Situation.

Eine andere Person drängt sich ins Bild, stößt eine Trillerpfeife direkt vor das Mikrofon und macht jedes Gespräch unmöglich. „Ich habe die Frau gefragt, die kann ja für sich sprechen“, versucht der Journalist zu deeskalieren. Die Antwort des Störers ist ein knappes: „Ich kann auch hier die Polizei bitten, dich wegzuschicken.“

Es ist der Moment, in dem die Stimmung kippt. Die Journalisten werden nun selbst zur Zielscheibe. Als “sogenannte Demokraten” bezeichnet der Reporter später die Menge, die ihn und seine Kamerafrau nun “massiv bedrängt”. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie sie geschubst werden, wie Hände vor die Linse schlagen. “Sie hier raus!”, wird ihnen entgegengeschrien. Die Pressefreiheit, so scheint es in diesen Minuten, endet dort, wo die eigene Weltanschauung herausgefordert wird. Die Szene löst sich erst auf, als die Polizei eingreift und die Journalisten abschirmen muss – eine “interessante Spannungseinlage”, wie der Reporter es später mit Galgenhumor nennt.

Drinnen, im Saal, ist von dieser Anspannung nichts zu spüren. Hier herrscht die unerschütterliche Gewissheit der eigenen Stärke. Markus Frohnmaier, der Mann, der 2026 als Ministerpräsidentenkandidat für die AfD in Baden-Württemberg antreten soll, gibt sich im Interview siegessicher. Auf die Proteste angesprochen, winkt er ab: „Niemand stoppt die AfD.“

Frohnmaier ist ein rotes Tuch für die politische Konkurrenz. Kürzlich sorgte er für einen landesweiten Skandal mit der Ankündigung einer Russland-Reise. Auch hier zeigt er keine Reue. „Ich finde es wichtig, dass Gesprächskanäle offen bleiben“, erklärt er. Er dreht den Spieß um und wirft der Konkurrenz, namentlich der CDU und Jens Spahn, vor, ein Klima der Denunziation zu schaffen. Wenn AfD-Politiker kritische Anfragen zur maroden Infrastruktur oder zum Zustand der Bundeswehr stellten, würde man sich „gemein mit dem Ausland“ machen, in dem Fall mit Russland.

Es ist diese Opfer-Erzählung, gepaart mit einem unbedingten Machtanspruch, die den Abend prägt. Frohnmaier blickt auf die Umfragen und gibt die Marschrichtung vor: Er sei „ganz zuversichtlich“, dass die AfD bei der Wahl 2026 „mindestens auf einer Ebene mit der Union“ stehen werde, „wenn nicht sogar vielleicht ein Prozent vor der CDU.“

Der ideologische Überbau für diesen Angriff wird von der Parteiprominenz geliefert. Alice Weidel, deren Rede in den sozialen Medien geteilt wird, schlägt in dieselbe Kerbe. In einem eingespielten Clip bezeichnet sie nicht ihre Partei, sondern die Regierungspolitik als “extremistisch”. Ihr Beispiel: die Sprengung des funktionierenden, milliardenschweren Kernkraftwerks Gundremmingen. Sie vergleicht diese Energiepolitik mit den Taliban, die buddhistische Statuen in die Luft gesprengt hätten. Es ist die totale Inversion der Vorwürfe: Nicht die AfD sei radikal, sondern jene, die eine intakte Energieinfrastruktur zerstörten.

Dieser Frontalangriff auf das Establishment verfängt. Er verfängt nicht nur bei den Enttäuschten, sondern auch bei der Jugend. Der Journalist trifft Samuel Apfel, einen jungen Mann, der seine Unterstützung für die AfD mit seinem “christlichen Glauben” begründet. Die Partei vertrete seine Werte am meisten.

Und dann sagt er die Sätze, die ungeschminkt offenbaren, welche rohe, unversöhnliche Energie ebenfalls in dieser Bewegung steckt. Ihm sei wichtig, „dass Deutschland halt Deutsch bleibt“. Und: „die ganzen Vergewaltiger und Messerstecher und so, die ganzen Ausländer die halt Deutschland kaputt machen einfach rausgehen.“ Es sind Sätze, die in keinem Parteiprogramm so stehen, die aber die emotionale Grundierung für viele Wähler bilden.

Gleichzeitig präsentiert sich die Partei hochprofessionell. Diana Zimmer, die jüngste AfD-Abgeordnete im Bundestag, ebenfalls aus Baden-Württemberg, spricht im Interview nicht von Emotionen, sondern von Strategie. Sie spricht von der “besten Ausgangslage”, von Umfragewerten zwischen “21 und 24 Prozent”. Sie spricht von ihrem Ziel, das “Direktmandat” in Pforzheim zu gewinnen. Die Landesgruppe im Bundestag sei “professionell aufgestellt”, man wolle durch “sachliche Politik” im Finanz- und Außenausschuss auffallen.

Es ist diese Zweigleisigkeit – die rohe Wut auf der Straße und die professionelle Rhetorik auf dem Parkett –, die die AfD so erfolgreich macht.

Am Ende des Abends sind die Journalisten sichtlich beeindruckt. „Ich war überrascht. Ich komme ja aus den Osten. Ich dachte nur dort gibt’s blaues Land. Gibt’s offenbar auch hier“, resümiert Leo. Der “Andrang war gewaltig”, die Stimmung explosiv, “die Leute hatten Bock auf die Veränderung”.

Die Bilder aus Donaueschingen senden ein klares Signal an die Republik: Der Aufstieg der AfD ist längst kein ostdeutsches Phänomen mehr. Er hat den reichen, grünen Westen voll erfasst. Die Tumulte vor dem Saal und der triumphale Jubel im Inneren sind zwei Seiten derselben Medaille – einer tief gespaltenen Gesellschaft, in der die politische Mitte erodiert und die Ränder mit einer Wucht aufeinanderprallen, die das Land in seinen Grundfesten erschüttert.

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