Die blinde Tochter wurde an einen Millionär verkauft – und in jener Nacht verlor sie alles…

In der stillen Stadt Tannenfels im Süden Deutschlands, wo der Wind durch die hohen Fichten flüsterte und die Straßen kaum ein Geräusch von Leben trugen, lebte eine junge Frau namens Clara Donau. Mit nur 22 Jahren war Clara eine fragile Seele, gezeichnet von einem Schicksal, das ihr kein Licht gönnte. Sie war blind, seit ihrer Kindheit eingehüllt in ewige Dunkelheit.

 Ihre wunderschönen haselnussbraunen Augen sahen keine Berge, keinen Sonnenaufgang, kein Lächeln, das ihr galt. Sie lebte in einem alten windschiefen Haus am Rande der Stadt mit ihrer Pflegemutter Margarete Hein, einer Frau, die vom Leben hart gemacht und vom Alkohol weich gespült war. Für Margarete war Kara keine Tochter, nur eine Last, eine Erinnerung an Träume, die nie wahr geworden waren.

 Die Leute in Tannenfels hatten Mitleid mit dem blinden Mädchen. Man sah sie oft mit ihrem weißen Stock über die Kieswege tasten, während die Nachbarn tuschelten und schauten. Aber Mitleid war alles, was sie ihr schenken konnten. Klaras Tage waren still, eintönig, aber schwer. Oft saß sie einfach da, fühlte den Wind auf ihrer Haut und lauschte den Geräuschen jenseits der Schatten.

 Von ihrer Kindheit wusste sie kaum etwas. Ihr Gedächtnis war nach einer schweren Krankheit ausgelöscht, als sie 5 Jahre alt war. Alles, was sie besaß, war eine silberne Kette mit zwei Anhängern, Sonne und Mond. Sie trug sie immer, als wäre darin die Antwort auf ein Rätsel verborgen, dass sie nicht lösen konnte. Margarete verspottete sie deswegen, nannte das Schmuckstück er wertlosen Kram.

 Doch Klara fuhr immer wieder mit den Fingern über die Gravuren, spürte Trost in der kalten Oberfläche so, als würde das Metall noch Erinnerungen tragen, die sie selbst verloren hatte. Eines grauen, regnerischen Nachmittags kam Margarete mit ungewohnter Aufregung nach Hause. Ihre Stimme klang seltsam süßlich, als sie sagte: “Kaara, es gibt da eine Chance für dich.

 Eine Arbeit in Berlin. Ein wohlhabender Mann zahlt 5000 € für deine Hilfe.” Klara runzelte die Stirn. Für was für eine Hilfe? Ach, mach dir keine Sorgen. Es ist ein Job, der dich endlich aus diesem Kaffee rausbringt. Log Margarete mit dem Lächeln einer Frau, die längst beschlossen hatte, das Geld für sich zu behalten.

 Verunsichert, aber hoffnungsvoll packte Kara ihre wenigen Sachen, ihren abgetragenen Pullover, den weißen Stock und ihre Kette und vertraute der Frau, die sie großgezogen hatte, trotz all der Jahre der Kälte. Die Reise nach Berlin war für sie einziger Wirbel aus Geräuschen. Das Dröhnen des Busses, das Rascheln fremder Stimmen, das Zählen der Münzen.

 Als Margarete das Geld übergab. Als sie in Berlin ankamen, führte Margarete sie zu einem gläsernen Hochhaus in Charlottenburg. Die Spiegelwände reflektierten das Grau des Himmels. Ein Mann mit ruhiger, aber bestimmter Stimme trat ihnen entgegen. “Das ist sie?”, fragte er. Ja, antwortete Margarete hastig und streckte ihm die Hand entgegen. Kümmern Sie sich gut um sie.

Dann verschwand sie, das Geld fest in der Tasche, und ließ Kara allein zurück, mitten im Lärm der Großstadt. Verwirrt und verängstigt stand Kara in der Eingangshalle des Gebäudes, die Füße auf kalteem Marmor, ihr Stock zitternd in der Hand. Sie wusste nicht, dass sie in das Leben von Jakob Stein getreten war, einem Mann, dessen Name ganz Deutschland kannte.

 Er war der Erbe des Steinimmobilienimperiums, ein hochgewachsener, gut aussehender Mann mit dunklem Haar und eisblauen Augen. Er trug den Glanz des Erfolgs und das Gewicht eines uralten Familienfluchs. Jakob war nur hier, weil seine Großmutter Dorothea Stein es so wollte. Sie war die unangefochtene Matriarchie in der Familie, eine Frau von 70 Jahren, die an Prophezeiungen glaubte und an Blutlinien, die gerettet werden mussten.

 In ihrem ledergebundenen Familienbuch stand geschrieben, dass ein Erbe nur dann Glück bringen würde, wenn er eine Frau heiratete, die unter dem Zeichen von Sonne und Mond geboren war. “Sie ist es”, hatte Dorothea gesagt, als sie von Kara hörte. “Sie ist die Frau, die uns retten wird.” Jakob hatte gelacht, bitter und müde.

 Er glaubte weder an Schicksal noch an Magie. Sein Herz gehörte längst einer anderen, Sanne, einem Mädchen aus seiner Kindheit in Bayern. Sie waren unzertrennlich gewesen, hatten auf Wiesen gespielt, unter Sternen geschworen, einander nie zu vergessen. Vor Jahren hatte er ihr ein Amulett mit Sonne und Mond geschenkt, mit dem Versprechen, sie eines Tages zu heiraten.

 Doch Sanne war verschwunden. Ein Unfall, ein Feuer, ein Schock. Niemand wusste genau, was passiert war. Jakob erinnerte sich nur an Rauch, Schreie und ein Gefühl des Verlusts, das nie verging. Als Dorothea ihm von Kara erzählte, verspürte er Wut und Schuld. Doch am Ende fügte er sich dem Willen seiner Großmutter.

 So wurde Clara, die blinde, verlassene Frau aus Tannenfels, in ein Leben gestoßen, dass sie nie wollte, in das Leben der Familie stein. Die Hochzeit war kühl, mechanisch, eine Pflichtübung. In der Kapelle des Herrenhauses auf Schloss Steinberg schwor Kara ewige Treue in Worten, die sie kaum verstand. Und in jener Nacht, als Dorothea über sie wachte, erfüllte Jakob die Tradition ohne Liebe, ohne Sanftheit, nur aus Pflichtgefühl.

 Klara lag später wach im dunklen Gästezimmer, die Finger um ihr Amulett geschlossen, während Tränen lautlos ihre Wangen hinunterliefen. Das war nicht das neue Leben, das sie sich erhofft hatte. Es war ein Käfig glänzend, aber kalt. Und sie wußte noch nicht, daß das Schmuckstück an ihrer Brust das einzige war, was sie und Jakob wirklich verband, denn tief in einem alten Schreibtisch, hinter Schloss und Riegel, lag ein zweites identisches Amulett, Sonne und Mond.

 Und Jakob wusste nicht, warum sein Herz jedes Mal schmerzte, wenn er daran dachte. Das Leben auf Schloss Steinberg war für Kara eine goldene Falle. Die langen Flure halten leer wieder. Ihre Schritte klangen fremd, wie Echos eines Lebens, das nicht ihr gehörte. Die Dienerinnen tuschelten, sobald sie an ihr vorbeiging, und die Familie betrachtete sie, als wäre sie ein Fremdkörper, ein peinlicher Fleck im markellosen Stammbaum der Steins.

 Jakob sprach kaum mit ihr. Wenn er überhaupt da war, verbrachte er die Nächte in seinem Büro oder in Berlin, um das Familienunternehmen zu leiten. Nur selten hörte sie seine Stimme und jedes Mal klang sie kälter, distanzierter. Klara fühlte sich wie ein Schatten in einem Haus, das ihr nie Wärme schenkte. Ihr einziger Trost blieb das Amulett.

Die Sonne und der Mond, kühl auf ihrer Haut, waren wie ein Herzschlag aus einer anderen Zeit. Sie erinnerte sich nicht daran, wer es ihr gegeben hatte, aber sie wusste tief in sich, dass dieses Schmuckstückteil von etwas war, das größer war als sie selbst. Währenddessen im gläsernen Hauptsitz der Stein Enterprises in Berlin begann eine andere Frau in Klaras Leben einzutreten, Vanessa Hartmann.

 Vanessa warun, ehrgeizig, schön und brandgefährlich. Mit ihren flammend roten Haaren und ihren eisgrünen Augen wußte sie genau, wie man Männer lenkte. Sie hatte sich hochgearbeitet, charmant, berechnend, skrupellos und ihr Ziel war klar: Jakob Stein. Sie kannte seine Schwäche, seine Sehnsucht nach der verlorenen Sonne. Eines Abends, als sie spät im Büro blieb, hörte sie, wie Jakob mit seinem Assistenten Gregor Vogt sprach.

 Seine Stimme war brüchig, ehrlich, verletzlich. “Ich habe sie nie gefunden, Gregor”, sagte er leise. “Sanne war mein Licht. Ich habe ihr dieses Amulett gegeben. Sonne und Mond. Ich habe ihr versprochen, sie zu heiraten.” Und dann war sie fort. Ich hätte sie retten müssen. In Vanessas Kopf klickte etwas ein. Ein Plan.

 Gefährlich, aber brillant. In den folgenden Wochen arbeitete sie eng mit Gregor zusammen. Er war loyal, aber von Neid zerfressen. Er beneidete Jakob um seine Macht, sein Ansehen, sogar um sein Leid. Und Vanessa wusste, wie man solche Männer benutzt. Sie begann Informationen über Sanne zu sammeln. Gregor erzählte ihr Geschichten, Erinnerungen, Details, das Lachen am See, der Sturz im Sommer, die alte Kette, die Versprechen unter dem Sternenhimmel.

 Stück für Stück bastelte Vanessa daraus eine Identität, eine Vergangenheit, die sie bald zu ihrer eigenen machen würde. Eines Abends fiel Klaras Amulett zu Boden, während sie in der Bibliothek saß, die Hände über den Seiten eines Buches, das sie nicht sehen konnte. Das Kättchen rutschte von ihrem Hals und rollte über den Teppich. Zufällig kam Vanessa vorbei, hielt in der Tür inne und ihr Blick fiel auf das glitzernde Schmuckstück. Sonne und Mond.

Sie hob es auf. Ihre Finger schlossen sich darum, als wäre es eine Krone. Na endlich, flüsterte sie mit einem gefährlichen Lächeln. Jetzt gehört er mir. Am nächsten Tag trat sie in Jakobs Büro. Ihr Blick war zart, ihre Stimme zittrig, genau wie sie es geübt hatte. “Jakob”, begann sie. “Ich weiß, das klingt verrückt, aber ich ich glaube, ich bin Sanne.

” Jakobs Kopf schnellte hoch. “Was hast du gesagt?” Vanessa zog langsam das Amulett aus ihrer Tasche. Es schwang vor ihm wie ein Pendel. Jakobs Herz raste. “Woher hast du das?”, fragte er heiser. “Es war immer bei mir”, flüsterte Vanessa, ihre Augen feucht vor gespielten Tränen. “Ich erinnere mich nicht an alles, aber ich weiß, dass du mir das gegeben hast.

” Etwas in Jakob zerbrach. Jahre der Schuld, des Verlustes, der Sehnsucht. All das viel in diesem Moment in sich zusammen. Er stand auf, trat zu ihr, legte die Hand an ihre Wange. Sanne hauchte er und in diesem Moment glaubte er der Lüge. Von da an war Vanessa an seiner Seite. Sie zog in das Schloss ein, angeblich, um Erinnerungen zurückzugewinnen.

Dorothea, die alte Matriarchien, hieß sie willkommen. Endlich, sagte sie, die Auserwählte. Klara wurde zum Geist im eigenen Haus. Jakob miet sie völlig. Selbst der Klang ihres Stocks auf dem Pakett schien ihn zu stören. Vanessa nutzte jede Gelegenheit, um sie zu demütigen. Leise, gezielt, giftig. “Du bist nichts”, flüsterte sie ihr eines Abends zu.

 “Nicht mehr als ein Missverständnis. Eine Blinde in einer Welt, die Schönheit sehen will.” Klara blieb still, aber tief in ihr begann etwas zu brennen. Leise, hartnäckig, wie ein Funkenhoffnung, der sich weigerte zu sterben. Eines Nachts spürte sie etwas Neues, eine Wärme unter ihrem Herzen. Sie war schwanger.

 Zum ersten Mal seit Jahren lächelte sie. Vielleicht, dachte sie, würde dieses Kind sie retten. Vielleicht würde es ihr eine Liebe schenken, die sie nie gekannt hatte. Doch Vanessa bemerkte die Veränderung, das sanfte Strahlen auf Kasas Gesicht, den neuen Frieden in ihrer Haltung und sie beschloss ihn zu zerstören. Bei einem privaten Dinner im Schloss, während Dorotea am Kopf der Tafel saß und Jakob mit leeren Augen ins Glas starrte, geschah es.

 Klara stand auf, um zu gehen, tastete sich mit ihrem Stock zum Ausgang. Ein Geräusch, ein Stoß, ein Aufschrei und dann Stille. Als die Bedienstete sie fand, war ihr Kleid mit Blut getränkt. Das Blut auf dem Marmorboden wollte nicht trocknen. In der Luft des alten Speisesaals lag der scharfe Geruch von Metall und Schweigen. Kara lag auf einer Trage, das Gesicht bleich, die Finger verkrampft um das Laken.

 Draußen heolte der Wind, aber drinnen war alles still zu still. Der Arzt sprach leise, fast flüsternd. Es tut mir leid, Frau Stein. Das Kind. Er brach ab und Kara mußte die Worte nicht hören, um sie zu verstehen. In ihrem Inneren war es leer geworden. Als Jakob endlich erschien, starrte er sie an, als wäre sie ein Schatten, der ihn störte.

Neben ihm stand Vanessa, elegant wie immer, mit gesenktem Blick und gespieltem Schmerz. “Was ist passiert?”, fragte Jakob kühl. Vanessa drückte sich an ihn, ihre Stimme zitterte, perfekt dosiert. “Sie, Sie ist gefallen, Jakob. Ich habe versucht, sie zu halten. Es ging alles so schnell. Klara hob zitternd die Hand.

 Sie hat mich gestoßen. Ihre Stimme war schwach, aber fest. Jakobs Augen verengten sich. Genug. Kara. Ich sage die Wahrheit. Du suchst nur nach Schuldigen. Immer. Er wandte sich ab und in diesem Moment starb etwas in ihr, das letzte Stück Hoffnung, dass sie an ihn gebunden hatte. Dorotea trat hinzu, gestützt auf ihren Stock.

 Ihre einstmächtige Stimme klang brüchig. “Vielleicht”, sagte sie, “Vielleicht habe ich mich geeirrt mit dir, Kind. Vielleicht bist du nicht die, die uns retten sollte.” Klara blieb allein zurück. In jener Nacht hörte sie den Regen gegen die Scheiben prasseln, wie das leise Weinen einer Welt, die sie vergessen hatte.

 Sie hielt das Amulett fest an ihre Brust, Sonne und Mond, aber selbst das fühlte sich jetzt kalt an. Am nächsten Morgen trat sie in Jakobs Arbeitszimmer, die Hand fest um ihren Stock geschlossen. Ich will die Scheidung. Er sah sie kaum an. Das ist nicht möglich. Du bist meine Frau. Punkt. Ich bin dein Gefangener, Jakob. Ihre Stimme bebte, doch sie wich nicht zurück. Du hast mich nie gesehen.

 Nicht als ich sprach, nicht als ich um dich bat und nicht als ich unser Kind verlor. Einen Moment lang zitterte Jakobs Hand, doch dann griff er wieder nach seinen Papieren. Geh jetzt, Klara, ich habe Arbeit. Vanessa stand draußen im Flur, die Lippen zu einem siegreichen Lächeln verzogen. Klara verließ das Zimmer Schritt für Schritt.

 Jeder Schlag ihres Stocks ein Echo ihrer Entschlossenheit. Sie weinte nicht mehr. Tränen waren für die Schwachen. Aber als sie die Tür zu ihrem kleinen Zimmer schloß, fiel sie auf die Knie. Bitte, flüsterte sie in die Dunkelheit. Zeig mir, wer ich bin. Die Antwort kam Wochen später, nicht von oben, sondern von weit her.

 Während Clara sich in ihrem Schmerz verlor, saß in München ein Mann in einem Büro hoch oben in einem Glasgebäude. Richard Langner, Gründer der Langner Group, einer der mächtigsten Männer Europas. Mit 60 Jahren hatte er alles Reichtum, Einfluss, Macht, alles außer seiner Tochter. Sie war ihm vor 20 Jahren genommen worden, entführt auf einem Jahrmarkt, als sie kaum 2 Jahre alt war.

Die Polizei hatte versagt, die Spur war kalt geworden. Doch Richard hatte nie aufgehört zu suchen. Er hatte eine Stiftung gegründet, verloren und gefunden, eine Organisation, die entführte Kinder mit ihren Familien zusammenführte. Und eines Tages lag auf seinem Schreibtisch ein Bericht. Ein Fall aus Süddeutschland.

 Eine junge Frau, blind, ohne Erinnerungen, mit einem Amulett, Sonne und Mond. Geburtsdatum: Das gleiche wie das seiner verschwundenen Tochter Emilia. Richard erstarrte. Er schickte ein Team. Die Spur führte nach Berlin zu einem Anwesen am Rand der Stadt, zum Haus der Steins. Während draußen der Winter die Bäume entlaubte, klopfte es eines Morgens leise an Kas Tür.

 Frau Stein, mein Name ist Sarah Bergmann. Ich komme von verloren und gefunden. Dürfte ich kurz mit ihnen sprechen? Klara runzelte die Stirn. Die Stimme war ruhig, freundlich. Ich bitte kommen Sie herein. Sarah trat ein, setzte sich und begann zu erzählen von einem Kind, das entführt wurde, von einem Vater, der nie aufgehört hatte zu suchen und von einer Kette mit Sonne und Mond, die einst einem kleinen Mädchen gehörte.

 “Wir glauben, sie sind Emilia Langner”, sagte sie sanft. Klara spürte, wie die Welt still stand. Ihre Finger schlossen sich um das Amulett. Emilia, ein Name, der sich fremd und doch richtig anfühlte. Sarah fuhr fort. Ihr Vater möchte sie sehen, wenn Sie bereit sind. Klara nickte langsam. In ihr wuchs etwas, dass sie seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. Hoffnung.

 Am nächsten Tag saß sie in einem Privatjet, die Hand von Sarah Festinierra. Als sie in München landeten, wartete ein Mann mit silbergrauen Haaren und müden Augen vor einer Villa mit weißen Säulen. Richard Langner, als Kara Nein, Emilia, die Stufen hinaufging, stockte ihm der Atem. Emilia, das Wort kam wie ein Gebet über seine Lippen.

 Er trat vor, umarmte sie, fest und vorsichtig zugleich. Ich habe dich gefunden”, flüsterte er, Tränen in den Augen. “Ich habe nie aufgehört, dich zu suchen.” Und zum ersten Mal seit Jahren fühlte Kara Wärme, ehrlich, rein, familiär. Doch das war erst der Anfang, denn Richard hatte mehr als nur Erinnerungen mitgebracht.

 Er hatte auch Ärzte, Spezialisten aus Zürich, London und Wien, alle da, um zu sehen, ob es Hoffnung für ihre Augen gab. Die Operation war riskant, aber Klara stimmte zu. Sie hatte nichts mehr zu verlieren und als die Bandagentage später fielen, erblickte sie das Licht. Zuerst verschwommen, dann klar. Farbend so viele Farben.

 Das Blau des Himmels, das Grün der Gärten, das Silber in den Haaren ihres Vaters. Sie begann zu weinen. “Ich kann dich sehen”, flüsterte sie. Richard zog sie in die Arme. “Und ich dich, mein Kind?” Zum ersten Mal in ihrem Leben sah Kara oder Emilia, die Welt, die sie so lange ertastet hatte. Aber mit dem Licht kam auch die Erinnerung.

 Ein See, ein Junge, ein Versprechen unter Sternen und ein Amulett mit Sonne und Mond. Wochen waren vergangen seit Kara jetzt wieder Emilia Langner, das Augenlicht zurückgerlangt hatte. Ihr Leben hatte sich in ein neues strahlendes Kapitel verwandelt, doch in ihr halten noch Schatten wieder. Sie sah wieder, aber das bedeutete auch, dass sie sich endlich den Dingen stellen konnte, die sie einst nur gefühlt hatte.

Verrat, Schmerz, Verlust. Richard Langnerwig kaum von ihrer Seite. Der mächtige Geschäftsmann, den die Welt als eiskalt kannte, war plötzlich ein Vater, verletzlich, stolz, beschützend. Er führte sie in seine Welt ein. Vorstandsitzungen, Stiftungen, Empfänge. Die Menschen flüsterten über die Wundeheimkehr seiner verlorenen Tochter.

Doch Emilia blieb demütig. In ihrer Brust trug sie das Amulett, dass sie jetzt wusste, dass ihr Vater ihr einst geschenkt hatte. Sonne und Mond lagen auf ihrer Haut, warm wie ein Herzschlag. Richard bestand darauf, dass sie sich um die deutsche Niederlassung der Langner Grub in Berlin kümmerte.

 “Es ist Zeit, dass du selbst bestimmst, wer du bist”, hatte er gesagt. Und so kehrte Emilia in die Stadt zurück, die sie einst verschlungen hatte. Das Herrenhaus der Steins stand noch wie ein Denkmal aus Schuld und Erinnerung. Sie fuhr daran vorbei. Ihr Blick blieb an den Türmen hängen, an den Fenstern, die sie so oft nur ertastet hatte.

 Jetzt konnte sie sehen und die Kälte darin. Jakob Stein lebte noch immer dort, doch sein Reich bröckelte. Die Stein Enterprises stand kurz vor dem Zusammenbruch. Skandale, fallende Aktien, gebrochene Verträge und an seiner Seite Vanessa Hartmann, aber nicht mehr lange, denn in den letzten Wochen war Vanessa unruhig geworden.

 Sie spürte, dass Jakob sich veränderte. Er war schweigsamer, gereizter und immer öfter abwesend. Er hatte die Lüge geglaubt, doch in seinem Inneren begann sie zu bröckeln. Eines Abends betrat er das alte Arbeitszimmer seiner verstorbenen Großmutter Dorothea. Zwischen vergebten Papieren fand er ein versiegeltes Kouvert.

 Ihr Name stand darauf. Jakob, mein Junge, begann der Brief in zittriger Schrift, ich habe dich zu sehr in den Schatten meiner Angst gestellt. Die Frau, die dich retten sollte, war nie Vanessa. Sie trug das Licht, das Zeichen von Sonne und Mond. Hüte dich vor denen, die es stehlen. Jakob hielt den Brief in den Händen. Sein Herz raste. Das Amulett.

 Er erinnerte sich an den Tag, als Vanessa es ihm gezeigt hatte. Zu perfekt, zu rechtzeitig. Am nächsten Morgen stellte er Gregor Vog zur Rede. Wie kam Vanessa an das Amulett? Gregor wich aus, schwitzte, stotterte. Ich ich weiß nicht, wovon sie reden. Ich glaube, du weißt es sehr genau. Unter Druck brach Gregor zusammen.

 Sie hat es von der Blinden gestohlen. Sie hat mich bezahlt, ihr Geschichten über Sanne zu erzählen. Jakob erstarrte. Alles fiel zusammen. Die Lügen, die Manipulation, der Tod seiner Großmutter. Wo ist sie? Fragte er heiser. Im Büro bei Derek Marshall. Derek Marshall, ein skrupelloser Investor, hatte schon lange versucht, Stein Enterprises zu übernehmen.

 Vanessa hatte sich mit ihm verbündet. Ihr Ziel war klar, Kontrolle. Am Abend fand ein großes Galadinner im höchsten Saal des Berliner Skyline Towers statt, die Unterzeichnung des Übernahmevertrags zwischen der Langner Group und Marshall Industries. Emilia als Direktorin der Langner Group hatte das Event organisiert.

 Ihr Auftreten elegant, ruhig, doch strahlend, ließ die Menge verstummen. Sie war das Gegenteil der gebrochenen Frau, die einst blind durch diese Stadt getastet war. Jakob war eingeladen aus Pflichtgefühl, nicht aus Stolz. Er trat ein, sah sie und sein Atem stockte. Kara Emilia, sie stand da, in einem safirblauen Kleid. Das Licht der Kronleuchter brach sich in ihren kastannenbraunen Augen.

 Vanessa an Jakobs Seite spürte, wie sein Blick sich veränderte. Ihre Hand klammerte sich an sein Handgelenk. “Denk dran, wer ich bin”, zischte sie. Doch in Jakobs Augen flackerte der Zweifel. Dann geschah es. Die Türen des Saales schwangen auf und ein Mann taumelte hinein. Blut an der Schläfe, die Kleidung zerrissen.

 Gregor fogt. Ein Raunen ging durch die Menge. Er wankte auf Jakob zu, hob die Hand und zeigte auf Vanessa. Sie lügt, keuchte er. Sie ist nicht Sanne. Sie hat das Amulett gestohlen von ihr. Vanessas Gesicht erleichte. Er er redet Unsinn, stammelte sie. Doch Jakob hatte sich bereits erhoben. Ist das wahr, Vanessa? Ihre Augen flackerten.

 Sekundenlang schien sie nach einer Antwort zu suchen, dann brach die Maske. “Ja!”, schrie sie. “Ja, verdammt, ich habe es genommen. Ich wollte dein Leben, deine Liebe, dein Vermögen.” Und Dorothea, sie stand mir im Weg. Der Saal brach in Chaos aus. Derek Marshall versuchte sie zu beruhigen, aber Vanessa stieß ihn fort. “Ich bin nicht Sanne”, spie sie, “aber ich war besser als sie.

 Ich habe dich dazu gebracht, mich zu lieben, Jakob. Jakob trat zurück, fassungslos. Nein, sagte er leise. Du hast mich geblendet, aber das Licht gehörte nie dir. Er wandte sich um und sah Emilia. Ihre Hand ruhte auf dem Amulett an ihrem Hals. In ihren Augen spiegelten sich Erinnerungen. Ein Junge am See, ein Versprechen unter Sternen.

 Jakob, flüsterte sie. Du warst es. Die Wahrheit war erwacht. Vanessa Flo Sicherheitsle riefen nach ihr, aber sie rannte hinaus in die Nacht, hinaus aus der Lüge, die sie selbst geschaffen hatte. Und zwischen den funkelnden Lichtern Berlins stand Jakob Stein still, das Herz offen, zum ersten Mal in Jahren.

 Die Frau, die er geliebt, verloren und verletzt hatte, stand vor ihm und er wusste, er hatte sie nie wirklich verloren. Der Himmel über Berlin hing schwer und dunkel, als der Sturm über die Stadt zog. Donner rollte über die Dächer, Blitze zerschnitten die Wolken, als wollte das Schicksal selbst die Wahrheit ausleuchten, die so lange verborgen geblieben war.

 Emilia stand am Rand des Bals ihr Herz raste. Die Stimmen der Menge verschwammen zu einem einzigen dumpfen Klang. Vanessa war verschwunden, der Reck Marshall mit ihr. Jakob hatte noch den Blick der Erkenntnis in den Augen, als alles im Chaos versank. Sie ist geflohen, rief jemand zum alten Lagerhaus am Hafen. Jakob wandte sich zu Emilia um. “Ich gehe”, sagte er fest.

“Ich komme mit.” “Nein, das ist zu gefährlich.” “Ich war schon mein halbes Leben in Dunkelheit. Jakob”, entgegnete sie ruhig. “Ich fürchte kein Licht mehr.” Er hielt ihren Blick stand und nickte. Gemeinsam fuhren sie durch die verregneten Straßen Berlins. Das Wasser spritzte über die Reifen, als sie in die alten Industriegebiete einbogen.

Zwischen rostigen Kränen und Lagerhallen brannten zwei Scheinwerfer und im grellen Licht stand Vanessa. Ihr Haar war zerzaust, ihr Blick wild. In der Hand hielt sie ein Messer. Neben ihr Derek Marshall, bleich, schwitzend, panisch. “Stehen bleiben!”, schrie Vanessa, als sie das Paar sah. “Keinen Schritt näher.

 Vanessa, bitte!” rief Jakob, die Hände gehoben. Es ist vorbei. Du hast verloren. Sie lachte heiser. Verloren? Ich habe alles getan für dich, Jakob. Ich war wer du wolltest, dass ich bin. Und sie, diese Blinde hat dir nichts gegeben, außer Mitleid. Emilia trat einen Schritt vor. Der Wind trug den Regen wie Nadelspitzen gegen ihr Gesicht, doch sie wich nicht zurück.

 Ich habe dir nie etwas genommen, Vanessa. Du hast dich selbst verloren. Halt den Mund, schrie Vanessa und ihre Hand zitterte. Das Messer blitzte im Licht. Dann geschah alles auf einmal. Derek versuchte sie festzuhalten. Vanessa stieß ihn zurück. Das Messer glitt aus ihrer Hand, fiel, doch in ihrer Raserei griff sie danach und stürzte nach vorn.

Jakob sprang dazwischen. Ein Schrei, ein Stoß und das Messer ritzte seine Hand. Blut tropfte auf den nassen Boden. “Lass es gut sein, Vanessa”, rief eine Stimme. Hinter ihnen tauchten Männer in dunklen Anzügen auf Richards Sicherheitsleute. “Runter mit der Waffe”, befahl einer. Vanessas Augen flackerten.

 Sekundenlang schwankte sie zwischen Flucht und Zusammenbruch. Dann sagte sie zusammen, das Messer klärte auf den Beton. Zwei Wachmänner packten sie und Dirk führten sie ab. Zurück blieb Stille und der Regen, der alles wusch. Emilia kniete neben Jakob, der seine verletzte Hand hielt. “Du bist verletzt, nur ein Schnitt.

” Er sah sie an, seine blauen Augen glänzten feucht. “Ich dachte, ich verliere dich wieder.” Sie lächelte schwach. Diesmal nicht. Hinter ihnen trat Richard Langner aus dem Schatten, den Mantel durchnäst, das Gesicht ernst, aber erleichtert. “Die Polizei übernimmt. Ihr seid jetzt sicher.” Dann sah er Jakob an. Mein Vertrauen musst du dir verdienen, Junge.

 Aber du hast Mut gezeigt und das zählt. Jakob nickte still, er fürchtig. Später, als der Sturm sich gelegt hatte, standen Emilia und Jakob auf der Brücke über der Spray. Die Stadt leuchtete, als wäre sie aus Silber gebaut. Sie trug ihr Amulett. Er öffnete die Hand, darin lag das zweite Sonne und Mond. “Ich habe es all die Jahre aufbewahrt”, sagte er leise. “Ich wusste nicht warum.

 Jetzt weiß ich es. Er nahm ihre Hand, legte das zweite Amulett hinein, zwei Hälften eines ganzen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Du hast mich gebrochen, Jakob. Du hast mir das Liebste genommen, dass ich hatte, aber du hast mir auch das zurückgegeben, was ich nie kannte. Wahrheit. Er senkte den Blick.

 Ich weiß und ich will mein Leben damit verbringen, das wiedergut zu machen. Sie schloss die Finger um seine Hand. Vielleicht musst du es nicht wieder gut machen. Vielleicht reicht es, wenn du bleibst. Er sah sie an und zwischen ihnen lag kein Schatten mehr, nur Licht. Ein Jahr später. Die Schlagzeilen lauteten Langner und Stein fusionieren.

Ein neues Kapitel in der Wirtschaftsgeschichte Deutschlands. Doch hinter der Fassade war es mehr als ein Geschäft. Es war Heilung. Emilia, jetzt offizielle Codirektorin der Langner Group, lebte mit Jakob in München. In der Villa, die einst ihr Vater für sie erbaut hatte, lachten sie oft über das, was sie durchlebt hatten.

 Der Garten war voller Licht und in der Mitte stand eine alte Bank unter einer Weide, ihr Lieblingsort. An diesem Abend saßen sie dort. Jakob zog etwas aus der Tasche, zwei zusammengefügte Anhänger, Sonne und Mond vereint. “Ich habe dir damals etwas versprochen”, flüsterte er. unter Sternen am See. Sie lächelte, Tränen glitzerten in ihren Augen.

 “Und diesmal wirst du dein Versprechen halten.” Er legte das Amulett um ihren Hals. Die Sonne und der Mond schimmerten gemeinsam im Abendlicht. “Ich liebe dich, Sanne, Kara.” Emilia, ganz gleich, welchen Namen du trägst. “Du bist mein Licht.” Sie lehnte sich an ihn. Der Himmel färbte sich Gold und du bist mein Zuhause.

 Über ihnen zogen die Wolken davon und die ersten Sterne erschienen. Zwei von ihnen leuchteten heller als alle anderen, Sonne und Mond, vereint. M.

 

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