Der Fall Fabian (†8): Vom zufälligen Zeugen zur gejagten Verdächtigen – Wer wollte sie wirklich am Teich haben?

Der Fall Fabian (†8): Vom zufälligen Zeugen zur gejagten Verdächtigen – Wer wollte sie wirklich am Teich haben?

Ein trüber Morgen in Brandenburg. Nebel hängt über dem kleinen Ort, in dem der achtjährige Fabian zuletzt lebend gesehen wurde. Wochenlang verliefen die groß angelegten Suchaktionen der Polizei mit Hunden, Drohnen und Tauchern im Sand. Bis plötzlich eine Frau anrief: Sie behauptete, etwas Schreckliches entdeckt zu haben. Als die Ermittler am Teich eintrafen, lag Fabian leblos am Ufer.

Die Frau, die den Fund meldete, zitterte am ganzen Körper und gab an, nur zufällig vorbeigekommen zu sein. Doch was anfangs wie eine tragische Begegnung aussah, entwickelte sich rasch zu einer der rätselhaftesten Spuren in diesem Fall, denn viele Indizien weisen mittlerweile genau auf sie. Warum war sie überhaupt in der Nähe des Fundorts? Warum wich sie bei späteren Befragungen in Details ab? Und was führte dazu, dass aus einer Zeugin eine Schlüsselfigur in einem möglichen Wendepunkt der Ermittlungen wurde?

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Vom verschwundenen Jungen zur schockierenden Entdeckung

Fabian verschwand an einem gewöhnlichen Schultag, irgendwann zwischen dem Frühstück und dem frühen Nachmittag. Seine Mutter meldete ihn am Abend als vermisst, als er nicht nach Hause gekommen war. Innerhalb weniger Stunden begann die Polizei eine groß angelegte Suche. Über 120 Beamte, Suchhunde, Wärmebildkameras und Freiwillige durchkämmten Tag und Nacht Wälder, Felder und den Bereich rund um den kleinen Teich außerhalb des Dorfes.

Doch tagelang blieb jede Spur aus. Erst drei Wochen später, an einem Sonntagmorgen, kam der entscheidende Anruf: Eine Frau Mitte 40 sagte, sie habe beim Spazierengehen etwas Auffälliges am Ufer gesehen. Als die Beamten den Fundort erreichten, fanden sie Fabian tot, teilweise im Wasser, aber ohne erkennbare Spuren äußerer Gewalt.

Die Frau wurde sofort befragt. Sie schilderte ruhig, fast zu ruhig, wie sie den Körper entdeckt hatte. Ihr Name wurde in den Akten notiert als einfache Zeugin, eine zufällige Spaziergängerin. Doch die Ermittler merkten sich ihre Haltung: kein Zittern in der Stimme, keine Tränen, ein Blick, der eher beobachtend als schockiert wirkte.

 

Digitale Spuren werfen Fragen auf

Obwohl die Polizei zunächst an der Annahme eines tragischen Unglücks festhielt, änderte sich dies, als forensische Spezialisten begannen, das Handy der Frau zu überprüfen. Plötzlich tauchten Standortdaten auf, die Fragen aufwarfen: Warum befand sie sich Stunden vor der angeblichen Entdeckung schon in der Nähe des Teichs? Und weshalb hatte sie dies in ihrer Aussage nie erwähnt? Für die Ermittler war klar: Diese Frau war keine zufällige Spaziergängerin mehr, sie war jetzt eine Schlüsselfigur.

Sie war keine Unbekannte. Ihr Name tauchte in mehreren Vereinslisten und Nachbarschaftsgruppen auf, in denen auch Fabians Familie aktiv war. Sie wohnte nur wenige Straßen entfernt, war alleinstehend, geschieden, kinderlos. In den Monaten vor Fabians Verschwinden hatte sie auffällig oft Kontakt zu Kindern in der Nachbarschaft gesucht, besonders auf dem Spielplatz.

Auch Fabian kannte sie, zumindest flüchtig. Seine Mutter erzählte in einem Interview, dass Fabian sie einmal die „nette Frau mit dem kleinen Hund“ genannt hatte. Auf dem Handy des Jungen wurde ein Foto gefunden, das in den Tagen vor seinem Verschwinden aufgenommen wurde. Im Hintergrund, verschwommen, war eine weibliche Silhouette mit einem weißen Hund zu sehen. Dies genügte, um den Verdacht zu verstärken.

Der Wendepunkt kam, als die Ermittler eine Suchanfrage auf ihrem Handy fanden, die nur Tage vor Fabians Verschwinden gestellt wurde: „Wie lange überlebt ein Kind im kalten Wasser?“

Ermittlungen ergeben Verdacht: Fall Fabian: "Haftbefehl wurde vollstreckt"  - n-tv.de

Der Wechsel der Aussage und die öffentliche Jagd

Als die Ermittler die Suchanfrage fanden, änderte sich der Ton der gesamten Untersuchung. Die Frau wurde zu einem zweiten Gespräch gebeten. Sie erschien freiwillig, wirkte ruhig, fast gelassen. Doch als die Ermittler sie auf die Suchanfrage ansprachen, veränderte sich ihre Mimik. Sie erklärte, sie habe aus Neugier gegoogelt, nachdem sie von einem ähnlichen Fall gelesen habe. Doch als sie nach dem genauen Zeitpunkt gefragt wurde, stockte sie, widersprach sich und behauptete sogar, sich nicht erinnern zu können, jemals nach diesem Begriff gesucht zu haben.

Die Polizei ordnete eine Hausdurchsuchung an. In ihrer Wohnung fanden Beamte mehrere USB-Sticks, Notizbücher und Ausdrucke von Artikeln über vermisste Kinder. Auf einem der Sticks befanden sich Fotos vom Teich, aufgenommen Wochen vor Fabians Verschwinden und gelöscht kurz danach.

Die entscheidenden Beweise lieferte ihr Handy: Am Morgen des Verschwindens war sie dreimal in der Nähe des Fundorts eingeloggt – zwischen 9:40 Uhr und 11:00 Uhr. Laut ihrer ursprünglichen Aussage sei sie aber erst gegen 12:00 Uhr dort vorbeigekommen. Eine massive Diskrepanz. Ein Radfahrer bezeugte zudem, sie gegen 10:00 Uhr auf dem Weg zum Teich gesehen zu haben, in der Hand etwas, das wie Fabians Lieblingsplüschtier aussah.

Trotzdem warnte die Staatsanwaltschaft vor voreiligen Schlüssen. Die Frau bestritt weiterhin jede Beteiligung. Doch der Druck der Medien wuchs. Sie druckten ihr unscharfes Foto mit Titeln wie „Wer ist die Frau vom Teich?“ und „Die Zeugin, die zu viel wusste.“ Die Frau zog sich zurück, löschte ihre Profile.

 

Die neue Wende: Wollte ein anderer sie in eine Falle locken?

Als der Fall in Misstrauen und Stagnation zu versinken drohte, geschah das Unerwartete. Ein anonymer Brief ging bei der Polizei ein, in dem stand, ein Mann habe am Tag des Verschwindens einen blauen Kombi in der Nähe des Teichs gesehen. Eine Frau sei ausgestiegen, habe etwas im Gras abgestellt, dann sei das Auto weitergefahren. Das Kennzeichen, das im Brief stand, gehörte einem Dritten.

Der Fall wurde in der Fernsehsendung Aktenzeichen XY rekonstruiert. Daraufhin traf ein Anruf von einer älteren Frau ein, die eine ähnliche Person an einer Tankstelle gesehen hatte, zusammen mit einem Mann, der nervös wirkte. Videoaufnahmen der Tankstelle zeigten tatsächlich einen dunklen Kombi mit dem im anonymen Brief erwähnten Kennzeichen.

Die Überraschung war groß: Die Frau auf dem Video war nicht die Zeugin, sondern jemand, der ihr täuschend ähnlich sah – gleiche Haarfarbe, gleiche Statur, sogar ein ähnlicher Hund. Die Ermittler standen vor einem Rätsel: War es Zufall, oder hatte jemand absichtlich versucht, den Verdacht auf sie zu lenken?

Die Gesichtserkennung des Mannes ergab eine Übereinstimmung mit einem vorbestraften Tierarzt aus der Region, der wenige Kilometer von der Zeugin entfernt lebte und verschwunden war. In seinem Schuppen fand man Tierhaare, die zu einem kleinen Terrier gehörten. Hatte dieser Mann etwas mit dem Fall Fabian zu tun und versucht, die Zeugin gezielt in die Falle zu locken?

Mordfall Fabian: Polizei pumpt Tümpel leer, an dem seine Leiche lag |  Regional | BILD.de

Ein Ende ohne Auflösung

Trotz der neuen Spur konnte die Polizei den Tierarzt nicht finden. Die DNA-Analysen aus dem Schuppen ergaben keine eindeutige Verbindung zu Fabian.

Obwohl die Ermittlungen gegen die Zeugin offiziell eingestellt wurden, da kein Täter identifiziert werden konnte, bleibt die Wahrheit unklar. Die Frau lebt heute an einem anderen Ort unter neuem Namen, aber das Misstrauen bleibt.

In einem Interview sagte sie leise: „Vielleicht war ich zur falschen Zeit am falschen Ort, aber manchmal habe ich das Gefühl, jemand wollte, dass ich dort bin.“ Es war ein Satz, der hängen blieb, denn in ihm lag die Ahnung, dass das Netz aus Zufällen, Verdächtigungen und Schweigen noch längst nicht zerrissen war.

Der Fall Fabian ist noch immer ungelöst. Für viele Beobachter wurde er zu einem Symbol dafür, wie schnell wir urteilen, wie tief Vorurteile greifen und wie dünn die Grenze zwischen Zeugin und Verdächtiger ist.

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