Mit 79 gibt Benny Anderson endlich zu, was alle vermutet haben. Er ist der ruhige Visionär hinter einer der größten Pop Legenden der Welt. Aber doch hinter den schillernden Hits, den Goldplatten und dem strahlenden Rampenlicht brodelte es lange Zeit still. Jetzt mit 79 bricht Benny Anderson sein Schweigen.
Es gibt Dinge, die habe ich zu lange für mich behalten. Aber will die Welt wirklich hören, was hinter den Kulissen wirklich geschah? Viele denken bei Aber sofort an die unzertrennliche Einheit zwischen Benny Anderson und Björn Olveus. Doch auch die engsten Freundschaften können bröckeln. Björn und ich haben mehr als 15 Jahre gemeinsam geschrieben, geträumt, gestritten, sagt Benny.
Aber irgendwann habe ich gespürt, dass die Musik nicht mehr das einzige war, was zählte. Der Wendepunkt kam bei den Planungen für das Album The Visitors. Benny wollte einen bestimmten Klang, einen subtilen, fast avantardistischen Sound, der die Grenzen der Popmusik sprengen sollte. Björn hingegen bestand auf kommerziellen Hits, die sofort im Radio liefen.
“Es war ein Kampf um die Seele der Songs, erinnert sich Benny. Ich fühlte mich oft überstimmt, als ob meine Ideen weniger wert wären, nur weil sie nicht sofort verkauft werden konnten. Doch der Bruch war nicht nur künstlerisch. Backstage bei einem Konzert in Stockholm passierte etwas, das Benny bis heute nicht vergessen hat.

Björn hatte die Setlist ohne Absprache geändert, einen Song gestrichen, der Benny besonders am Herzen lag. Ich stand da, sah, wie die Band spielte und wusste, mein Song wurde ausgelöscht, sagt er. Und dann nur wenige Wochen später geschah etwas, das Benny sprachlos machte. Björn soll einem Produzenten heimlich eine Demo von Bennyys unveröffentlichten Melodien geschickt haben, ohne jegliche Rücksprache.
Ich hörte davon durch Zufall. Es war als würde jemand versuchen, mich im eigenen Haus zu überlisten. Ein weiterer noch brisanter Moment folgte während einer Studioaufnahme, als Björn angeblich Bennyys Arrangement für einen neuen Hit schlicht ignorierte und eigene Änderungen einspielte. Live vor der Band.
Benny stand daneben und beobachtete, wie seine Vision von jemand anderem umgesetzt wurde. In diesem Moment wurde mir klar, dass selbst Freundschaft im Rampenlicht zerbrechen kann, sagt er. Dieser Verrat hinterließ eine klaffende Wunde und während Benny noch über die Konsequenzen nachdachte, kündigte sich schon die nächste Herausforderung an, Agneta Felzkurg.
Benny hatte immer eine enge professionelle Beziehung zu Agneta, die Stimme von Aba. Doch hinter den Kulissen spitzten sich die Spannungen schnell zu. Sie war brillant, talentiert, aber manchmal eisig, erzählt Benny. Es gab Momente, in denen ich das Gefühl hatte, nicht mehr zu existieren, sondern nur ein Begleiter ihres Erfolges zu sein.
Ein besonders prägender Moment ereignete sich während einer Tournee in London. Benny hatte eine neue Melodie komponiert, die er Agneta vorstellen wollte. Doch als sie den ersten Akkord hörte, lehnte sie ab mit einem Lächeln, das nichts Gutes verhieß. Das wird die Leute nicht begeistern, Benny. Lass uns beim Bewerten bleiben.
Hinterher erfuhr Benny, dass sie die Idee sogar in einem Interview leise kritisiert hatte, um ihre Position als Stimme der Band zu stärken. “Da habe ich verstanden, Talent ist nicht immer das gleiche wie Loyalität”, sagt Benny. Doch es kam noch schlimmer. Bei einer TV Aufzeichnung in Berlin soll Agneta absichtlich die Kamera auf sich gerichtet haben, während Benny und Björn ein Duett spielten, die Regie versuchte hektisch die Aufnahmen zu retten.
“Das war kein Versehen”, sagt Benny. “Es war Kalkül und ich fühlte mich wie ein Statist in meinem eigenen Leben. Ein weiterer Schlag traf Benny bei einer Probe für eine große Jubiläumshow. Agneta soll angeblich einen Teil von Benny neuem Arrangement stillschweigend verändert haben, sodass seine Melodien plötzlich anders klangen und die Band dazu gebracht wurden, Bennyys Ideen zu überschreiben, ohne dass er es sofort merkte. Benny beschreibt den Moment so.
Ich stand da, hörte meine eigene Musik in einer fremden Version und fühlte mich wie ein Zuschauer in meinem eigenen Werk. Während Benny noch überlegte, wie er damit umgehen sollte, kündigte sich die nächste noch härtere Konfrontation an. Steve Anderson, der Manager. Stick Anderson, Abbas Manager, war ein Mann von großem Einfluss und noch größerem Ehrgeiz.
Benny bewunderte ihn zunächst für seine Fähigkeit, Hitz zu verkaufen, doch die Bewunderung schlug schnell in Frust. “Er sah zahlen, ich sah Musik”, sagt Benny. Und irgendwann war klar, dass seine Welt nicht meine war. Der Konflikt eskalierte während der Vertragsverhandlungen für eine neue Weltour. Stick wollte nicht nur die finanziellen Bedingungen bestimmen, sondern auch die kreative Kontrolle über jedes Arrangement.
Er wollte, dass jeder Song so klingt, wie er ihn für den Markt wollte, nicht wie wir ihn fühlten, erinnert sich Benny. Ein weiterer Schlag traf Benny, als er erfuhr, dass Di hinter seinem Rücken zusätzliche Werbeverträge für die Band abschloss, die Benny Name und kreative Ideen einbanden, ohne ihn zu fragen. Benny erinnert sich, ich fühlte mich wie eine Marionette.
Alles, wofür ich gearbeitet hatte, wurde plötzlich als Instrument für jemand anderes benutzt. Noch brisanter wurde es, als Benny erfuhr, dass SK angeblich geplant hatte, ein eigenes Projekt unter Bennyys Namen auf den Markt zu bringen, um die Einnahmen zu sichern, ohne dass Benny auch nur darüber informiert wurde. “Es war, als würde jemand versuchen, mein eigenes Erbe zu kernen”, sagt Benny.

“Ich fühlte mich betrogen, manipuliert und völlig machtlos.” Der Höhepunkt kam, als Dick angeblich heimlich den Vertrag einer Soloshow von Benny blockierte, um seine eigene Machtposition zu sichern. Ein enger Vertrauter erinnert sich, Benny wusste, dass Dick alles im Griff hatte, sogar die Leute, die er selbst als Freunde betrachtete.
Er war gefangen zwischen Vertrauen und Kontrolle. Während Benny noch die Schlinge spürte, die Sak um ihn gelegt hatte, kündigte sich der letzte Konflikt an. Anni Fried Lüngstadt. Kurz Frieder. Mit Frieder verband Benny immer eine besondere künstlerische Nähe. Doch nach Jahren des gemeinsamen Schaffens kam es zu einem Bruch, der ihn lange beschäftigt hat.
Frieder war meine Partnerin in Klang und Harmonie, aber manchmal führten unsere persönlichen Vorstellungen zu Spannungen, die keiner von uns eingestehen wollte. Der Konflikt kulminierte während der Aufnahmen für Super Trooper. Benny wollte einen experimentellen Ansatz. elektronische Elemente, die die Musik in neue Dimensionen hiefen sollten.
Frieda bestand auf klassischen Arrangements. Es war nicht nur ein Streit über Musik, sagt Benny. Es war ein Kampf um Vertrauen, um Kontrolle, um die Frage, wer definiert die Band? Und dann bei der entscheidenden Aufnahme soll Frieda Bennyys Änderungen schlichtweg ignoriert und die Produzenten angewiesen haben, die Melodien unverändert zu verwenden.
Benny stand daneben. Stumm. während seine Vision von einem anderen interpretiert wurde. Da habe ich verstanden, dass selbst die Ängsten Verbindungen plötzlich zu Enttäuschungen werden können. Ein weiterer besonders schmerzhafter Moment folgte bei einem wichtigen TV Auftritt. Frieda soll während der Live Performance absichtlich eine falsche Tonhöhe gewählt haben, die Bennyys harmonische Kompositionen verzerrte.
Das Publikum bemerkte es kaum. Benny jedoch spürte die bewusste Sabotage. Ich sah die Blicke der Musiker, hörte das Publikum klatschen und wusste, meine Musik wurde vor meinen Augen verändert, erinnert er sich bitter. Doch die Spannungen hörten nicht bei den Aufnahmen auf. Bei einer privaten Probe für eine geplante TV-Sendung soll Frieda angeblich heimlich Änderungen an Bennyys Partitur vorgenommen haben, sodass seine harmonischen Passagen plötzlich aus dem Takt gerieten.
Benny erinnert sich, ich saß am Klavier, hörte die falschen Harmonien und wusste, dass hier jemand bewusst meine Arbeit sabotierte. Es war als würde mir jemand Stück für Stück meine eigene Musik entreißen. Die Band, unsicher und überrascht folgte den neuen Anweisungen und Benny fühlte sich isoliert, ein stiller Beobachter inmitten seines eigenen Werks.
Während die Töne verklangen, blieb in ihm die stille Gewissheit, dass hinter jedem Glanz ein Schatten lauerte, den nur er kannte. M.